Der Graf von Monte Christo 2
vorgestellt mit einem Wechsel von vierzigtausend Franken, zahlbar bei Sicht auf Sie, unterzeichnet von Busoni und von Ihnen mit Ihrem Giro an mich über-wiesen, Sie verstehen, daß ich ihm sofort seine vierzig Banknoten ausgezahlt habe.«
Monte Christo machte ein Zeichen mit dem Kopf, das seine volle Zustimmung andeutete.
»Aber das ist nicht alles«, fuhr Danglars fort; »er hat seinem Sohn einen Kredit bei mir eröff net.«
»Ohne Indiskretion, wieviel gibt er dem jungen Mann?«
»Fünftausend Franken monatlich.«
»Sechzigtausend Franken jährlich. Das habe ich mir gedacht«, sagte Monte Christo, die Schultern zuckend; »die richtigen Filze, diese Cavalcantis. Was soll ein junger Mann mit fünftausend Franken monatlich machen?«
»Aber Sie begreifen, daß, wenn der junge Mann einige tausend Franken mehr brauchte …«
»Geben Sie sie ihm nicht, der Vater würde sie Ihnen nicht ersetzen; sie kennen die italienischen Millionäre nicht: Es sind wahre Geizhälse. Und durch wen ist ihm dieser Kredit eröff net worden?«
»Oh, durch das Haus Fenzi, eines der besten von Florenz.«
»Ich will nicht sagen, daß Sie verlieren werden; aber halten Sie sich in den Grenzen des Briefes.«
»Sie hätten also kein Vertrauen zu diesen Cavalcantis?«
»Ich – ich würde ihm zehn Millionen gegen seine Unterschrift geben. Dieses Vermögen gehört zu denen zweiten Ranges.«
»Und wie einfach er dabei ist! Ich hätte ihn für nichts weiter als einen Major gehalten.«
»Und Sie hätten ihm Ehre angetan; denn Sie haben recht, er imponiert nicht durch sein Äußeres. Als ich ihn zum erstenmal sah, machte er auf mich den Eindruck eines unter den Epauletten alt gewordenen Leutnants. Aber so sind die Italiener alle, sie sehen aus wie alte Juden, wenn sie nicht blenden wie Magier des Orients.«
»Der junge Mann macht einen besseren Eindruck«, sagte Danglars.
»Ja, er ist vielleicht etwas schüchtern; aber im ganzen schien er mir recht nett. Ich war besorgt.«
»Warum das?«
»Weil er bei jenem Diner zum erstenmal in Gesellschaft ging, wie man wenigstens sagt. Er ist mit einem sehr strengen Lehrer gereist und war noch nie in Paris.«
»Alle diese Italiener pfl egen ja wohl untereinander zu heiraten, nicht wahr?« fragte Danglars nachlässig. »Sie bringen gern ihre Vermögen zusammen.«
»In der Regel tun sie das; aber Cavalcanti ist ein Original und macht nichts so wie die andern. Man wird mich nicht von dem Gedanken abbringen, daß er seinen Sohn nach Frankreich schickt, damit dieser sich hier eine Frau suche.«
»Sie glauben?«
»Ich bin davon überzeugt.«
»Sie haben auch von seinem Vermögen sprechen hören?«
»Es ist nur davon die Rede; nur geben ihm die einen Millionen, die andern behaupten, daß er nichts besitze.«
»Und was ist Ihre Meinung?«
»Die ist nicht maßgebend, da sie ganz persönlich ist.«
»Aber was denken Sie?«
»Meine Meinung ist, daß alle diese alten Podestas, alle diese alten Condottieri – denn diese Cavalcantis haben Armeen komman-diert und Provinzen regiert –, ich sage, meine Meinung ist, daß sie Millionen in Winkeln vergraben haben, die die Familienhäupter allein kennen und in deren Geheimnisse sie ihre Nachfolger von einer Generation zur andern einweihen, und der Beweis ist, daß sie alle gelb und trocken sind wie ihre Florins aus der Zeit der Republik.«
»Sehr gut«, sagte Danglars, »und das ist um so wahrscheinlicher, da man nicht weiß, ob diese ganze Sippe einen Zollbreit Landes besitzt oder nicht.«
»Von Cavalcanti weiß ich nur, daß er ein Palais in Lucca besitzt.«
»Ah, er hat ein Palais!« sagte Danglars lachend. »Das ist schon etwas.«
»Ja, und er vermietet es noch an den Finanzminister, während er selbst in einem kleinen Häuschen wohnt. Oh, wie ich Ihnen schon gesagt habe, ich halte den guten Mann für geizig.«
»Nun, nun, Sie schmeicheln ihm nicht.«
»Hören Sie, ich kenne ihn kaum, habe ihn, glaube ich, dreimal im Leben gesehen. Was ich von ihm weiß, weiß ich vom Abbé Busoni und Cavalcanti selbst; er hat heute morgen mit mir von seinen Plänen in bezug auf seinen Sohn gesprochen und durchblicken lassen, daß er es müde ist, bedeutende Kapitalien in Italien schlafen zu lassen, und einen Weg fi nden möchte, seine Millionen in Frankreich oder England fruchtbringend arbeiten zu lassen. Aber beachten Sie wohl: wenn ich auch das größte Vertrauen zu dem Abbé Busoni persönlich habe, so bürge ich meinerseits für nichts.«
»Einerlei, ich danke
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