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Der Graf von Monte Christo 2

Der Graf von Monte Christo 2

Titel: Der Graf von Monte Christo 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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sehen Sie, ich bedarf meines ganzen Verstandes, um in mir nicht eine Schuldige und in Ihnen nicht einen drohenden Richter zu sehen.«
    Villefort schüttelte den Kopf und seufzte.
    »Und ich«, sagte er, »ich sage mir, daß mein Platz nicht auf dem Richterstuhl ist, sondern auf der Bank der Angeklagten.«
    »Ihr Platz?« fragte Frau Danglars erstaunt.
    »Ja, mein Platz.«
    »Ich glaube, daß Sie zu streng gegen sich sind«, entgegnete Frau Danglars, deren schönes Auge ein fl üchtiger Glanz erhellte. »Diese Furchen, von denen Sie eben sprachen, sind von allen feurigen jungen Leuten gezogen worden. Auf die Leidenschaften folgen immer ein wenig Gewissensbisse; darum gibt das Evangelium, diese ewige Quelle für die Unglücklichen, uns armen Frauen als Trost das wundervolle Gleichnis von der Sünderin und der Ehebrecherin. Es ist wahr, ich habe meinen ersten Gatten, Herrn von Nargonne, aus Liebe zu Ihnen hintergangen, während er längere Zeit abwesend war, aber ich gestehe Ihnen, daß ich manchmal denke, daß der liebe Gott mir diese Verirrungen meiner Jugend vergeben wird, denn sie haben in meinem Leben, wenn keine Entschuldigung, so doch eine Sühne gefunden. Aber Sie, was haben Sie Männer zu fürchten, Sie, die alle Welt entschuldigt und die der Skandal interessant macht?«
    »Sie kennen mich«, erwiderte Villefort, »ich bin kein Heuchler, oder wenigstens heuchle ich nicht ohne Grund. Wenn meine Stirn ernst und streng ist, so kommt das daher, weil sehr viel Unglück sie verfi nstert hat; wenn mein Herz sich versteinert hat, so geschah das, um die Stöße, die es bekommen hat, zu ertragen. Ich war nicht so an jenem Verlobungsabend in Marseille. Aber seitdem hat sich alles in mir und um mich geändert; mein Leben hat sich aufgerieben in Verfolgung von Schwierigkeiten und in dem Bemühen, diejenigen, die freiwillig oder unfreiwillig, aus eignem Antrieb oder durch Zufall, sich mir dabei in den Weg stellten, zu vernichten. Es ist selten, daß das, was man heftig wünscht, einem nicht heftig verweigert wird von denen, von welchen man es verlangen will. Die meisten schlechten Handlungen der Männer sind ihnen entgegengekommen unter der Maske der Notwendigkeit, und ist dann die schlechte Handlung in einem Augenblick der Erregung begangen worden, so sieht man, daß man sie hätte vermeiden können. Das Mittel, das man in seiner Verblendung vorher nicht gesehen hat, tritt auf einmal klar vor die Augen; man sagt sich: Weshalb habe ich nicht dies getan statt dessen? Die Frauen dagegen werden selten von Gewissensbissen gequält, denn sehr selten kommt die Entscheidung von ihnen; ihr Unglück wird ihnen fast immer aufgedrängt, ihre Vergehen sind fast immer das Verbrechen der andern.«
    »Jedenfalls geben Sie zu«, antwortete Frau Danglars, »daß, wenn ich persönlich ein Vergehen begangen habe, dieses Vergehen gestern abend seine strenge Strafe empfangen hat.«
    »Arme Frau!« sagte Villefort, ihr die Hand drückend. »Sie war zu hart für Ihre Kräfte, denn zweimal waren Sie nahe daran zu unter-liegen, und dennoch …«
    »Nun?«
    »Und dennoch muß ich Ihnen sagen … nehmen Sie Ihren ganzen Mut zusammen, denn Sie sind noch nicht zu Ende.«
    »Mein Gott!« rief Frau Danglars erschrocken, »was gibt es denn noch?«
    »Sie sehen nur die Vergangenheit, und die ist trübe genug. Nun wohl, stellen Sie sich eine noch trübere Zukunft vor … eine entsetzliche … vielleicht blutige Zukunft!«
    Die Baronin kannte die Ruhe Villeforts und war so erschrocken über seine Erregung, daß sie nahe daran war aufzuschreien, aber sie konnte keinen Laut hervorbringen.
    »Wie ist diese schreckliche Vergangenheit wieder aufgelebt?« rief Villefort. »Wie ist sie aus der Tiefe des Grabes und unsrer Herzen, wo sie schlief, einem Gespenst gleich auferstanden, um die Blässe auf unsre Wangen, die Röte auf unsre Stirn zu treiben?«
    »Oh«, sagte Hermine, »jedenfalls durch Zufall.«
    »Durch Zufall!« entgegnete Villefort. »Nein, nein, es gibt in dieser Hinsicht keinen Zufall.«
    »Doch; ist es nicht Zufall, daß der Graf von Monte Christo das Haus gekauft hat? Nicht Zufall, daß er den Platz hat aufgraben lassen? Nicht Zufall, daß das unglückliche Kind unter den Bäumen gefunden worden ist? Mein armes unglückliches Kind, dem ich nie einen Kuß habe geben können, dem ich zahllose Tränen nachge-weint habe! Oh, mein ganzes Herz ist dem Grafen entgegengefl ogen, als er von diesem teuren Körper gesprochen hat, der unter Blumen gefunden worden

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