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Der Graf von Monte Christo 2

Der Graf von Monte Christo 2

Titel: Der Graf von Monte Christo 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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ein Freund.
    Selim hatte ihn ebenfalls erkannt. Aber er kannte nur das eine: gehorchen.
    ›In wessen Namen kommst du?‹ fragte er.
    ›Ich komme im Namen unsres Herrn, Ali Tebelin‹, sagte der Bote.
    ›Ich bringe dir seinen Ring.‹
    Dabei erhob er seine Hand über den Kopf. Aber es war zu dunkel, als daß Selim aus dieser Entfernung den Gegenstand, den er in der Hand hielt, erkennen konnte.
    ›Ich sehe nicht, was du mir zeigst‹, sagte Selim.
    ›Komm zu mir‹, sagte der Bote, ›oder ich will zu dir kommen.‹
    ›Weder das eine noch das andre‹, erwiderte Selim. ›Lege den Gegenstand, den du in der Hand hältst, auf die Stelle, wo du jetzt stehst, und ziehe dich zurück.‹
    ›Gut‹, sagte der Bote. Er legte den Gegenstand hin und zog sich zurück.
    Selim ging, immer mit der brennenden Lunte in der Hand, an den Eingang, beugte sich nieder und hob den Gegenstand auf.
    ›Der Ring des Herrn‹, sagte er, indem er ihn küßte, ›es ist gut.‹
    Er warf die Lunte zu Boden, trat mit den Füßen darauf und löschte sie aus.
    Der Bote, der von der Treppe aus zugesehen hatte, stieß einen Freudenruf aus und klatschte in die Hände. Auf dieses Zeichen eilten vier Soldaten des Seraskiers Kurschid herbei, und Selim fi el, von fünf Dolchstößen durchbohrt.
    Dann stürzten sich die Soldaten auf die Goldbeutel.
    Unterdessen hatte meine Mutter mich in die Arme genommen und lief mit mir durch Gänge, die nur sie kannte, und eine Geheimtreppe hinauf bis an eine Tür. Die unteren Säle des Hauses waren von unsern Feinden, den Soldaten Kurschids, erfüllt, die einen fürchterlichen Lärm machten.
    In dem Augenblick, als meine Mutter die Tür öff nen wollte, hörten wir die schreckliche Stimme des Paschas.
    Meine Mutter blickte durch den Spalt der Tür. Eine kleine Öff -
    nung befand sich zufällig vor mir, und ich sah ebenfalls hindurch.
    ›Was wollt ihr?‹ sagte mein Vater zu einigen Männern, von denen einer ein mit goldnen Buchstaben bedecktes Papier in der Hand hielt.
    ›Wir wollen dir den Willen Seiner Majestät mitteilen‹, sagte dieser. ›Siehst du diesen Firman?‹
    ›Ich sehe ihn‹, sagte mein Vater.
    ›Nun gut, lies, er verlangt deinen Kopf.‹
    Mein Vater stieß ein fürchterliches Lachen aus. Er schoß seine Pistolen ab und tötete zwei Mann.
    Die Palikaren, die um meinen Vater herum mit dem Gesicht auf dem Boden lagen, erhoben sich und gaben Feuer. Das Zimmer füll-te sich mit Lärm, Feuer und Rauch.
    In demselben Augenblick begann das Feuer von der andern Seite, und die Kugeln durchschlugen die Bretter der Tür.
    ›Selim‹, rief mein Vater, ›tu deine Pfl icht!‹
    ›Selim ist tot‹, erwiderte eine Stimme, die aus der Tiefe des Hauses zu kommen schien, ›und du, Ali, bist verloren.‹
    In demselben Augenblick ertönte ein dumpfer Knall, und Stücke des Fußbodens fl ogen umher.
    Die Soldaten Kurschids schossen durch den Boden. Einige Palikaren fi elen.
    Mein Vater schrie auf und riß eine ganze Diele los.
    Aber durch diese Öff nung fl ogen zwanzig Kugeln ins Zimmer, und die Flamme, die wie aus einem Krater hervorschoß, ergriff die Teppiche.
    Zwei Schüsse trafen meinen Vater tödlich. Er blieb aufrecht stehen, an ein Fenster geklammert. Meine Mutter rüttelte an der Tür, um mit ihm zu sterben, aber die Tür war verschlossen.
    Um meinen Vater herum wanden sich die Palikaren im Todeskampf. Plötzlich gab der ganze Boden nach. Mein Vater fi el auf ein Knie. Im selben Augenblick streckten sich zwanzig Arme aus, mit Säbeln, Pistolen, Dolchen bewaff net, zwanzig Stöße trafen seinen Körper, und mein Vater verschwand in einem Feuerwirbel, als ob die Hölle sich unter seinen Füßen geöff net hätte.
    Ich fühlte, wie meine Mutter mich zur Erde gleiten ließ; sie war ohnmächtig zusammengesunken. Ich sah und hörte eine Weile nichts mehr.
    Als ich wieder zu mir kam, befand ich mich mit meiner Mutter vor dem Seraskier.
    ›Töte mich‹, sagte sie, ›aber schone die Ehre der Witwe Alis.‹
    ›Nicht an mich hast du dich zu wenden, sondern an deinen neuen Herrn‹, sagte Kurschid.
    ›Wer ist es?‹
    ›Dieser hier.‹
    Und Kurschid zeigte auf einen der Männer, der am meisten die Schuld am Tode meines Vaters trug.«
    »Sie wurden also das Eigentum dieses Mannes?« unterbrach Albert die Erzählung.
    »Nein«, sagte Haidee, »er wagte es nicht, uns zu behalten. Er verkaufte uns an Sklavenhändler, die nach Konstantinopel reisten. Wir durchquerten Griechenland und kamen halb tot an dem

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