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Der Graf von Monte Christo

Der Graf von Monte Christo

Titel: Der Graf von Monte Christo Kostenlos Bücher Online Lesen
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wahrnehmen, wodurch sich bei ihm eine innere Bewegung kundgab. Ah! der Herr hat ein edles Herz, desto besser, sagte er.
    Dieser mehr dem eigenen Gedanken, als dem, was Albert gesagt hatte, entsprechende Ausruf überraschte alle, besonders Morel, der Monte Christo ganz erstaunt anschaute. Aber der Ton war zu gleicher Zeit so sanft und weich, daß man sich, so seltsam auch der Ausruf erscheinen mußte, unmöglich darüber ärgern konnte.
    Warum sollte er daran zweifeln? sagte Beauchamp leise zu Chateau-Renaud.
    In der Tat, versetzte Chateau-Renaud ebenso, der mit seiner Welterfahrenheit und der Schärfe seines aristokratischen Blickes alles bei Monte Christo durchdrungen hatte, was bei ihm zu durchdringen war, in der Tat, Albert hat uns nicht getäuscht; dieser Graf ist eine seltsame Person. Was sagen Sie dazu, Morel?
    Meiner Treu, sagte Morel, er hat ein offenes Auge und eine sympathische Stimme, und er gefällt mir, trotz der sonderbaren Bemerkung, die er soeben über mich gemacht hat.
    Meine Herren, sagte Albert, Germain meldet mir, daß aufgetragen ist. Mein lieber Graf, erlauben Sie mir, Ihnen den Weg zu zeigen.
    Man ging schweigend in den Speisesaal.
    Meine Herren, sagte der Graf, nachdem er sich gesetzt hatte, erlauben Sie mir ein Geständnis, das zur Entschuldigung für jede Unschicklichkeit dienen soll, die ich begehen dürfte; ich bin fremd, und zwar dergestalt fremd, daß ich zum erstenmal nach Paris komme. Das französische Leben ist mir folglich unbekannt, und ich habe bis jetzt nur ein orientalisches Leben geführt, das den guten Pariser Traditionen am allerwenigsten entspricht. Ich bitte Sie also, mich zu entschuldigen, wenn Sie an mir etwas zu Türkisches, zu Neopolitanisches oder zu Arabisches finden. So, nun lassen Sie uns aber frühstücken, meine Herren!
    Wie er das alles sagt! murmelte Beauchamp; es ist entschieden ein vornehmer Herr.
    Ein vornehmer Herr aus fremden Lande, flüsterte Debray.
    Ein vornehmer Herr in allen Ländern, sagte Chateau-Renaud.
    Der Graf war, wie man sich erinnern wird, ein mäßiger Esser. Albert befürchtete, das Pariser Leben könnte dem Gast schon von Anfang an durch seine materiellste, aber zugleich notwendigste Seite mißfallen, und sagte daher zu ihm: Mein lieber Graf, ich fürchte, die Küche der Rue du Helder wird Ihnen nicht so sehr munden, als die der Piazza di Spagna. Ich hätte Ihren Geschmack zu Rate ziehen und Ihnen einige Gerichte nach Ihrer Phantasie bereiten lassen sollen.
    Wenn Sie mich näher kennten, antwortete der Graf lächelnd, so würden Sie sich deswegen nicht die geringste Sorge bei einem Reisenden machen, der abwechselnd von Maccaroni in Neapel, von Polenta in Mailand, von Olla potrida in Valencia, von Pilau in Konstantinopel, von Carick in Indien und von Schwalbennestern in China gelebt hat. Es gibt keine Küche für einen Kosmopoliten wie ich bin. Ich esse von allem und überall, nur esse ich wenig, und heute, wo Sie mir meine Nüchternheit zum Vorwurf machen, habe ich gerade Appetit, denn seit gestern morgen ist nichts über meine Lippen gekommen.
    Wie, seit gestern morgen? riefen die Gäste; Sie haben seit vierundzwanzig Stunden nichts mehr gegessen?
    Nein, erwiderte Monte Christo, ich war genötigt, von der Straße abzugehen und in der Gegend von Nimes Erkundigungen einzuziehen; dadurch verspätete ich mich etwas, und dann wollte ich nicht mehr anhalten. Und Sie speisten in Ihrem Wagen? fragte Morcerf.
    Nein, ich schlief, wie mir dies begegnet, wenn ich mich langweile, ohne den Mut zu haben, mich zu zerstreuen, oder wenn mich hungert, ohne daß ich Lust habe zu essen.
    Sie können also dem Schlaf befehlen?
    So ungefähr.
    Besitzen Sie ein Rezept hierzu?
    Ein untrügliches.
    Das wäre gut für uns Afrikaner, die wir nicht immer zu essen und selten zu trinken haben, bemerkte Morel.
    Ja, erwiderte Monte Christo, doch so vortrefflich mein Rezept für einen Menschen ist wie ich, der ein ausnahmsweises Leben führt, so gefährlich wäre es für eine ganze Armee, die nicht mehr erwachen würde, wenn man ihrer bedürfte.
    Darf man wissen, worin dieses Rezept besteht? fragte Debray.
    Oh! mein Gott, ja, ich mache kein Geheimnis daraus. Es ist eine Mischung von vortrefflichem Opium, das ich selbst in Canton geholt habe, um es rein zu besitzen, und vom besten Haschisch, den man im Orient, das heißt zwischen dem Tigris und Euphrat, findet. Man mengt diese beiden Ingredienzien zu gleichen Teilen und macht daraus eine Art von Pillen, die man im Augenblick

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