Der Graf von Monte Christo
schrecklichere Weise, als sie in einem Glase Wein nicht im geringsten den Geschmack verändern. Doch ich schweige, gnädige Frau, denn es sieht bald so aus, als wollte ich Ihnen raten.
Es hatte halb sieben Uhr geschlagen; man meldete eine Freundin der Frau von Villefort, die mit ihr zu Mittag speisen sollte.
Wenn ich die Ehre hätte, Sie zum dritten oder vierten Male, statt zum zweiten Male zu sehen, Herr Graf, sagte Frau von Villefort, wenn ich die Ehre hätte, mich Ihre Freundin nennen zu dürfen, statt nur einfach das Glück zu haben, Ihnen verbunden zu sein, so würde ich darauf bestehen, Sie beim Mittagsessen zu behalten, und ließe mich nicht durch eine Weigerung abweisen.
Tausend Dank, gnädige Frau, erwiderte Monte Christo, ich habe selbst eine Verbindlichkeit, der ich mich nicht entziehen kann. Ich versprach einer mir befreundeten griechischen Fürstin, die noch nie die große Oper gesehen hat und in dieser Hinsicht auf mich zählt, sie ins Theater zu führen.
Gehen Sie, Herr Graf, aber vergessen Sie mein Rezept nicht!
Wie, gnädige Frau, dazu müßte ich die Stunde vergessen, die ich mit Ihnen im Gespräche zugebracht habe, und das ist völlig unmöglich. Der Graf von Monte Christo verbeugte sich und verließ den Salon.
Frau von Villefort blieb in Träume versunken.
Wahrlich, ein seltsamer Mann! sagte sie, er sieht mir ganz aus, als hieße er mit seinem wirklichen Namen Adelmonte.
Was Monte Christo betrifft, so hatte der Erfolg seine Erwartungen übertroffen.
Das ist ein guter Boden, sagte er im Weggehen zu sich selbst, ich bin überzeugt, daß das Korn, das man daraus fallen läßt, nicht unfruchtbar bleibt.
Und am andern Tage schickte er seinem Versprechen getreu das verlangte Elixier.
Robert der Teufel.
Der Vorwand des Opernbesuchs war um so näherliegend, als am Abend eine Feierlichkeit in der Akademie royale de Musique stattfinden sollte.
Morcerf hatte, wie die meisten reichen jungen Leute, seinen Orchestersperrsitz und konnte außerdem in zehn Logen von Personen seiner Bekanntschaft einen Platz haben. Chateau-Renaud hatte seinen Sperrsitz zunächst bei ihm. Beauchamp hatte als Journalist seinen Platz überall.
Lucien Debray war an diesem Tage die Loge des Ministers zur Verfügung gestellt, und er hatte sie dem Grafen von Morcerf angeboten, der auf Mercedes' Ablehnung zu Danglars schickte und ihm sagen ließ, er würde wahrscheinlich am Abend der Baronin und ihrer Tochter einen Besuch machen, wenn die Damen die Loge, die er ihnen antrage, annehmen wollten. Die Damen hüteten sich wohl, die Einladung auszuschlagen. Niemand ist so lüstern nach Logen, die nichts kosten, als ein Millionär. Was Danglars betrifft, so erklärte dieser, seine politischen Grundsätze und seine Eigenschaft als oppositioneller Abgeordneter erlaubten ihm nicht, in die Loge des Ministers zu gehen. Die Baronin schrieb sogleich Lucien, er möge sie abholen, da sie nicht allein mit Eugenie in die Oper fahren könnte.
In der Tat, wären die beiden Frauen allein gekommen, so hätte man das sicherlich sehr anstößig gefunden. Wenn aber Fräulein Danglars mit ihrer Mutter und deren Liebhaber erschien, so war dagegen nichts einzuwenden; man muß die Welt nehmen, wie sie ist.
Ah! ah! sagte Chateau-Renaud, dort sind Personen Ihrer Bekanntschaft, Vicomte. Was zum Teufel schauen Sie denn rechts! Man sieht Sie.
Albert wandte sich um, und seine Augen begegneten wirklich denen der Baronin Danglars, die ihn leicht mit dem Fächer begrüßte. Was Fräulein Eugenie betrifft, so senkten sich ihre großen, schwarzen Augen kaum bis zum Orchester.
In der Tat, mein Lieber, fuhr Chateau-Renaud fort, ich begreife nicht, was Sie, abgesehen von der Mesalliance, gegen Fräulein Danglars einzuwenden haben; es ist wirklich eine sehr hübsche Person.
Allerdings sehr hübsch, erwiderte Albert; doch ich muß Ihnen gestehen, daß ich in Beziehung auf Schönheit etwas Milderes, Zarteres, Weiblicheres vorziehen würde.
So sind die jungen Leute, versetzte Chateau-Renaud, der sich als ein Mann von dreißig Jahren Morcerf gegenüber ein väterliches Ansehen gab; Sie sind nie zufrieden. Wie, mein Lieber, man findet für Sie eine Braut, die nach dem Muster Dianas geschaffen scheint, und Sie fühlen sich dadurch nicht befriedigt!
Das ist es gerade, ich hätte mir lieber etwas in der Art der Venus von Milo gewünscht. Stets mitten unter ihren Nymphen, erschreckt mich diese Diana ein wenig; ich fürchte, sie könnte mich als Actäon behandeln.
In
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