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Der Graf von Monte Christo

Der Graf von Monte Christo

Titel: Der Graf von Monte Christo Kostenlos Bücher Online Lesen
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lächelnd. Er hielt Dantes' Versunkenheit für eine auf den höchsten Grad gesteigerte Bewunderung.
    Ich denke vor allem an die ungeheure Summe von Verstand, die Sie aufwenden mußten, um zu einem solchen Ziele zu gelangen. Was hätten Sie erst getan, wenn Sie frei gewesen wären!
    Vielleicht nichts, diese Überfülle meines Gehirns wäre in Kleinlichkeiten verpufft. Es bedarf des Unglücks, um gewisse geheimnisvolle, im menschlichen Verstande verborgene Minen zu graben; es bedarf des Druckes, um das Pulver zum Ausbruch zu bringen. Die Gefangenschaft hat alle meine dahin und dorthin flatternden Geisteskräfte in einem einzigen Punkte vereinigt.
    Der Abbé verschloß sein Versteck wieder und sagte: Nun erzählen Sie mir Ihre Geschichte!
    Dantes erzählte das, was er seine Geschichte nannte, was sich jedoch auf eine Reise nach Indien und auf ein paarReisen nach der Levante beschränkte. Endlich gelangte er zu seiner letzten Fahrt, zu dem Tode des Kapitäns Leclère, zu dem von ihm dem Großmarschall übergebenen Paket, zu seiner Zusammenkunft mit dem Großmarschall, zu dem Briefe, den ihm dieser gegeben hatte, zu seiner Ankunft in Marseille, zu seiner Zusammenkunft mit seinem Vater, zu seiner Liebschaft mit Mercedes, zu seinem Verlobungsmahle, zu seiner Verhaftung, zu seinem Verhör, zu seiner vorläufigen Gefangenschaft im Justizpalaste und schließlich zu seiner endgültigen Gefangenschaft im Kastell If. Sobald Dantes diesen Punkt erreicht hatte, wußte er nichts mehr genau anzugeben, nicht einmal mehr die Zeit, die er Gefangener geblieben. Als die Erzählung zu Ende war, versank der Abbé in Gedanken.
    Es gibt, sagte er nach einem Augenblick des Stillschweigens, einen bewährten und wohlbegründeten Rechtsgrundsatz: Willst du den Schuldigen entdecken, so suche zuerst den, dem das begangene Verbrechen nützlich sein kann! Wem konnte Ihr Verbrechen Nutzen bringen?
    Mein Gott! Niemand, ich war zu unbedeutend.
    Antworten Sie nicht so, denn Ihre Antwort ermangelt zugleich der Logik und der Philosophie; alles ist beziehungsweise, mein lieber Freund, von dem König, der seinem Nachfolger im Wege steht, bis zu dem untersten Beamten, der dem Anwärter als ein Hindernis erscheint. Stirbt dieser Beamte, so erbt der Anwärter zwölfhundert Franken Gehalt; diese zwölfhundert Franken Gehalt sind seine Zivilliste; sie sind ihm zum Leben ebenso notwendig, wie einem König seine zwölf Millionen. Jeder Mensch, von der niedrigsten bis zur höchsten Stufe der gesellschaftlichen Leiter, gruppiert um sich her eine kleine Welt von Interessen, die ihre Wirbel und ihre hakenförmigen Atome hat, wie Descartes' Welten. Nur werden diese Welten, in je höhere Schichten wir steigen, um so umfangreicher. Es ist eine auf der Spitze stehende Pyramide, die sich durch das Spiel der Kräfte im Gleichgewicht erhält. Kehren wir jedoch zu Ihrer Welt zurück!Sie sollten zum Kapitän des »Pharao« ernannt werden und ein hübsches junges Mädchen heiraten? Hatte jemand ein Interesse daran, daß Sie nicht Kapitän wurden, daß Sie Mercedes nicht heirateten?
    Nein; ich war an Bord sehr beliebt. Hätten die Matrosen einen Kapitän wählen können, so würden sie sicherlich mich gewählt haben. Ein einziger Mensch hatte Grund, mir zu grollen; ich geriet einige Zeit vorher mit ihm in Streit und schlug ihm ein Duell vor, das er nicht annahm. Es war Danglars, der Rechnungsführer auf dem Pharao.
    Hätten Sie ihn als Kapitän auf seinem Posten erhalten?
    Nein, wenn es von mir abgehangen hätte, denn ich glaubte, Ungenauigkeiten in seinen Rechnungen wahrzunehmen.
    Gut. Konnte jemand Ihre letzte Unterredung mit dem Kapitän Leclère hören?
    Ja, die Türen waren offen und sogar ... warten Sie ... ja, Danglars ging sogar gerade in dem Augenblick vorüber, wo mir der Kapitän Leclère das für den Großmarschall bestimmte Paket übergab.
    Gut, sagte der Abbé, wir sind auf dem Wege. Haben Sie jemand mit ans Land genommen, als Sie an der Insel Elba anhielten? – Niemand. – Man hat Ihnen einen Brief übergeben? – Ja, der Großmarschall. – Was taten Sie mit dem Briefe, als Sie den Pharao wieder bestiegen? – Ich hielt ihn in der Hand. – Es konnte also jeder, auch Danglars, sehen, daß Sie einen Brief trugen? – Ja, jeder. – Nun hören Sie wohl, drängen Sie alle Ihre Erinnerungen zusammen: Wissen Sie noch, in welchen Ausdrücken die Denunziation abgefaßt war? – Oh ja; ich habe sie dreimal gelesen, und jedes Wort ist mir im Gedächtnis geblieben. –

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