Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine
ein Haar ertrunken, weil der Seegang so heftig war.«
»Warten Sie einen Augenblick«, sagte Réal, »das ist alles weitaus wichtiger, als ich dachte, mein Lieber; versprechen kann ich nichts, aber dennoch... Fahren Sie fort. Zu wie vielen waren Sie?«
»Bei der ersten Landung waren wir neun.«
»Wie viele weitere Landungen sind erfolgt?«
»Drei.«
»Und wer hat Sie an Land empfangen?«
»Der Sohn eines Mannes, der das Gewerbe des Uhrmachers ausübt; er hat uns zu einem Bauernhof geführt, dessen Namen ich nicht weiß. Dort sind wir für drei Tage geblieben, und dann haben wir uns von Hof zu Hof bis nach Paris geschlichen. Und in Paris haben uns Freunde von Georges in Empfang genommen.«
»Wissen Sie deren Namen?«, fragte Réal.
»Ich kenne nur zwei von ihnen: den ehemaligen Adjutanten Sol de Grisolles und einen gewissen Charles d’Hozier.«
»Hatten Sie die beiden früher schon einmal gesehen?«
»Ja, in London, ein Jahr zuvor.«
»Und was ist dann geschehen?«
»Die beiden Herren haben Georges in ein Kabriolett steigen lassen, wir anderen haben die Stadt zu Fuß an verschiedenen Schlagbäumen betreten. In zwei Monaten habe ich Georges nur dreimal an verschiedenen Orten gesehen, und jedes Mal hat er mich rufen lassen.«
»Und wo haben Sie ihn zum letzten Mal getroffen?«
»Bei einem Weinhändler, dessen Laden an der Ecke der Rue du Bac und der Rue de Varenne liegt. Ich hatte keine dreißig Schritte auf der Straße getan, als ich verhaftet wurde.«
»Haben Sie danach von ihm gehört?«
»Ja, er hat mir durch Fauconnier, den Kerkermeister des Temple, hundert Francs übergeben lassen.«
»Glauben Sie, dass er sich noch immer in Paris aufhält?«
»Ich bin mir sicher. Er wartete auf weitere Landungen; ohnehin sollte nichts geschehen, bevor sich nicht ein Prinz aus dem Hause Frankreich in Paris befand.«
»Ein Prinz aus dem Hause Frankreich!«, rief Réal. »Haben Sie je den Namen dieses Prinzen zu hören bekommen?«
»Nein, Monsieur.«
»Gut«, sagte Réal und erhob sich.
»Monsieur«, rief der Gefangene und ergriff Réals Hand, »ich habe Ihnen alles gesagt, was ich weiß, obwohl ich in den Augen meiner Kameraden nun ein Verräter, ein Feigling, ein Nichtswürdiger bin.«
»Beruhigen Sie sich«, sagte der Oberrichter, »Sie werden nicht sterben – wenigstens vorerst nicht. Ich werde versuchen, den Ersten Konsul milde zu stimmen, doch Sie dürfen kein Wort von dem, was Sie mir erzählt haben, weitersagen, niemandem, sonst wären mir die Hände gebunden. Nehmen Sie dieses Geld, und lassen Sie sich alles besorgen, was Sie benötigen, um wieder zu Kräften zu kommen. Morgen werde ich wahrscheinlich wiederkommen.«
»Oh, Monsieur!«, rief Querelle und warf sich vor Réal auf die Knie. »Sind Sie sich dessen gewiss, dass ich nicht sterben werde?«
»Ich kann es Ihnen nicht versprechen, aber wahren Sie Schweigen und geben Sie die Hoffnung nicht auf.«
Allerdings war die Anweisung des Ersten Konsuls, keinen Aufschub zu gewähren, so unmissverständlich gewesen, dass Réal dem Gouverneur des Abbaye-Gefängnisses nicht mehr zu sagen wagte als: »Verständigen Sie sich mit dem zuständigen Adjutanten darüber, dass vor zehn Uhr vormittags nichts geschehen wird.«
Es war sechs Uhr morgens; Réal kannte Bonapartes Anweisung, ihn nur für schlechte Nachrichten zu wecken und niemals für gute.
Réal erwog die Nachricht, die er zu überbringen hatte, entschied, dass sie eher schlecht sei als gut, und beschloss, Bonapartes Nachtruhe zu beenden. Er begab sich sofort zum Tuilerienpalast und ließ Constant wecken. Constant wiederum weckte den Mamelucken, der vor Bonapartes Zimmertür schlief, seit dieser ein eigenes Schlafzimmer hatte.
Der Mamelucke Rustan weckte den Ersten Konsul. Bourrienne war in letzter Zeit bei seinem ehemaligen Kameraden von der Militärakademie in Ungnade geraten und verfügte nicht mehr über die einstigen Privilegien. Bonaparte ließ den Mamelucken zweimal wiederholen, dass der
Oberrichter warte, und sagte dann, als er sicher war, dass Rustan keinen Unsinn geredet hatte: »Lass Licht bringen und lass ihn eintreten.«
Ein Kandelaber am Ende des Kaminsimses warf den Schein seiner Kerzen auf das Bett des Ersten Konsuls.
»Réal, sind Sie es?«, fragte Bonaparte, als der Oberrichter eintrat. »Die Sache ist also ernster, als wir erwartet haben?«
»So ernst wie nur möglich, General.«
»Wie! Was soll das heißen?«
»Dass ich sehr sonderbare Dinge erfahren habe.«
»Erzählen
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