Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine
seiner einstigen Freundin, der schönen Aurélie de Saint-Amour, versteckt, wo er sich in mehr oder weniger größerer Sicherheit befand als an jedem anderen Ort, doch diese letzte Zuflucht unseres Alkibiades widersprach der Sittenstrenge Pichegrus. Deshalb nahm er die Gastfreundschaft eines ehemaligen Dienstboten an oder, wie andere behaupten, eines ehemaligen Aide de Camp – doch wir hoffen, es war ein Dienstbote -, verließ die Rue des Colonnes und zog in die Rue Chabanais um.
Bei Aurélie hatte er zwei Tage lang gewohnt; dies ist der einzige Zeitraum, in dem Fouché ihn aus den Augen verloren hatte.
In dem neuen Unterschlupf blieb Pichegru zwei Wochen lang, ohne dass man ihn belästigt hätte. Seit zwölf Tagen hatte Fouché seine Fährte wiedergefunden und ließ ihn nicht mehr aus den Augen.
Am Vorabend des Tages, an dem Moreau verhaftet werden soll, will ein gewisser Leblanc General Murat persönlich sprechen und lässt sich nicht abweisen.
Wie wir uns erinnern, war Murat, Bonapartes Schwager, der ihn beim
18. Brumaire so trefflich unterstützt hatte, an Junots Stelle zum Gouverneur von Paris ernannt worden.
Unter der Last seiner Verpflichtungen weigert Murat sich zunächst, den Bittsteller vorzulassen, doch als Pichegrus Name fällt, öffnen sich dem Petitionär alle Türen.
»Herr Gouverneur«, sagte ein Mann um die fünfzig, »ich biete Ihnen an, Ihnen Pichegru auszuliefern.«
»Ihn auszuliefern oder ihn zu verkaufen?«
Der Mann stand für einen Augenblick gesenkten Kopfs und stumm da.
»Ihn zu verkaufen«, murmelte er dann.
»Für wie viel?«
»Hunderttausend Francs.«
»Ho, ho, lieber Freund, das ist viel Geld!«
»General«, sagte der Mann und erhob den Kopf, »wenn man ein Schurkenstück wie dieses begeht, soll es sich wenigstens auszahlen.«
»Werde ich bis heute Abend seine Adresse wissen und ihn verhaften können, wann ich will?«
»Sobald das Geld bezahlt ist, werden Sie tun können, was Sie wollen, sogar meine Seele dem Teufel verkaufen, sollte Ihnen der Sinn danach stehen.«
»Man wird Ihnen den Betrag auszahlen«, sagte Murat. »Wo hält Pichegru sich auf?«
»Bei mir, in der Rue Chabanais, Nummer fünf.«
»Geben Sie mir eine schriftliche Beschreibung seines Zimmers.«
»Im vierten Stock, ein Zimmer samt Kammer, zwei Fenster zur Straße, eine Tür zum Treppenabsatz und eine Tür zur Küche. Ich werde Ihnen den Schlüssel zur Küchentür aushändigen, ich habe einen Zweitschlüssel anfertigen lassen, und meine Bedienstete wird Ihren Männern den Weg weisen. Lassen Sie sich aber gesagt sein, dass Pichegru immer mit einem Paar doppelter Pistolen und mit einem Dolch unter dem Kopfkissen schläft.«
Murat las die Erklärung und legte sie dem Verräter vor: »Jetzt«, sagte er, »müssen Sie unterzeichnen.«
Der Mann ergriff die Feder und unterzeichnete mit »Leblanc«.
»Ich könnte Ihnen Ihrer hunderttausend Francs wegen die Hölle heißmachen«, sagte Murat. »Sie kennen sehr wohl das Gesetz gegen Hehler; wie kommt es, dass Sie zwei Wochen lang gewartet haben, bevor Sie Pichegru denunzierten?«
»Ich hatte nicht gewusst, dass er gesucht wurde. Er hatte sich als Emigrant vorgestellt, der gekommen war, um seine Exilierung ungeschehen zu machen. Gestern erst hatte ich begriffen, dass er aus einem anderen Grund nach Paris gekommen war, und ich wollte der Regierung behilflich sein, indem ich seine Verhaftung beförderte, und außerdem«, wiederholte der Verräter mit niedergeschlagenem Blick, »sagte ich bereits, dass ich nicht wohlhabend bin.«
»Sie werden es sein«, sagte Murat, der die Geldscheine und Münzen zu ihm schob. »Möge das Geld Ihnen Glück bringen, was ich allerdings bezweifle.«
Keine Stunde war seit dieser Unterredung vergangen, als Murat Fouché angekündigt wurde. Murat genoss Bonapartes Vertrauen und wusste, dass Fouché der wahre Polizeipräfekt war.
»Mein General«, sagte Fouché, »Sie haben soeben hunderttausend Francs ohne Not verpulvert.«
»Und wie das?«, fragte Murat.
»Indem Sie diesen Geldbetrag einem Halunken namens Leblanc gaben, der Ihnen eröffnet hat, Pichegru befinde sich bei ihm.«
»Meiner Treu, das schien mir nicht zu viel für ein solches Geheimnis.«
»Es war aber zu viel, denn ich wusste davon und hätte ihn bei erstbester Gelegenheit festnehmen lassen.«
»Und wussten Sie, wie sein Zimmer aussieht, so dass Sie keinen Fehler gemacht hätten?«
Fouché zuckte die Schultern. »Im vierten Stock, zwei Fenster auf die Straße,
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