Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine
gemeinsamen Freund, den Abbé David, dass Pichegru und Moreau, die verfeindet gewesen waren, sich zuletzt versöhnt hatten. Moreau hatte ich im vergangenen Sommer mehrmals gesehen; er hat mir den Wunsch bezeigt, sich mit Pichegru zu unterhalten. Um dies zu bewerkstelligen, bin ich nach London abgereist; dort habe ich Pichegru gesprochen und ihm Moreaus Wunsch mitgeteilt. Pichegru hat mir versichert, er hege den gleichen Wunsch und wolle eine solche Annäherung wahrnehmen, um England zu verlassen.
Kaum waren zwei Wochen vergangen, als sich die Gelegenheit bot, und wir ließen sie nicht ungenutzt verstreichen. Pichegru wohnte damals in der Rue de l’Arcade; die Verabredung sollte auf dem Boulevard de la Madeleine stattfinden, an der Ecke zur Rue Basse-du-Rempart. Moreau kam im Fiaker von zu Hause, aus der Rue d’Anjou-Saint-Honoré.
An der Madeleine stieg er aus, und ich blieb im Wagen, der im Schritt weiterfuhr. Die zwei Generäle begegneten sich an der vereinbarten Stelle. Sie gingen etwa eine Viertelstunde lang miteinander. Ich weiß nicht, was bei dieser ersten Unterredung besprochen wurde. Die zwei
weiteren Unterredungen fanden in Moreaus Haus in der Rue d’Anjou-Saint-Honoré statt. Diesmal erwartete ich Pichegru in der Rue de Chaillot, denn wir hatten ihn eine neue Wohnung nehmen lassen. Bei seiner Rückkehr zeigte er sich äußerst unzufrieden mit Moreau, und als ich ihn fragte, was der Grund seiner Unzufriedenheit sei, sagte er: »Wissen Sie, was Moreau uns angeboten hat, dieser selbstlose Mensch mit dem Herzen eines Spartaners? Er hat von uns verlangt, dass wir ihn zum Diktator machen. Die Diktatur würde er sich gnädig antragen lassen! Offenbar ist dieser... so ehrgeizig, dass er die Regentschaft übernehmen will. Nun, da wünsche ich ihm viel Erfolg; Doch meiner Meinung nach könnte er Frankreich keine drei Monate lang regieren.«
»Meinen Sie, man sollte Moreau verhaften?«, fragte Bonaparte.
»Ich wüsste nicht, was dagegenspräche«, sagte Fouché. »So wie wir ihn kennen, wird er in drei Monaten nicht weiter sein, als er heute ist. Und Pichegru sollte man in diesem Fall gleich mitverhaften, damit beide Namen gleichzeitig ausgesprochen und an den Hauswänden von Paris angeschlagen werden.«
»Wissen Sie, wo Pichegru sich gegenwärtig aufhält?«
»Ich habe ihm seine Wohnung besorgt, bei einem ehemaligen Kammerdiener namens Leblanc, der früher in seinen Diensten war. Er kommt mich teuer zu stehen, aber ich weiß über alles, was er tut, Bescheid.«
»Sie kümmern sich also um die Verhaftung Pichegrus?«
»Selbstverständlich. Sie können Réal beauftragen, Moreau festzunehmen, das wird nicht weiter schwierig sein, und dieser Vertrauensbeweis wird den guten Staatsrat entzücken. Er soll mir sagen, wann Moreau in das Temple-Gefängnis eingeliefert werden wird, dann kann er Pichegru dort eine halbe Stunde später entgegennehmen.«
»Sie wissen«, sagte Bonaparte, »dass ich am Sonntag eine Parade abnehme. Réal hat mir geraten, sie abzusagen.«
»Im Gegenteil, nehmen Sie sie ab«, sagte Fouché. »Ihre Parade wird die allerbeste Wirkung haben.«
»Das ist sonderbar«, sagte Bonaparte, der Fouché ansah, »ich hielt Sie nicht für mutig, doch Sie geben mir immer wieder Ratschläge, die von größtem Mut künden.«
»Ich gebe sie nur«, sagte Fouché mit seinem gewohnten Zynismus, »ich muss sie nicht befolgen.«
Der Befehl, die zwei Generäle zu verhaften, wurde gleichzeitig, am selben
Tisch und mit derselben Feder unterzeichnet. Savary überbrachte Réal die Ordre für die Festnahme Moreaus, Fouché nahm die für Pichegru mit.
Moncey, einer von Moreaus besten Freunden, wurde in seiner Eigenschaft als kommandierender Gendarmeriegeneral angewiesen, diesen zu verhaften.
Dem Oberrichter wurde die Ordre zusammen mit einer Notiz Bonapartes überbracht, die lautete: »Monsieur Régnier, bevor Sie General Moreau in das Temple-Gefängnis bringen lassen, finden Sie heraus, ob er mir etwas zu sagen hat. In diesem Fall bringen Sie ihn in Ihrem Wagen zu mir. Möglicherweise können wir alles untereinander regeln.«
Keine derartige Empfehlung wurde Fouché für Pichegru mitgegeben. Und doch war Pichegru ein alter Bekannter Bonapartes, denn in der Militärschule zu Brienne war er sein Repetitor gewesen.
Bonaparte erinnerte sich nicht gerne an seine Schulzeit: Zu oft war er des bescheidenen Adelsstandes seiner Familie und seiner spärlichen Mittel wegen gehänselt worden.
35
Die Verhaftungen
Der
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