Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine
Vergnügen der Musik nicht vorenthalten.
Die Schwestern kamen an Deck, nahmen Platz auf der Poop und sahen, wie sich drei Barken mit Musikern näherten; jede der Barken enthielt eine eigene kleine Kapelle aus drei Flöten, zwei Zimbeln und einer Art Trommel. Der Ton der Flöten ähnelte dem unserer Oboen. Die Musikanten befanden sich in einem kleinen Pavillon am Bug der Barke, während die Ruderer jeweils zu zweit weiter hinten saßen. Das Heck mit dem Flaggenmast war mit dem religiösen Schmuck tibetischer Kuhschwänze verziert.
Die Musik war nicht kunstvoll, doch um nichts weniger bezaubernd. René bat die Musiker, einige Stücke zu wiederholen, damit er die Melodie festhalten konnte.
Jede der Barken wurde mit zwölf Talks entlohnt (ein Talk entspricht in etwa drei Francs und fünfzig Centimes).
René hatte es sich vom ersten Tag an angelegen sein lassen, die Reise zum Besitztum des Vicomte de Sainte-Hermine in die Wege zu leiten. Das
einzige Transportmittel waren Pferde und Elefanten; und der Shabundar hatte ihm erklärt, dass er eine Eskorte von mindestens zehn Mann benötigen werde.
Da sich jedoch jedermann auf einen großen Feiertag vorbereitete, war kaum damit zu rechnen, dass ein Landesbewohner sich vor diesem wichtigen Ereignis freiwillig aus Pegu entfernen würde. Der Shabundar hatte René aber versprochen, ihm für die Tigerjagd abgerichtete Pferde oder Elefanten zu leihen, sobald die Feierlichkeiten, die aus einer Prozession zu der großen Pagode bestanden, beendet waren; er würde die Reittiere so lange behalten können, wie er sie benötigte; Pferde und Pferdeführer kosteten zwanzig Talks und Elefanten und Elefantenführer dreißig.
Nachdem René dem Shabundar versichert hatte, nur von ihm Pferde oder Elefanten zu mieten, bot dieser ihm den Fensterplatz in einem Haus an, das an der Treppe zwischen der Hauptstraße und der großen Pagode lag.
Als René in Begleitung der zwei Schwestern kam, um die Prozession zu verfolgen, stellte er voller Erstaunen fest, dass der Shabundar Sorge getragen hatte, den Raum mit Teppichen und Stühlen auszustatten.
Zahlreiche Männer und Frauen nahmen an der Feier teil, und zwischen Sonnenaufgang und zehn Uhr vormittags stiegen an die dreißigtausend Menschen die Treppe hinauf; jeder brachte eine Opfergabe mit, die seiner Frömmigkeit und seinem Portemonnaie entsprach. Die einen trugen einen Baum, dessen Äste sich unter dem Gewicht der Geschenke für die Priester bogen: Betel, Konfitüren und Süßigkeiten. Andere schleppten Krokodile und Riesengestalten aus Pappe mit, von zierlichen Pyramiden überragt, die mit allen möglichen Geschenken bedeckt waren. Elefanten aus Pappkarton, bemaltem Papier und Wachs vervollständigten die Gaben für die Pagode, die hauptsächlich aus Feuerwerkskörpern, Sternen und Früchten bestanden. Alle Ortsansässigen hatten ihre Sonntagstracht angelegt, meistenteils aus Seidenstoffen gefertigt, die denen unserer Manufakturen nicht nur gleichwertig, sondern oft genug überlegen sind. Die birmanischen Frauen, frei wie Europäerinnen, verschleiern ihr Gesicht nicht. Bedauerlicherweise müssen wir gestehen, dass sie dieses Privileg dem Umstand ihrer völligen Missachtung durch die Männer verdanken; die Männer in Birma halten Frauen für niedrigere Wesen, eine Art Zwischending, nicht Mensch, nicht Tier. Vor Gericht hat die Aussage einer Frau keinerlei Beweiskraft, und die Frauen müssen ihre Aussage von der Tür aus machen, denn den Gerichtssaal dürfen sie nicht betreten.
Die Birmanen verkaufen ihre Frauen an Fremde; in diesem Fall aber sind die Frauen, die nur ihrem Ehemann gehorchen, keineswegs entehrt, denn sie entschuldigt zum einen die Pflicht zum Gehorsam und zum anderen die Erfordernis, ihre Familie zu unterstützen.
In Rangun und Pegu gibt es Kurtisanen, und wir scheuen uns nicht, dieses Thema anzusprechen, da es uns angelegen ist, die Sitte anzuprangern, die verlangt, dass diejenigen, die in diesen Häusern dienen, in ausreichender Menge zur Verfügung stehen. Nicht aus Faulheit oder Verdorbenheit gehen die jungen Mädchen dem schändlichen Gewerbe nach, das sie auch in den zivilisiertesten Städten mit Schimpf und Schande bedecken muss. Das Gesetz, das in Birma für Schuldner gilt, ist das gleiche wie im Rom der Zwölftafelgesetze: Jeder Gläubiger ist Herr über seinen Schuldner oder über die Familie seines Schuldners, sofern dieser seine Schuld nicht zu begleichen vermag; er kann ihn als Sklaven verkaufen, und wenn Ehefrau
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