Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine
kauten und spuckten, war das Gespräch diesmal interessanter. René erhielt zufriedenstellendere Auskunft über den Stand der Dinge auf dem Besitztum seiner schönen Mitreisenden. Er erfuhr, dass man allein mit dem Anbau von Betelnusspalmen, deren Produkt man in das übrige Indien verkaufen konnte, mindestens fünfzigtausend Francs erlösen konnte, ganz davon abgesehen, dass sich der gleiche Betrag mit dem Anbau von Reis und Zuckerrohr erwirtschaften ließ. Das Landgut lag etwa fünfzig englische Meilen von Pegu entfernt; um es zu erreichen,
musste man allerdings Wälder durchqueren, in denen es von Tigern und Panthern wimmelte, und zudem wurde gemunkelt, Banditen aus Siam und Sumatra hätten ihre Schlupfwinkel in diesen Wäldern und machten den Aufenthalt dort noch gefährlicher als die wilden Tiere.
Die zwei Besucher waren sehr ähnlich gekleidet: der eine in Violett, der andere in Blau; beide trugen ein langes Gewand, das an allen Rändern und Säumen mit Goldfäden bestickt war.
René überreichte dem Sekretär des Königs einen goldbestickten Teppich und dem Ohr Seiner Majestät ein schönes Paar Pistolen aus einer Versailler Waffenschmiede.
Während des ganzen Besuchs hatten die beiden Regierungsbeamten sich nicht aus der Hocke erhoben; der Sekretär, der Englisch sprach, diente seinem Begleiter als Dolmetscher.
Seit der Ankunft unserer Reisenden in Pegu war so viel von Betel die Rede, dass es an der Zeit sein dürfte, Näheres über diese Pflanze zu berichten, in welche die Inder noch vernarrter sind als die Europäer in den Tabak.
Die Betelnusspalme ist eine Schlingpflanze, die sich dem Efeu vergleichen lässt; ihre Blätter sehen aus wie die des Zitronenbaums, wenngleich sie spitzer und länglicher sind; die Betelnuss ähnelt der Frucht des Wegerichs, und sie wird den Blättern vorgezogen. Die Pflanze wird wie die Weinrebe angebaut und wie diese an Stützpfählen gezogen. Bisweilen verbindet man sie mit der Arekapalme und gewinnt so bezaubernde Lauben; die Betelpflanze wird in ganz Südostindien angebaut, hauptsächlich in den Küstenregionen.
Die Inder kauen Betelblätter zu jeder Tagesstunde und sogar nachts; da die Blätter jedoch bitter schmecken, wenn sie ohne Beigabe zerstampft werden, fügen die Connaisseure ihnen etwas Arekanuss und Kalk hinzu, die in das Blatt eingewickelt werden. Wohlhabende versetzen ihren Betel sogar mit Kampfer aus Borneo, mit Aloe, Moschus und grauem Ambra.
Der solchermaßen präparierte Betel ist von so köstlichem Geschmack und von so lieblichem Duft, dass die Inder ganz versessen darauf sind. Jeder, der es sich leisten kann, labt sich daran. Manche kauen auch Arekanuss mit Zimt und Nelken, doch diese Mischung reicht geschmacklich nicht an die heran, die aus Arekanuss und etwas Kalk im Betelblatt besteht. Nach dem ersten Kauen spucken die Inder eine rote Flüssigkeit, die ihre Farbe der Arekanuss verdankt. Durch den ständigen Betelgebrauch ist ihr Atem süß und so wohlriechend, dass er fast den Raum parfümiert,
in dem sie sich aufhalten, doch das ständige Betelkauen verdirbt ihre Zähne, schwärzt sie und bewirkt Karies und Zahnausfall. Es gibt Inder, die mit fünfundzwanzig Jahren keinen einzigen Zahn mehr im Mund haben, weil sie so übermäßig dem Betel zusprechen.
Wenn man sich voneinander verabschiedet, schenkt man einander Betel in einem seidenen Beutel, und wer nicht von jenen, mit denen er für gewöhnlich verkehrt, Betel zum Geschenk erhalten hat, der hat sich noch nicht gebührend verabschiedet. Niemand würde es wagen, das Wort an eine Person von Rang zu richten, ohne sich den Mund mit Betel parfümiert zu haben. Es gilt sogar als unhöflich, ohne diese Vorsichtsmaßnahme mit seinesgleichen zu sprechen. Auch die Frauen sind große Betelkauerinnen, und sie nennen den Betel Liebespflanze. Man genießt Betel nach den Mahlzeiten, und man kaut Betel, während man Besuche macht. Man hat immer Betel zur Hand, man bietet Betel an, wenn man einander begrüßt – kurzum, der Betel spielt zu jeder Tages- oder Nachtzeit eine herausragende Rolle im Leben der indischen Völker.
Kaum hatten die zwei Betelkauer sich verabschiedet, kam das Gerücht auf, die Slup gehöre einem reichen Amerikaner, der Pistolen, Teppiche und doppelläufige Gewehre verschenke, und schon bald waren die Klänge einheimischer Musik zu vernehmen.
René ließ seine beiden Reisegefährtinnen rufen; er hatte ihnen die Langeweile der Ansprachen erspart, doch nun wollte er ihnen das
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