Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine
Koffer hinten am Wagen festschnallte, näherte sich ein Husarenoffizier dem Postmeister, der auf der Schwelle stand und mit unerschütterlicher Gleichmut dem Postillion bei der Arbeit zusah, und fragte ihn das Gleiche wie kurze Zeit zuvor der Reisende.
»Kannst du mir Pferde und einen Wagen leihen?«
»Pferde habe ich, einen Wagen nicht«, erwiderte der Postmeister mit unbewegter Miene.
»Und warum hast du keinen Wagen?«
»Weil ich den letzten soeben an Monsieur verkauft habe, der gerade anschirren lässt.«
»Das Gesetz schreibt vor, dass du immer einen Wagen in Bereitschaft halten musst.«
»Das Gesetz!«, sagte der Postmeister. »Was verstehen Sie darunter? Für uns gibt es schon lange keine Gesetze mehr«, und bei den letzten Worten schnipste er mit den Fingern wie jemand, der das Fehlen solcher moralischer Schranken der Gesellschaft nicht unbedingt bedauerte.
Der Offizier ließ sich einen Fluch entschlüpfen, der seine Enttäuschung lebhaft kundtat.
Der Reisende sah ihn an; er sah einen schönen jungen Mann von achtundzwanzig bis dreißig Jahren vor sich, einen Mann mit strengem Gesichtsausdruck und hellblauen Augen, die sowohl auf Reizbarkeit als auch auf Hartnäckigkeit hindeuteten, und als der Offizier aufstampfte und leise fluchte: »Potz Bomben und Granaten! Morgen Abend muss ich um fünf Uhr in Neapel sein, aber soll ich diese sechzig Meilen in gestrecktem Galopp zurücklegen?«, näherte sich ihm der junge Mann und sagte mit der Höflichkeit, an der sich die Mitglieder der vornehmen Welt untereinander erkennen: »Ich reise ebenfalls nach Neapel.«
»Ja, aber Sie reisen im Wagen«, sagte der Offizier mit bitterem Humor.
»Ebendeshalb bin ich in der Lage, Ihnen einen Platz in meinem Wagen anzubieten.«
»Verzeihung, Monsieur«, sagte der Offizier, der höflich salutierte und einen anderen Ton anschlug, »ich habe nicht die Ehre, Sie zu kennen.«
»Aber ich kenne Sie; Sie tragen die Uniform eines Hauptmanns des dritten Husarenregiments General Lasalles, anders gesagt eines der tapfersten Regimenter der ganzen Armee.«
»Das ist kein Grund, so unverschämt zu sein, Ihr Angebot anzunehmen.«
»Ich weiß, was Sie zurückhält, Monsieur, und ich kann Sie beruhigen: Wir werden uns die Reisekosten teilen.«
»Dann«, sagte der Husarenhauptmann, »müssen wir uns nur noch über den Wagen verständigen.«
»Ich will Ihnen nicht zu nahe treten, Monsieur, und es käme mir sehr
gelegen, Sie zum Reisegefährten zu haben; in Neapel wird keiner von uns beiden diesen alten Karren benötigen, und wir können ihn dort verkaufen oder zu Feuerholz machen, wenn wir ihn nicht verkauft bekommen; wenn wir ihn aber verkaufen können, bekomme ich vierhundert Francs, da ich achthundert Francs für ihn bezahlt habe, und den Rest können Sie haben.«
»Diesen Vorschlag nehme ich an, aber unter der Bedingung, dass ich Ihnen sogleich vierhundert Francs bezahle, so dass der Wagen uns beiden zu gleichen Teilen gehört und wir einen Verlust gerecht teilen können.«
»Ich suche keine Scherereien mit Ihnen, Monsieur, und nehme Ihren Vorschlag bereitwillig an, obwohl ich finde, dass dies eine Menge Förmlichkeiten zwischen Landsleuten ist.«
Der Offizier wandte sich an den Postmeister. »Ich kaufe diesem Herrn die Hälfte deines Wagens ab«, sagte er, »hier hast du vierhundert Francs.«
Der Postmeister blieb mit verschränkten Armen stehen. »Monsieur hat mich schon bezahlt«, sagte er, »Ihr Geld steht ihm zu und nicht mir.«
»Kannst du das nicht ein wenig höflicher sagen, du Spitzbube?«
»Ich sage es, wie ich es sage, fangen Sie damit an, was Sie wollen.«
Der Offizier machte eine Handbewegung, als wollte er seinen Säbel ziehen, doch er begnügte sich damit, die Hand in den Gürtel zu haken, und drehte sich zu seinem Reisegefährten um.
»Monsieur«, sagte er mit umso bemerkenswerterer Höflichkeit, als sein Ton dem Postmeister gegenüber unfreundlich gewesen war, »darf ich Sie bitten, die vierhundert Francs anzunehmen, die ich Ihnen schulde?«
Der erste Reisende verneigte sich und klappte den eisernen Verschluss eines kleinen ledernen Koffers auf, den er an einem Gurt trug, der sich über seiner Brust mit dem Gurt kreuzte, an dem sein Stutzen befestigt war.
Der Offizier ließ die Geldstücke, die er in der Hand hielt, in den Koffer fallen.
»Monsieur«, sagte er, »wir können aufbrechen, sobald es Ihnen beliebt.«
»Wollen Sie Ihren Koffer nicht hinten am Wagen festmachen lassen?«
»Nein, danke, ich
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