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Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine

Titel: Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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werde ihn als Rückenstütze benutzen; er wird meine Rippen vor dem Geholper dieses alten Gerippes schützen, und außerdem habe ich darin ein Paar Pistolen, die ich nicht ungern in der Nähe behalte. Zu Pferd, Postillion, zu Pferd!«
    »Die Herren wollen keine Eskorte mieten?«, fragte der Postmeister.
    »Ha! Hältst du uns für Nonnen, die in ihr Kloster zurückfahren?«

    »Ganz, wie Sie wünschen; es steht Ihnen frei.«
    »Das ist der Unterschied zwischen uns und dir, du alter bigotter Teufel!« Und dem Postillion rief er zu: » Avanti, avanti! «
    Der Postillion fuhr im Galopp an.
    »Über die Via Appia, nicht durch die Porta San Giovanni di Laterano«, rief der Reisende, der als Erster an der Poststation gewesen war.

99
    Die Via Appia
    Es war fast elf Uhr vormittags, als die zwei jungen Männer in ihrem offenen Kabriolett die Pyramide des Sextius zur Rechten hinter sich ließen und die großen Pflastersteine der Via Appia befuhren, denen zweitausend Jahre Geschichte nichts hatten anhaben können.
    Wie wir wissen, war die Via Appia im Rom Cäsars, was die Champs-Élysées, der Bois de Boulogne oder die Buttes Chaumont im Paris des Monsieur Haussmann sind.
    In den Hochzeiten der Antike hieß sie »die große Appia«, die Königin der Straßen, der Weg zum Elysium; sie war im Leben wie im Tod der Ort, an dem die Reichsten, Edelsten und Vornehmsten der Ewigen Stadt sich ein Stelldichein gaben.
    Bäume jeder Art spendeten Schatten, insbesondere prachtvolle Zypressen, die prunkvolle Grabmäler beschatteten; auch an den anderen Straßen, an der Via Flaminia und der Via Latina, befanden sich Gräber wie an der Via Appia. Der Ort, wo der Leichnam die Ewigkeit verbringen würde, war von vordringlichem Interesse für die Römer der Antike, deren Todesbesessenheit an die der Engländer heranreichte und bei denen unter der Herrschaft insbesondere Tiberius’, Caligulas und Neros der Selbstmord geradezu epidemische Ausmaße annahm.
    Nur in seltenen Fällen überließ man als Lebender die Sorge um sein Grab den Erben, denn es war eine ganz besondere Befriedigung, mit eigenen Augen zuzusehen, wie das Grabmal entstand, und die meisten bis heute erhaltenen Grabmäler tragen entweder die zwei Buchstaben V und F, was bedeutet: V ivus Fecit , oder V S P, was heißt: Vivus Sibi Posuit , oder aber die Buchstaben V F C, und dies heißt Vivus Faciendum Curavit .

    In der Tat war es für einen Römer, wie wir sehen werden, von größter Wichtigkeit, sich einer seit den Tagen Ciceros eingebürgerten religiösen Tradition gemäß bestatten zu lassen, auch wenn seit ebenjener Zeit die verschiedenen Formen des Glaubens im Schwinden begriffen waren und ein Augur – wenn wir unserem Rechtsgelehrten aus Tusculum glauben wollen – lachen musste, wenn er seinesgleichen begegnete, doch unverbrüchlich glaubte man, dass die Seele des Toten, der nicht bestattet worden war, hundert Jahre lang am Ufer des Styx umherirren musste. Wer unterwegs auf einen Leichnam stieß und diesen nicht bestattete, beging ein Sakrileg, für dessen Sühne er Ceres eine Sau opfern musste.
    Doch die Bestattung war noch nicht alles, man wünschte auch, behaglich bestattet zu sein; der heidnische Tod, gefallsüchtiger als der unsere, zeigte sich den Sterbenden der Zeit eines Augustus keineswegs etwa als klapperndes Skelett mit knöchernem Totenkopf, leeren Augenhöhlen und furchterregendem Grinsen – nein, er zeigte sich in Form einer schönen Frau, der bleichen Tochter des Schlafs und der Nacht, mit langen aufgelösten Haaren, weißen und kalten Händen und eisigen Küssen, fast als wäre sie eine unbekannte Freundin, die aus der Finsternis kam, wenn man sie rief, ernst, langsam und schweigend näher trat, sich über das Kopfkissen des Sterbenden beugte und ihm mit demselben unheilvollen Kuss Lippen und Augen zugleich schloss. Dann war der Leichnam taub, stumm und fühllos bis zu dem Augenblick, da der Scheiterhaufen für ihn entzündet wurde, und wenn die Flammen seinen Körper verzehrten und den Geist von der Materie sonderten, wurde die Materie zu Asche und der Geist wurde göttlich. Diese neue Gottheit, die zu den Manen gehörte, den Totengöttern, blieb für die Lebenden so unsichtbar wie unsere Gespenster, nahm aber wieder die Gewohnheiten, Vorlieben und Leidenschaften des Verstorbenen auf; sie ergriff gewissermaßen Besitz von seinen Empfindungen, liebte, was er geliebt hatte, und hasste, was er gehasst hatte.
    Deshalb legte man in das Grab eines Kriegers dessen

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