Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine
Schild, Speere und Schwert, in das Grab einer Frau ihre Nadeln, ihre Diamanten, ihre goldenen Ketten und Perlenhalsbänder und in das Grab eines Kindes seine Lieblingsspielsachen, Brot, Früchte und in einem Alabastergefäß einige Tropfen Milch aus der Mutterbrust, an der es nur so kurz gesaugt hatte.
Und wenn die Lage des Hauses, das sie während ihres kurzen Lebens bewohnten, den Römern ernsthafter Erwägung würdig erschien, dann kann man sich denken, welch noch größere Aufmerksamkeit sie auf den
Entwurf, die Lage und die mehr oder wenige erfreuliche, mehr oder weniger ihrem Geschmack, ihren Gewohnheiten und ihren Wünschen entsprechende Umgebung jener Behausung richten mussten, die sie in alle Ewigkeit bewohnen würden, denn die Manen waren sesshafte Gottheiten und an ihre Grabmäler gebunden, was ihnen allerhöchstens erlaubte, einen Spaziergang um das Grab herum zu machen.
Manche waren den ländlichen Freuden gewogen und von einfachem Geschmack und bukolischer Neigung; diese wenigen ordneten an, ihre Grabmäler in ihren Gärten oder auf ihren Ländereien zu errichten, damit sie ihre Ewigkeit in Gesellschaft der Nymphen, der Faune und Dryaden verbringen konnten, in Schlaf gewiegt vom sanften Geräusch der im Wind raschelnden Blätter, unterhalten vom Rauschen der Bäche über den Kieseln, entzückt vom Gesang der Vögel in den Zweigen.
Diese waren die Philosophen und die Weisen; andere jedoch – und sie waren die Mehrzahl, die große Mehrheit, der überwiegende Teil – bedurften ebenso sehr der Bewegung, der Unruhe und des Tumults wie Erstere der Ruhe und Sammlung, und diese anderen erwarben zu Höchstpreisen Grundstücke am Straßenrand, dort, wo Reisende aus allen Ländern vorbeikamen, die Neuigkeiten aus Asien und Afrika nach Europa brachten, Grundstücke an der Via Latina, an der Via Flaminia und vor allem an der Via Appia, welche so mondän geworden war, dass sie allmählich weniger als Landstraße betrachtet wurde denn als Vorort der Stadt Rom; sie führte zwar noch nach Neapel, doch links und rechts säumten sie Häuser, die Paläste waren, und Grabmäler, die Monumente waren; und so kam es, dass die begüterten Manen, die vom Schicksal so begünstigt waren, an der Via Appia bestattet zu sein, nicht nur bekannte und unbekannte Passanten vorbeiwandern sahen und nicht nur hörten, was die Reisenden an Neuigkeiten über Asien und Afrika austauschten, sondern darüber hinaus sogar aus dem Mund ihrer Grabmäler und mit ihren Grabinschriften zu diesen Passanten sprachen.
Und da wie gesagt der Charakter des Menschen ihn ins Jenseits begleitete, sagte der Bescheidene von sich:
Ich war und bin nicht mehr.
Das ist mein ganzes Leben und mein ganzer Tod.
Der Reiche sagte:
Hier ruht
STABIRIUS.
In allen römischen Dekurien
hätte er dienen können,
aber er wollte nicht.
Er war fromm, tapfer und treu
und kam aus dem Nichts; er hinterließ dreißig Millionen
Sesterzen
und hat nie etwas auf die Philosophen gegeben.
Gehabe Dich wohl und eifere ihm nach.
Und um die Aufmerksamkeit der Passanten noch unfehlbarer zu fesseln, hatte Stabirius, der Reiche, über seiner Grabinschrift gar eine Sonnenuhr einmeißeln lassen!
Der Gebildete sagte:
Reisender!
Sei es Dir auch eilig, Dein Ziel zu erreichen,
bittet Dich dieser Stein, ihm einen Blick zu gönnen
und zu lesen, was darauf geschrieben steht:
Hier ruhen die Knochen des Dichters
MARCUS PACUVIUS.
Dies wollte ich Dir sagen,
Adieu!
Der Verschwiegene sagte:
Mein Name, meine Geburt, meine Herkunft,
was ich war und was ich bin,
will ich nicht verraten.
Verstummt für alle Zeiten, bin ich nichts als
Asche, Knochen, nichts!
Aus dem Nichts gekommen, bin ich dorthin zurückgekehrt.
Mein Los harrt Deiner! Adieu!
Der mit allem Zufriedene sagte:
Mein Lebtag lang habe ich gut gelebt.
Mein Auftritt ist beendet, der Eure wird es bald sein.
Adieu! Spendet Beifall!
Zuletzt ließ eine unbekannte Hand, zweifellos die eines Vaters, das Grab seiner Tochter, die ihm im Alter von sieben Jahren genommen worden war, die Worte sagen:
Erde! Laste nicht auf ihr!
Sie lastete nicht auf dir!
Aber an wen richteten all diese Toten, die sich an das Leben klammerten, ihre Sprache der Grabinschriften? Wen riefen sie aus ihren Gräbern an, wie Freudenmädchen an ihre Fenster klopfen, um die Passanten zu veranlassen, sich umzudrehen? Was war das für eine Welt, der sie sich in Gedanken noch immer beigesellten und die fröhlich und sorglos schnellen Schritts
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