Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine
Kardinäle.
Daraufhin ließ Napoleon Kardinal de Bayane seine Papiere aushändigen und befahl die Einnahme der verbliebenen vatikanischen Gebiete. Zweitausendfünfhundert Soldaten waren in Foligno stationiert, und ebenso viele befanden sich unter General Lemarois in Perusa; Napoleon befahl General Miollis, sich an die Spitze dieser Brigaden zu begeben, unterwegs dreitausend weitere Soldaten aufzunehmen, die aus Terracina abzuschicken Joseph befohlen worden war, und mit diesen achttausend Soldaten die Hauptstadt der Christenwelt einzunehmen.
Mit List oder Gewalt sollte General Miollis sich der Engelsburg bemächtigen, sich die päpstlichen Truppen unterwerfen, den Papst mit einer Ehrengarde im Vatikan belassen, auf alle Vorstellungen, die man ihm machen konnte, erwidern, er besetze Rom in rein militärischer Hinsicht, um die Feinde Frankreichs aus dem Kirchenstaat zu vertreiben, er sollte die Polizei nur benutzen, um die Briganten zu verjagen, die Rom zu ihrem Schlupfwinkel auserkoren hatten, und zuletzt sollte er die neapolitanischen Kardinäle nach Neapel zurückexpedieren.
General Miollis, verdienter Soldat der Republik von unbeugsamem Charakter, gebildet und untadelig, gelang es, sowohl dem Oberhaupt der Christenheit die gebührende Achtung zu bezeigen als auch dank seines beträchtlichen Solds auf großem Fuß in Rom zu leben und die Römer daran zu gewöhnen, den französischen General in der Engelsburg als ihr eigentliches Regierungsoberhaupt zu betrachten und nicht den alten Pontifex im Vatikan.
Bekanntermaßen ist es von alters her Sitte bei den Päpsten, den Briganten, die das Land Neapels verwüsten, Asyl zu gewähren; diese Briganten sind nicht etwa eine vorübergehende Plage, sondern ein dem Land eigentümliches Leiden; in den Abruzzen, in der Basilikata und in Kalabrien wird man als Brigant geboren, der Berufsstand wird vom Vater auf den Sohn vererbt wie der des Zimmermanns, des Schneiders oder des Bäckers; vier Monate im Jahr verlässt man das elterliche Haus, um sich zum Strauchritter auszubilden, und im Winter bleiben die Briganten behaglich zu Hause, ohne dass irgendjemand auf den Gedanken käme, sie dort aufzuscheuchen. Im Frühjahr schwärmen sie dann wieder aus und beziehen ihre gewohnten Stellungen.
Unter diesen Posten sind die begehrtesten jene in Nähe der römischen Grenzen. Der Brigant, der sich von der neapolitanischen Regierung verfolgt
sieht, überschreitet die Grenze und findet im Kirchenstaat Asyl – denn in Ausnahmesituationen wie derjenigen, um die es sich in unserer Erzählung handelt, verfolgt die neapolitanische Regierung ihre Banditen, während die römische Regierung nichts dergleichen tut.
So kam es, dass während der Belagerung von Gaeta eine Ordonnanz auf dem Weg von Rom zu General Reynier zwischen Terracina und Fondi ermordet worden war und kein Hahn nach diesem Mord krähte, indes in klerikalen Kreisen viel Aufhebens darum gemacht wurde, Fra Diavolo vor dem Henker zu retten, der wie ein gejagtes Wild dem unermüdlichen Hauptmann Hugo in die Falle gegangen war.
Zu dieser Zeit kam ein junger Mann zwischen sechsundzwanzig und achtundzwanzig Jahren von mittlerer Größe und in einer Phantasieuniform, die keinem Armeekorps entsprach, zur Poststation und verlangte Pferde und einen Wagen.
Er trug einen kleinen englischen Stutzen mit zwei Läufen an über der Brust gekreuzten Gurten und hatte ein Paar Pistolen im Gürtel stecken, was verriet, dass er wusste, welchen Gefahren sich Reisende zwischen Rom und Neapel aussetzen.
Der Postmeister erwiderte, er habe einen Wagen, den er aber nicht verleihen dürfe, da er ihm zum Verkauf überlassen worden sei; unter den Pferden hingegen könne der Reisende seine Wahl treffen.
»Wenn der Wagen nicht zu teuer ist und mir passt«, sagte der Reisende, »hätte ich nichts dagegen, ihn zu erwerben.«
»Dann kommen Sie, ich zeige ihn Ihnen.«
Der Reisende folgte dem Postmeister; der Wagen war ein offenes Kabriolett, doch da warmes Wetter herrschte, war das Fehlen eines Dachs eher von Vorteil als von Nachteil.
Der junge Mann reiste allein und hatte einen Koffer und ein Necessaire bei sich.
Über den Preis des Wagens hatte man sich bald geeinigt; der Reisende hatte eher halbherzig gehandelt, als wäre ihm mehr daran gelegen, das Gesicht zu wahren, als einen günstigen Preis zu erlangen.
Man einigte sich auf achthundert Francs. Der Reisende ließ den Wagen vorfahren und die Pferde anschirren. Während er zusah, wie der Postillion seinen
Weitere Kostenlose Bücher