Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine
zu zeigen Sie mir die Ehre erweisen, werde ich es Ihnen beweisen.
Zu der Notwendigkeit, historische Persönlichkeiten genau zu untersuchen, will ich eine Stelle aus den Memoiren der Herzogin von Abrantès anführen; Madame d’Abrantès war nicht nur überaus geistreich, sondern obendrein von kaiserlichem Geblüt, denn sie stammte von den Comnènes ab.
Folgendes bemerkt sie über die vortreffliche Person, die Joséphine
genannt wurde, die man »Notre Dame des Victoires« nannte und von der behauptet wurde, mit ihr habe Napoleon das Glück verlassen: »Es gibt Personen«, schreibt Madame d’Abrantès, »die der Geschichte gehören, und zu ihnen zählt Joséphine. Ob man sie als Mademoiselle de la Pagerie betrachten will, als Madame de Beauharnais oder als Madame Bonaparte, unterliegt ihre Person zwangsläufig genauester Beobachtung. Aus dem Zusammenführen, Annähern und Vergleichen dieser Beobachtungen wird die Nachwelt dereinst ein Porträt Joséphines gewinnen, das eine gewisse Ähnlichkeit beanspruchen kann. Die scheinbar unbedeutendsten Dinge bieten oftmals den Gegenstand tiefgründiger Überlegungen. Als Ehefrau des Mannes, der die Welt regierte und über den sie selbst eine gewisse Herrschaft ausgeübt hat, ist Joséphine eine Persönlichkeit, die zu studieren von unmittelbarem Interesse ist; obwohl sie als Person nicht das geringste Interesse verdiente, muss man sie eingehendst studieren.
Erstaunlich bleibt, welchen Ruf sich Madame Bonaparte von Anfang an zu verschaffen verstand. Ich werde in der Folge oft genug Gelegenheit haben, sie in ihrem wahren Licht zu zeigen, einem Licht von äußerst zweifelhafter Helligkeit, sobald Monsieur de Bourrienne sie nicht anleitete, denn er hatte sich ihres Geistes oder eher ihres schwachen Charakters bemächtigt, und sobald sie in Mailand eintraf, geriet sie zweifellos, ohne sich darüber im Klaren zu sein, unter seine direkte Leitung.«
Dies, Monsieur, sind zwei Absätze, die uns klipp und klar sagen, dass Joséphine eine historische Persönlichkeit ist, die in allen Facetten untersucht werden muss, und dass Monsieur de Bourrienne sich ihres Geistes oder eher ihres schwachen Charakters ganz und gar bemächtigt hatte.
Lassen wir Bourrienne selbst sagen, in welchem Verhältnis er zum Ersten Konsul und auch zu Madame Bonaparte stand: »In den ersten Monaten im Tuilerienpalast schlief Bonaparte immer bei seiner Frau. Jeden Abend ging er zu Joséphine hinunter und benutzte die kleine Treppe, die in einen Ankleideraum führt, der zu einem Kabinett gehört, das früher einmal das Betzimmer der Maria von Medici war. Auch ich habe Bonapartes Schlafzimmer immer nur über diese Treppe betreten. Und er kam immer durch dieses Ankleidezimmer in unser Arbeitskabinett hinauf.«
Sie behaupten, Monsieur, es sei undenkbar, dass Bourrienne sich erlaubt hätte, morgens in Bonapartes Schlafgemach einzudringen, während Joséphine noch im Bett lag.
Sie werden noch ganz andere Dinge erfahren, die ihm nicht nur erlaubt, sondern sogar angeordnet waren: »Zu den besonderen Anordnungen, die Bonaparte mir gegeben hatte, gehört eine besonders merkwürdige. ›Kommen Sie nachts so selten wie möglich in mein Zimmer‹, hatte er gesagt. ›Wecken Sie mich nie, wenn Sie eine gute Nachricht haben. Gute Nachrichten sind nicht eilig; aber wenn es sich um eine schlechte Nachricht handelt, dann wecken Sie mich auf der Stelle, denn dann darf man keine Minute verlieren.‹«
Sie sehen also, Monsieur, dass Bourrienne sehr wohl befugt war, nachts Bonapartes Zimmer zu betreten. Folglich hatte er einen Schlüssel zu diesem Zimmer, damit er es jederzeit betreten konnte, oder aber der Schlüssel steckte in der Tür, da die Treppe zu Bonapartes Kabinett führte.
Auch diese Stelle beweist, dass er den Befehl hatte, jeden Morgen um sieben Uhr das Zimmer zu betreten: »Bonaparte schlief fest, so fest, dass er verlangte, jeden Morgen um sieben Uhr von mir geweckt zu werden. Ich betrat deshalb als Erster sein Zimmer, doch oft sagte er im Halbschlaf zu mir, wenn ich ihn weckte: ›Ach, Bourrienne, lassen Sie mich noch einen Augenblick schlafen!‹ Und wenn nichts allzu Dringendes zu erledigen war, kam ich um acht Uhr wieder.«
Bourrienne sagt unmissverständlich, dass Bonaparte nach dem ersten Jahr im Tuilerienpalast die eheliche Gepflogenheit aufgab, jede Nacht bei seiner Frau zu verbringen, und dass er bisweilen nach seinen nächtlichen Spaziergängen mit Duroc oder aus anderen Gründen in einem
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