Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine
inzwischen mehr Geld zur Hand. Diese unvorstellbare Verschwendungssucht war ursächlich für fast all ihre Kümmernisse verantwortlich; ihre unüberlegten Ausgaben sorgten für ständige Unordnung in ihrem Haushalt, was bis zu Bonapartes zweiter Eheschließung anhielt, woraufhin sie, wie ich hörte, vernünftiger wurde. Aus ihrer Zeit als Kaiserin im Jahr 1804 kann ich dergleichen nicht behaupten.«
Und vielleicht ist Ihnen nicht bekannt, Monsieur, dass ich vor bald zwei Jahren einen Prozess gewonnen habe, der für alle Verfasser historischer Romane von größter Bedeutung sein dürfte.
In meiner Studie des Wegs nach Varennes hatte ich erzählt, dass der König am Gipfel des Anstiegs, von wo aus man die ganze Stadt überblicken kann, auf eine Eskorte treffen sollte. 22 Die Dragoner waren jedoch nicht gekommen, und einer der Leibgardisten, die den König begleiteten, ging den Weg hinunter und klopfte an die Tür eines Hauses, durch dessen Fensterläden man Licht schimmern sah.
Die Königin und Monsieur de Valory näherten sich ebenfalls dem Haus, doch man schlug ihnen die Tür vor der Nase zu. Der Leibgardist tritt
vor, stößt die Tür auf und sieht sich einem etwa fünfzigjährigen Mann im Morgenrock, mit nackten Beinen und in Pantoffeln gegenüber.
Es war dies ein Edelmann, dessen Namen ich hier nicht wiederholen will und der in seiner Eigenschaft als Major und als Ritter des Ordens von Saint-Louis zweimal dem König den Treueeid geschworen hatte. Doch unter den Umständen dieses Augenblicks hatte ihn aller Mut verlassen; als er die Königin erkannte, weigerte er sich zuerst, ihr zu antworten, antwortete dann stotternd und schloss ihr zuletzt die Tür vor der Nase, so dass die erhabenen Reisenden so hilflos wie zuvor waren. Sein Enkelsohn hat als frommer Wächter über die Ehre seiner Vorfahren einen Verleumdungsprozess gegen mich angestrengt, um seinen Großvater zu verteidigen. Das Gericht entschied, daß in Fällen wie diesem, in dem ich mich zudem auf zwei Zeitzeugen stützen konnte, jeder, der in historischen Ereignissen eine Rolle gespielt hatte, der Geschichte Rechenschaft schuldete, wies die Klage des Enkels zurück und verurteilte ihn dazu, die Prozesskosten zu tragen.
Dies, Monsieur, wollte ich Ihnen sagen, und ich danke Ihnen für die Gelegenheit, dem Publikum auf diesem Weg darzulegen, dass ich mich in meinen Büchern eng an die historischen Zeugnisse halte.
ALEXANDRE DUMAS
Der Brief wurde am Tag darauf in Le Pays abgedruckt, begleitet von folgendem Kommentar Henry d’Escamps’:
»Die Leitung des Moniteur universel appelliert an unsere Kollegialität und bittet uns um den Abdruck obigen Leserbriefes; wir rücken ihn umso bereitwilliger ein, als er unsere Aussagen zur Gänze bestätigt.
Was seinen Roman betrifft, führt unser Widersacher zwei Arten der Geschichtsschreibung ins Feld, die Monsieur Thiers’ und die Monsieur Michelets, und positioniert sich bescheiden zwischen diesen beiden Namen, indem er hinzufügt, dass in seinen Augen die beste Methode der Geschichtsschreibung darin bestehe, nicht in veröffentlichten und seriösen Dokumenten Nachforschungen zu betreiben, sondern in den zeitgenössischen Memoiren .
Dergleichen Theorien müssen wir nicht weiter erörtern, doch mit Fug und Recht darf man sich wundern, dass dieser Verfasser, obwohl kein Mangel an diesbezüglichen Dokumenten besteht, für die Schilderung einer Kaiserin, die vom französischen Volk abgöttisch geliebt wurde, ausgerechnet die Erinnerungen eines Monsieur de Bourrienne zu Rate zieht, die
Erinnerungen eines Mannes, der sich genötigt sah, seinen Dienst bei dem Ersten Konsul unter seinem Ruf wenig förderlichen Umständen zu quittieren. Ein solcher Mitarbeiter muss demjenigen, der sich seiner Feder und seiner Zitate bedient, zwangsläufig Unglück bringen.
Und wahrhaftig beweisen die Zitate, auf welchen der Verfasser des betreffenden Romans so hartnäckig herumreitet, genau des Gegenteil dessen, was er mit ihnen belegen will.
Um nur eine Stelle zu zitieren: Monsieur Bourrienne schreibt dort: ›Ich fragte Joséphine, ob sie jeden Tag zwei Hüte aufsetzte; sie beteuerte, es müsse sich um einen Irrtum handeln.‹ Ungeachtet dieser Widerlegung, ungeachtet Bourriennes eigenen Zeugnisses behandelt der Romancier die Behauptung als Wahrheitsbeweis. Wir überlassen es dem verständigen Publikum, sein eigenes Urteil zu treffen.
Was die historischen Beweise des Verfassers betrifft, sehen sie so aus: Er konnte zwischen dem
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