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Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine

Titel: Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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Hinrichtung meines Vaters starb meine Mutter, die bei der Nachricht seines Todes erkrankt war.
    Von diesem neuen Unglück konnte ich meinem Bruder Léon nicht berichten. Seit dem Kampf bei Berchem hatte man nicht mehr von ihm gehört; ich schrieb meinem Bruder Charles in Avignon, der sich auf der Stelle nach Besançon aufmachte.

    Ich werde Ihnen berichten, was wir über die Schlacht bei Berchem und über das Los meines Bruders erfuhren, und zwar vom Prinzen von Condé, zu dem meine Mutter, die im Sterben lag, in ihrer Ratlosigkeit hatte schicken lassen; der Bote war jedoch erst nach ihrem Tod zurückgekehrt, am selben Tag wie mein Bruder.
    Am 4. Dezember 1793 hatte der Prinz von Condé in Berchem sein Hauptquartier. Pichegru führte zwei Angriffe gegen ihn aus, ohne ihn von Berchem wegzudrängen oder sich dort halten zu können, nachdem er Condé weggedrängt hatte.
    Nach der abermaligen Einnahme der Ortschaft durch die Emigranten vollführte Léon wahre Wunder an Mut, drang als Erster in das Dorf ein und ward nicht mehr gesehen. Obwohl seine Gefährten ihm auf dem Fuß folgten, konnten sie ihn nirgends ausmachen. Man suchte unter den Toten, fand ihn jedoch nicht. Die allgemeine Ansicht war die, dass er sich auf der Verfolgung der Republikaner zu weit vorgewagt hatte und von ihnen gefangen genommen worden war.
    Die Gefangennahme kam dem Todesurteil gleich, denn jeder Gefangene, den man bewaffnet ergriff, wurde der Form halber vor ein Kriegsgericht gestellt und füsiliert.
    Nichts mehr zu hören bestätigte uns in dieser schmerzlichen Überzeugung, bis man uns den Besuch eines jungen Mannes aus Besançon ankündigte, der von der Rheinarmee kam. Er war fast noch ein Kind, kaum vierzehn Jahre alt, der Sohn eines alten Freundes meines Vaters. Er war ein Jahr jünger als ich, wir waren gemeinsam erzogen worden. Sein Name war Charles N.
    Ich sah ihn als Erster. Ich wußte, dass er seit drei Monaten bei General Pichegru weilte. Ich lief auf ihn zu und rief: ›Charles, du bist es! Bringst du uns Nachrichten von meinem Bruder?‹ – ›Leider ja‹, erwiderte er. ›Ist dein Bruder Charles da?‹ – ›Ja‹, antwortete ich. ›Nun‹, erwiderte er, ›lass ihn rufen, denn das, was ich dir zu sagen habe, gilt auch ihm.‹ Ich rief meinen Bruder. Er kam herbei. ›Charles ist gekommen‹, sagte ich, ›und er hat Neuigkeiten von Léon.‹ – ›Schlechte Neuigkeiten, nicht wahr?‹ – ›Ich fürchte es, denn sonst hätte er sie uns bereits gesagt.‹
    Ohne darauf zu antworten, zog mein junger Freund mit traurigem Lächeln eine Polizeimütze aus seiner Weste und reichte sie meinem Bruder. ›Nunmehr sind Sie das Familienoberhaupt‹, sagte er, ›und deshalb kommt diese Hinterlassenschaft Ihnen zu.‹
    ›Was ist das?‹, fragte mein Bruder.

    ›Das ist die Mütze, die er trug, als er erschossen wurde‹, erwiderte Charles.
    ›Er ist also tot?‹, fragte mein älterer Bruder trockenen Auges, während ich gegen meinen Willen weinen musste.
    ›Ja.‹
    ›Und er ist tapfer gestorben?‹
    ›Wie ein Held.‹
    ›Der Herr sei gepriesen! Unsere Ehre ist unversehrt. In der Mütze ist sicherlich etwas verborgen?‹
    ›Ein Brief.‹
    Mein Bruder betastete die Mütze, erkannte die Stelle, an der sich der Brief befand, schnitt die Naht der Mütze mit einem Taschenmesser auf und entnahm ihr den Brief, den er öffnete.
     
    An meinen Bruder Charles.
    Zuerst und vor allen Dingen verheimliche meinen Tod vor unserer Mutter so lange wie möglich.
     
    ›Ist er gestorben, ohne zu wissen, dass unsere arme Mutter ihm in das Grab vorausgegangen ist?‹, fragte mein Bruder.
    ›Nein‹, sagte Charles, ›ich habe es ihm gesagt.‹
    Mein Bruder sah wieder auf den Brief und las weiter:
    Ich wurde in Berchem gefangen genommen. Mein Pferd brach zusammen und begrub mich unter sich. Ich konnte mich nicht wehren.
    Ich warf meinen Säbel weg, und vier Republikaner befreiten mich.
    Man brachte mich auf die Festung Auenheim, um mich dort zu füsilieren; wenn kein Wunder geschieht, kann mich nichts mehr retten.
    Mein Vater hatte dem König sein Wort gegeben, für die royalistische Sache zu sterben, und er hat es gehalten.
    Ich gab meinem Vater mein Wort, für dieselbe Sache einzustehen, und werde sterben.
    Du hast mir Dein Wort gegeben. Nun ist die Reihe an Dir. Wenn Du stirbst, wird Hector uns rächen.
    Bete am Grab meiner Mutter.
    Gib Hector einen väterlichen Kuss.
    Adieu
    LÉON DE SAINTE-HERMINE

    P.S. Ich weiß nicht, wie ich Dir diesen Brief

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