Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine
Révolution vor dem Temple kommen, dann kann sie dort spazieren gehen.‹
Die Königin hörte die Antwort der zweiten Wache und erschauerte, doch sie wich nicht ab von ihrem Vorhaben, die erhaltenen Instruktionen peinlich genau zu befolgen.
Um halb zehn traf Santerre ein. Dieser Santerre war kein übler Mensch, ein wenig schroff, ein wenig brutal; zu Unrecht hatte man ihn beschuldigt, den schrecklichen Trommelwirbel angeordnet zu haben, der dem
König auf dem Schafott die letzten Worte abschnitt, was er nie verwunden hatte. Doch war er so unvorsichtig gewesen, sich sowohl mit der Generalversammlung als auch mit der Kommune anzulegen, was ihn beinahe den Kopf gekostet hatte.
Er erteilte die Erlaubnis, um die ersucht wurde.
Eine der Wachen ging zur Königin hinauf und teilte ihr mit, dass der General ihrer Bitte stattgebe.
›Ich danke Ihnen, Monsieur‹, sagte sie mit dem bezaubernden Lächeln, das Barnave und Mirabeau in ihr Verderben gelockt hat; dann wendete sie sich an ihren kleinen Hund, der auf die Hinterpfoten aufgerichtet hinter ihr lief: ›Komm, Black, freu dich mit mir, wir werden spazieren gehen‹, und an die Wache gewendet: ›Wir dürfen hinausgehen; um wie viel Uhr?‹
›Um zehn Uhr; war das nicht die Stunde, die Sie selbst vorschlugen?‹
Die Königin verneigte sich, die Wache verließ das Zimmer.
Die drei Frauen blieben allein zurück und wechselten Blicke, in denen sich Hoffnung und Freude mischten. Madame Royale warf sich der Königin in die Arme, Madame Élisabeth trat zu ihr und reichte ihr stumm die Hand.
›Beten wir‹, sagte die Königin, ›aber beten wir so, dass niemand uns beten sieht.‹ Alle drei beteten schweigend.
Die Uhr schlug zehn. Waffenlärm drang bis zu der Königin.
›Das ist die Wachablösung‹, sagte Madame Élisabeth.
›Dann wird man uns jetzt holen‹, sagte Madame Royale.
Die Königin sah, wie ihre Schwägerin und ihre Tochter erbleichten. ›Nur Mut‹, sagte sie, obwohl sie selbst erbleichte.
›Es ist zehn Uhr‹, hörten sie von unten rufen, ›bringt die Gefangenen herunter!‹
›Hier sind wir, Citoyens‹, erwiderte die Königin.
Die erste Tür wurde aufgeschlossen. Durch sie gelangte man in einen finsteren Flur. Dank dem Dämmerlicht konnten die Gefangenen ihre Erregung verbergen.
Der kleine Hund lief ihnen freudig voraus. Doch als er die Tür des Raums erreichte, den sein Herr bewohnt hatte, hielt er inne, schob seine Schnauze in den Schlitz unter der Tür, schnaufte heftig und ließ nach einigen kläglichen Lauten das tiefe und schmerzliche Bellen ertönen, das man gemeinhin als Totengeheul bezeichnet.
Die Königin ging schnell an ihm vorbei, sah sich jedoch einige Schritte
weiter genötigt, an der Mauer Halt zu suchen. Die zwei anderen Frauen traten zu ihr und verharrten reglos. Der kleine Black lief zu ihnen.
›Was ist?‹, rief eine Stimme. ›Kommt sie herunter oder nicht?‹
›Wir kommen schon‹, antwortete die Wache, die sie begleitete.
›Gehen wir‹, sagte die Königin, die sich zusammenriss. Und es gelang ihr, die Treppe hinunterzusteigen.
Als sie den Fuß der Wendeltreppe erreicht hatte, erklang ein Trommelwirbel – nicht um die Königin zu ehren, sondern um ihr zu verstehen zu geben, dass sie sich angesichts solcher Vorsichtsmaßnahmen jeden Fluchtversuch aus dem Kopf schlagen könne.
Die schwere Tür öffnete sich langsam, ächzend und quietschend.
Die drei Gefangenen befanden sich im Hof. Schnell begaben sie sich in den Garten. Die Mauern des Hofs bedeckten Schmähinschriften und obszöne Kritzeleien, die sie zur Zielscheibe hatten und mit denen die Soldaten sich die Zeit vertrieben.
Das Wetter war herrlich, die Sonne schien noch nicht so heiß, dass es unerträglich gewesen wäre.
Die Königin ging ungefähr eine Dreiviertelstunde lang spazieren; dann, als es etwa zehn vor elf war, näherte sie sich der Cantine, in der eine Frau namens Mutter Plumeau Wurstwaren, Wein und Schnaps an die Soldaten verkaufte.
Die Königin befand sich bereits auf der Schwelle der Cantine, im Begriff, einzutreten und um Erlaubnis zu bitten, sich zu setzen, als sie sah, dass der Schuster Simon an einem der Tische saß, wo er soeben seine Mittagsmahlzeit beendete.
Unwillkürlich wich sie zurück: Simon war einer ihrer unflätigsten Widersacher. Sie trat einen Schritt zurück und rief ihren kleinen Hund zu sich, der vor ihr in den Raum gesprungen war.
Black aber war unverzüglich zu einer Falltür in den Keller gelaufen, in dem die Witwe
Weitere Kostenlose Bücher