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Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine

Titel: Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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der Königin beweisen, dass er den Tod nicht fürchtete.
    Er brachte meine Eltern in das Treppenhaus des Turms, wo die Königin sie beim Vorbeigehen fast berühren musste.
    Meine Mutter hielt einen großen Strauß Nelken in der Hand. Beim Anblick der Nelken rief die Königin: ›Oh, was für schöne Blumen! Und wie herrlich sie duften!‹
    Meine Mutter zog die schönste Nelke aus dem Strauß und reichte sie
der Königin. Diese blickte zu Toulan, um zu sehen, ob sie sie nehmen dürfe. Toulan nickte unmerklich. Die Königin nahm die Blume.
    Unter gewöhnlichen Umständen wäre all dies nicht weiter schwierig gewesen, doch in jenen Tagen klopfte einem das Herz bis zum Hals und man wagte kaum zu atmen.
    Die Königin begriff sogleich, dass in dem Blütenkelch der Nelke ein Billett versteckt war, und sie nahm sie und verbarg sie unter ihrem Brusttuch.
    Öfter als einmal hat mein Vater uns erzählt, wie tapfer die Gräfin von Sainte-Hermine sich gehalten habe, dass ihre Gesichtsfarbe jedoch fahler gewesen sei als die Steine des Gefängnisturms.
    Die Königin war so mutig, ihren gewohnten Spaziergang nicht abzukürzen. Zu ihrer gewohnten Stunde ging sie wieder hinauf, und erst als sie sich mit Schwester und Tochter allein wusste, holte sie aus ihrem Mieder die Blume hervor.
    In der Tat barg der Blütenkelch ein Billett; mit feiner, aber ausgezeichnet lesbarer Schrift war auf Seidenpapier folgender tröstliche Ratschlag geschrieben:
     
    ›Übermorgen, Mittwoch, bitten Sie, in den Garten gehen zu dürfen, was man Ihnen gestatten wird, da Ordre besteht, Ihnen diese Gunst zu gewähren, wenn Sie sie erbitten. Nach drei, vier Runden stellen Sie sich müde, nähern sich der Cantine im Garten und bitten Madame Plumeau, sich zu ihr setzen zu dürfen.
    Sie müssen darauf achten, diese Erlaubnis um Punkt elf Uhr vormittags zu erbitten, damit Ihre Befreier ihr Handeln mit dem Ihren abstimmen können.
    Kurz darauf stellen Sie sich, als gehe es Ihnen schlechter und als würden Sie ohnmächtig. Man wird die Türen verschließen, um Ihnen zu Hilfe zu kommen, und Sie bleiben allein mit Madame Élisabeth und Madame Royale. Unverzüglich wird die Falltür zum Keller geöffnet werden. Stürzen Sie sich mit Schwester und Tochter in diese Öffnung, und Sie werden alle drei gerettet sein.‹
     
    Das Zusammentreffen dieser drei Dinge ließ die Gefangenen Zuversicht fassen: Toulans Anwesenheit, der Strohhalm im Flur und die genauen Angaben des Billetts.
    Was riskierten sie schon bei ihrem Fluchtversuch? Das Leben konnte
ihnen kaum schwerer gemacht werden, als es der Fall war. Sie beschlossen, so zu handeln, wie es ihnen in dem Billett empfohlen wurde.
    Am Mittwoch, dem übernächsten Tag, las die Königin hinter zugezogenen Bettvorhängen nochmals das Billett, das meine Mutter ihr in der Nelke zugesteckt hatte, um keine der Instruktionen zu übersehen, die es enthielt, zerriss es dann in winzige Schnipsel und begab sich um neun Uhr in das Zimmer der Madame Royale.
    Sie verließ das Zimmer gleich darauf und rief nach den Wachen, die gerade beim Essen saßen, so dass sie zweimal rufen musste, bis eine der Wachen erschien.
    ›Was willst du, Citoyenne?‹, fragte die Wache.
    Marie-Antoinette erklärte, dass Madame Royale mangels Bewegung erkrankt sei, dass man sie nur mittags hinauslasse, wenn die Sonne so stark brenne, dass sie nicht spazieren gehen könne, und dass sie um die Erlaubnis bitte, die Zeit ihres täglichen Spaziergangs vorzuverlegen, den sie lieber zwischen zehn und zwölf Uhr statt zwischen zwölf Uhr und zwei Uhr machen wolle; die Königin bat die Wache, ihre Bitte General Santerre vorzutragen, dem die Entscheidungsgewalt oblag, und fügte hinzu, sie werde zutiefst dankbar sein.
    Die letzten Worte hatte die Königin so anmutig und bezaubernd geäußert, dass die Wache ihr nicht widerstehen konnte; der Mann lüpfte seine rote Mütze und sagte: ›Madame, der General wird in einer halben Stunde kommen, und sobald er da ist, wird man ihn um alles bitten, was Sie wünschen‹ – und wie um sich Mut zu machen, dass er im Recht sei, sich den Wünschen der Gefangenen zu fügen, dass er aus Vernunft handle und nicht aus Schwäche, wiederholte er: ›Das ist nur recht und billig! Alles in allem ist das nur recht und billig!‹
    ›Was ist recht und billig?‹, fragte ihn die andere Wache.
    ›Dass diese Frau mit ihrer kranken Tochter spazieren geht.‹
    ›Schon gut‹, erwiderte der andere, ›dann soll sie mit ihr auf die Place de la

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