Der Gral-Mutant
umgestellte Industrie Terras stampfte alles aus dem Boden, was erforderlich war. Aggregate und Geräte, Motoren und Einrichtungen wurden gebaut, über deren Sinn sich selbst der klügste Kopf der Erde nicht klarwerden konnte. Das Neuartige zu beherrschen lernten die Menschen schnell, und über diesem Taumel, mit einer unbekannten Technik vertraut zu werden, vergaßen sie, hinter die Kulissen dieser Technik zu sehen.
Der Präsident der irdischen Regierung war nur noch eine Puppe. Er sah mit seinen Ministern tatenlos zu, wie ihm eine Aufgabe nach der anderen aus den Händen genommen wurde. Selbst als das strenge Gesetz aufgehoben wurde, das den menschlichen Mutanten nicht erlaubt hatte, auf der Erde zu verbleiben, erhob sich kein Widerspruch. Houg Slo, immer noch oberster Befehlshaber der Schlachtflotte, bis zu einem bestimmten Tag einer der erbittertsten Feinde der Mutanten, gab zu dieser Gesetzesänderung ohne Zaudern seine Zustimmung.
Zwei Männer hatten diese Entwicklung mit einer unwahrscheinlichen Ruhe und Geduld verfolgt. Sie waren von den Menschen schon längst vergessen worden, im ZNK-Hochhaus sprach niemand mehr von dem früheren Chef Rhet Stylon, und bei der Military Space Control war der Name des Commanders Ghor Grengk auch in Vergessenheit geraten. Nur der Gral-Mutant Nono hatte sie nicht vergessen.
Mehrmals in jeder Woche tauchte er vor ihnen auf, unterhielt sich im Plauderton mit ihnen, verzichtete darauf, eine Bitte laut werden zu lassen oder Fragen zu stellen.
Über die Besuche des Gral-Mutanten waren Rhet Stylon und Commander Crengk geteilter Ansicht. Rhet behauptete, daß das Wesen nur käme, um ihre Gedanken zu kontrollieren. Commander Crengk behauptete, daß Nono käme, um sie mit Blindheit zu schlagen.
Für beide Behauptungen konnte kein Beweis angetreten werden. Aber während Crengk draußen vor dem Haus in einem Liegestuhl lag und sich sonnte, stellte Rhet Stylon grübelnd am Fenster stehend überrascht fest, daß der Gral-Mutant in den letzten zehn Tagen nicht aufgekreuzt war. Er begann sich darüber Gedanken zu machen, als der Nachrichtengeber ansprach.
Der Start der fünfhundert Schiffe starken Zerstörer-Flottille wurde bekanntgegeben. Sie hatten um drei Uhr Weltzeit ihre Ansprunghäfen verlassen und befanden sich seit vier Stunden im Inter-Kontinuum. Heute abend, einundzwanzig Uhr Weltzeit, sollten sie das Planeten-System der Piratenboote im Cygnus-Nebel erreicht haben.
Die Nachricht war zu Ende. Rhet öffnete gerade seinen Mund, um etwas zu sagen, als der Gral-Mutant sichtbar wurde.
„Sie haben mich vermißt, Stylon“, begann er wieder in seiner eigentümlichen Tonlage zu sprechen. „Ich konnte nicht früher abkommen, aber meine wenigen freien Minuten habe ich abgezweigt, um mich mit Ihnen unterhalten zu können. Ich bin überzeugt, daß Sie die neueste Meldung soeben gehört haben. Bis die Zerstörerschiffe aus dem Inter-Kontinuum wieder herauskommen, vergehen noch einige Stunden. Gewiß werden Sie den Wunsch haben, daß die Schiffe ihr Ziel erreichen, nicht wahr, Stylon?“
Rhet zog es vor, zu schweigen. Ghor Crengk, der neben ihn getreten war, zündete sich eine Zigarette an.
Plötzlich schmeckte dem ehemaligen Commander der Military Space Control die Zigarette nicht mehr, und er warf sie zum offenen Fenster hinaus. Er warf eine glühende Zigarette durch Nono!
Der ignorierte alles.
„Sie fangen an, sich mit meiner Person intensiver zu beschäftigen, Stylon“, sagte da der Gral-Mutant anzüglich. „Sie hätten es schon etwas früher tun sollen, dann ständen wir heute anders zueinander. Aber Sie brauchen Ihren Nachrichtengeber nicht eingeschaltet zu lassen. Es wird nie mehr eine Meldung von der großen Zerstörerflotte auf der Erde eintreffen. Alle fünfhundert Schiffe kommen aus dem Inter-Kontinuum nicht mehr heraus! Der Cygnus-Nebel wird weiterhin für die Menschen unerreichbar sein, wie er bisher unerreichbar war, es sei denn, wir beide könnten uns einigen …“
„Sie sind ein Scheusal!“ fauchte Ghor Crengk den Gral-Mutanten haßerfüllt an.
„Das könnte ich an meiner Stelle auch von Rhet Stylon behaupten. Er wird Ihnen bestätigen müssen, daß ich ihn mehr als einmal um eine Gefälligkeit gebeten habe. Er hat mich nicht einmal anhören wollen. Heute kann ich keine Bitte mehr vorbringen. Heute liegt die Entscheidung bei Ihrem Kameraden. Das Schicksal von 650 000 Menschen liegt in seiner Hand. Daß die Besatzungen der Zerstörer nur darauf geschult sind, mit
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