Der Greif
Donas
Vorteil, erinnerte ich mich auch daran, was Juhiza und Deidamia am meisten in Erregung versetzt hatte.
Glücklicherweise beeinträchtigten diese Erinnerungen
meine Leistungen als Mann nicht im geringsten. Ich war so unermüdlich, wie Gudinand es gewesen war, und Dona so
dankbar, einfühlsam und unersättlich wie Juhiza.
Doch damit nicht genug. Während Dona und ich uns
hemmungslos meiner Männlichkeit bedienten, hatte ich
wiederum das Gefühl, mehrere verschiedene
Persönlichkeiten gleichzeitig zu sein: Thornareichs und Dona, Juhiza und Gudinand, Schwester Thorn und
Schwester Deidamia. Aktiv und passiv, eindringend und
empfangend, gebend und nehmend, ergiessend und
verschlingend. Das Gefühl, daß wir beide aus mehreren
verschiedenen Einheiten bestanden, daß ich sowohl Mann als auch Frau war, von einem Extrem ins andere floß, verlieh meinen Empfindungen eine unbeschreibliche Stärke. Und
das, glaube ich, kam auch Dona zugute, obwohl sie meine Doppelgeschlechtlichkeit nicht nachvollziehen konnte.
»Macte Virtute!« stöhnte sie vor Lust, als sie die Gewalt über ihre Sinne zurückgewonnen hatte. Schalkhaft fügte sie hinzu: »Ich werde dich meinen Freundinnen
weiterempfehlen.«
»Benigne«, dankte ich und fügte mit gespielter
Überheblichkeit hinzu: »Ich glaube kaum, daß das nötig sein wird. Eine ganze Reihe deiner Freundinnen hat ihrer
Bereitschaft bereits Ausdruck gegeben, mit mir...«
»Eheu! Gib acht, du Angeber! Du läufst Gefahr, über
Gebühr beansprucht zu werden.« Sie lachte so herzlich, daß ihr schöner Körper bebte. Das war so reizvoll, daß es mich zu etwas anderem als reden anregte.
Ich werde hier keine Einzelheiten dieser Begegnung mit Dona mitteilen, noch von anderen Begegnungen mit ihr oder anderen Frauen und Mädchen aus Vindobona. Es genügt zu wissen, daß es einige Monate lang so weiterging und ich meine Existenz als Thornareichs, in der ich unaufhörlich neue Dinge sah, lernte und erlebte, ausgiebig auskostete.
Im Dezember feierte ich mit allen Einwohnern Vindobonas, vom Herzog bis hinunter zum niedrigsten Sklaven, die
siebentägigen Saturnalien. In den großen Villen richteten die reichen Familien ausschweifende Feste aus, die von der Abend- bis zur Morgendämmerung andauerten und, wenn
auch anfänglich eher steif, im Verlauf der Stunden in wüste Trinkgelage und Orgien ausarteten.
Die zügelloseste Festlichkeit, die ich besuchte, war aber jene die der Legat Balburius für seine Legion Gemina
veranstaltete. Der eigentliche Anlaß für die Saturnalien ist der Anstieg der Sonne von ihrem mittwinterlichen Tiefpunkt am Himmel. Da der Gott Mithras, den fast alle römischen Soldaten immer noch verehren, von seinen Anhängern auch als Deus Solis angesehen wird, feierten die Truppen die Saturnalien um so hemmungsloser.
Ich hing in einer der Baracken der Garnison herum und
sah den Soldaten beim Zechen mit den Huren aus den
armen Vierteln der Stadt zu. Ein vom Wein benebelter
Zenturio wankte auf mich zu, legte seinen Arm um meine Schultern und versuchte, mich mit einer flammenden Rede dazu zu überreden, meine gegenwärtige Religion, welche auch immer es sei, aufzugeben und die höheren Weihen des Mithraismus zu empfangen.
»Ihr müßtet Euch natürlich zuerst bewähren, hicks, als Rabe, als Geheimer oder als Soldat. Aber dann, durch
Studium und Anwendung und treuen Glauben, hicks, würdet Ihr in den Stand des Löwen erhoben und als Mithraist
anerkannt. Durch weiteres hartes Studium und die
Ausübung guter Taten könntet Ihr in den Stand eines
Persers aufsteigen, das wäre dann so weit, hicks, wie Ihr kommen könntet. Wir hier in der Legion Gemina haben
mehrere Sonnenstürmer, zu denen ich selbst die Ehre habe zu gehören. Und, Ihr mögt es glauben oder, hicks, auch nicht, es gibt hier sogar einen Mithraisten von höchstem und begehrenswertestem Rang, den Vater. Er ist, ich muß es wohl kaum erwähnen, hicks, unser geschätzter Legat. Nun, junger Tornaricus, ich erkläre mich bereit, Euren Antrag auf Aufnahme zu unterstützen. Was, hicks, sagt Ihr dazu?«
»Ich, ›Hicks‹«, machte ich mich über ihn lustig, »Dekurio Sonnenstürmer, sage, ich habe in meinem Leben schon
viele gesehen, die irgend jemanden zu irgend etwas
bekehren wollten. Und jeder einzelne beteuerte: ›Du mußt meinen Gott und meine Religion und meine Priester und
meinen Glauben annehmen.‹ Zu allen sage ich - und auch zu Euch, Dekurio: ›Thags izvis, benigne, eükharisto, aber
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