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Der Greif

Der Greif

Titel: Der Greif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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immer
    werden.«
    »Gut«, sagte ich, »ich werde weder ergeben noch
    bescheiden sein. Ich hätte absolut nichts dagegen, mit der Zeit befördert zu werden.«
    »Balgsdaddja!« sagte er ungeduldig. »Du verfügst nicht nur über Intelligenz und Geschicklichkeit, sondern du hast außerdem auch Phantasie und Unternehmungsgeist. Ich
    habe dich ausgelacht, als du dieses Seil um dein Pferd gebunden hast, dabei scheint es eine sehr nützliche
    Erfindung zu sein. Ich habe auch über deine mit Hafer
    gefüllten Trompeten von Jericho gelacht, dabei stellten sie sich als außerordentlich nützlich heraus. Ich habe dich als einen einfachen Krieger am Kampf um die Stadt teilnehmen lassen, damit du eine Ahnung davon bekommst, wie es ist, Mann gegen Mann zu kämpfen; denn das wolltest du doch
    so unbedingt. Auch dabei hast du dich bewährt, und ich bin sehr froh, daß du den Kampf überlebt hast. Aber erwartest du jetzt etwa von mir, daß ich stets aufs neue das Leben eines wertvollen Mannes aufs Spiel setze, als sei er einer meiner gröbsten Rekruten?«
    Ich breitete meine Hände aus. »Ich habe keine weiteren Erfindungen mehr anzubieten. Befiehl mir, was immer du willst.«
    Er sprach eher mit sich selbst als mit mir, als er sagte:
    »Ein Historiker hat einmal bemerkt, daß der mazedonische General Parmenio viele seiner Siege ohne Alexander den Großen errang; Alexander der Große hingegen siegte nicht ein einziges Mal ohne Parmenio.« Dann sagte er zu mir:
    »Ich habe im Augenblick nur einen einzigen Marschall; den Saio Soas, der dieses Amt schon unter meinem Vater
    innehatte. Ich hätte gerne, daß du mein zweiter Marschall wirst.«
    »Theoderich, ich weiß nicht einmal, was ein Marschall zu tun hat.«
    »Der Marschall eines Königs war ursprünglich der
    Betreuer der königlichen Pferde. Heutzutage hat er ganz andere und weit wichtigere Aufgaben. Er ist der Gesandte eines Königs und überbringt dessen abwesenden Armeen
    oder hohen Offizieren die Befehle und Botschaften seines Monarchen. Er ist mehr als ein bloßer Kurier, denn ein Marschall spricht im Namen des Königs und daher auch mit dessen Autorität. Es ist ein sehr verantwortungsvolles Amt, da der Marschall sozusagen der verlängerte Arm des Königs selbst ist.«
    Ich starrte ihn ungläubig an. Was ich soeben gehört hatte, war schwindelerregend und auch etwas beängstigend. Bei Tagesanbruch war ich noch ein gewöhnlicher Krieger
    gewesen. Selbst wenn ich an diesem Tag Veleda, mein
    anderes Selbst, verkörpert hätte, wäre eine
    Soldatenlaufbahn nichts allzu Ungewöhnliches gewesen.
    Nicht nur die Amazonen, sondern auch andere Heldinnen
    der Geschichte haben ja bekanntlich wie Männer gekämpft und sogar hohe militärische Titel erworben. Doch mir wurde nun am Ende dieses Tages nicht nur eine Beförderung,
    sondern beinahe schon eine Art Krönung angeboten: meine Ernennung zum Höfling eines Königs. Theoderich ging
    davon aus, daß ich wie er ein Mann sei. Ich war mir ziemlich sicher, daß noch nie ein Mannamawi zum Marschall eines Königs ernannt worden war, und ich bezweifelte auch, daß jemals eine Frau ein solches Amt bekleidet hatte.
    Theoderich schien mein Zögern als ein Zeichen der
    Ablehnung auszulegen und fügte daher noch hinzu: »Als
    Marschall ist man gleichzeitig auch Herzog. Das ist ein sehr edler Titel.«
    Sein letzter Satz versetzte mich in noch größere
    Aufregung. Ein gotischer Herzog hatte den gleichen Rang wie ein römischer Herzog, der in der Hierarchie Roms an fünfzehnter Stelle stand. Nur der Kaiser, ein König, ein Fürst und ein Comes waren ranghöher als ein Dux. Ich wußte
    genau, daß es noch nie eine Frau dieses Ranges gegeben hatte. Selbst wenn ein Dux heiratete, ging sein Titel nicht auf seine Ehefrau über. Natürlich wurde ich durch Theoderichs Angebot kein römischer Dux, doch war es alles andere als eine Kleinigkeit, zu einem gotischen Herzog und zum
    Marschall König Theoderichs ernannt zu werden.
    Ich überlegte kurz, ob ich Theoderich offen gestehen
    sollte, daß ich Mannamawi war, bevor wir dieses neue
    Bündnis schlössen, entschied mich dann aber doch
    dagegen. Ich hatte bis jetzt als Waldmann, als Clarissimus, als Bogenschütze und als Schwertkämpfer glaubwürdige, ja sogar löbliche Arbeit geleistet und würde mich als Marschall und Herzog bemühen, das gleiche zu tun. Vorausgesetzt, daß ich diesen Posten nicht verlor, weil ich ihm nicht gewachsen war, und daß es nicht herauskam, daß ich
    Mannamawi war, dann konnte

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