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Der Greif

Der Greif

Titel: Der Greif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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hatten, fanden wir einen freien Platz auf dem Straßenpflaster. Dort ließ Theoderich sich nieder und aß ebenso unköniglich und heißhungrig wie ich oder jeder andere einfache Krieger oder Strolch, der an diesem Fest teilnahm.
    Als wir unseren Hunger und unseren Durst einigermaßen
    gestillt hatten, fragte ich Theoderich: »Und was geschieht jetzt?«
    »Nichts, hoffe ich; zumindest nicht hier und jetzt. Die Bewohner des oberen Stadtteils von Singidunum freuen sich über unsere Anwesenheit auch nicht mehr als über die der Sarmaten. Im großen und ganzen hatten sie jedoch keine allzu großen Unannehmlichkeiten zu erdulden. Die
    Sarmaten hatten keine Gelegenheit, irgendwelche Beute
    wegzuschleppen, und ich habe meinen eigenen Männern
    verboten, zu plündern oder über Frauen herzufallen. Sie sollen, wenn sie können, ihre eigenen Auroras finden. Ich möchte, daß die Stadt unversehrt bleibt, denn sonst ist sie als Unterpfand in meinem Handel mit dem Reich wertlos.«
    »Du mußt die Stadt also eine Zeitlang besetzt halten.«
    »Ja, und zwar mit nur ungefähr dreitausend voll
    einsatzfähigen Kriegern. In Altdakien nördlich der Donau befinden sich noch weitere Truppen Babais; und außer den Sarmaten halten sich dort auch noch deren Verbündete, die Skiren, auf. Da jedoch die sarmatischen Truppen, die
    Singidunum eroberten, von Babai selbst angeführt wurden und der Sarmatenkönig anschließend in der Stadt blieb, sind seine dortigen Truppen ohne Anführer und wissen nicht was sie tun sollen. Solange kein Spion ihnen meldet, daß die Stadt gefallen und Babai tot ist, werden sie kaum einen massiven Gegenangriff starten.«
    »Aber sie warten doch sicherlich darauf, daß ihnen Babai von hier aus irgendwelche Befehle gibt«, sagte ich. »Es war ja schließlich kein Geheimnis, daß die Stadt, in der sich der Sarmatenkönig niedergelassen hatte, belagert wurde.«
    »Das ist richtig. Ich habe deshalb bereits Wachen
    aufgestellt, die verhindern sollen, daß irgendwelche
    verräterischen oder verärgerten Stadtbewohner sich über die Donau zu den Sarmaten schleichen, um ihnen Bericht zu
    erstatten. Die Hälfte meiner Männer wird als Garnison in der Stadt bleiben, die Verwundeten versorgen und die Tore
    wieder reparieren. Währenddessen werde ich mit dem Rest meiner Krieger wieder Spähtrupps bilden und zu Pferd die Umgebung erkunden, denn wir müssen alle Sarmaten vor
    der Stadt abfangen, damit sie den Fall Singidunums nicht an ihre Leute weitermelden können. Ich habe auch schon
    Botschafter nach Südosten losgeschickt. Sie sollen meine Versorgungskolonne zur Eile antreiben und noch mehr
    Verstärkung holen.«
    »Und was für einen Posten hast du mir zugedacht?« fragte ich. »Soll ich Wache stehen, bei der Garnison bleiben, oder würdest du mich lieber als Botschafter oder Späher
    losschicken?«
    »Du bist wohl ganz versessen darauf zu kämpfen, wie?
    Betrachte dich weiterhin einfach nur als einen Krieger meines Volkes. Einverstanden?«
    »Was heißt hier›nur ein Krieger!‹protestierte ich. »Ich bin durch halb Europa gereist und habe hart an mir gearbeitet, um genau das zu werden. Nur darauf habe ich mich so
    lange vorbereitet. Und du warst es, der mich bereits in Vindobona dazu aufforderte, hierher zu kommen und ein
    Krieger der Ostgoten zu werden. Bist denn nicht auch du ein Krieger?«
    »Nun, ich bin außerdem auch noch der Feldherr aller
    ostgotischen Krieger sowie der König meines Volkes. Ich muß entscheiden, wie diese Krieger zum besten Nutzen
    meines Volkes eingesetzt werden.«
    »Eben deshalb bat ich dich, mir einen Posten
    zuzuweisen.«
    »Jesus, Thorn! Ich habe dir schon vor längerer Zeit
    gesagt, daß du nicht so ergeben sein sollst. Und wenn du den Bescheidenen nur spielst, dann werde ich dich so
    behandeln, wie so ein elender Heuchler es verdient. Ich werde dich dem Koch eines Küchenzeltes als Küchenjunge zuteilen. Dort bist du dann so weit weg von den kämpfenden Truppen, daß du gar nicht erst auf irgendeinen Kampf zu hoffen brauchst.«
    »Gudisks Himins, bloß das nicht!« sagte ich, obwohl ich wußte, daß er nur scherzte. »Ich habe zwar vor ein paar Jahren als Küchenjunge angefangen, aber ich will doch
    hoffen, daß sich mein Schicksal inzwischen zum Besseren gewendet hat.«
    »Väi, jeder Bauer kann lernen, wie man ein Schwert, eine Lanze oder einen Bogen handhabt. Jeder einigermaßen
    intelligente und geschickte Bauer kann irgendwann ein
    Dekurio, ein Signifer, ein Optio oder was auch

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