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Der Greif

Der Greif

Titel: Der Greif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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Erforschung
    durchzuspielen. Zu meiner großen Freude stellte ich auch fest, daß die Arten, auf die eine Frau Vergnügen bereiten und empfangen kann, zwar physisch begrenzt sind, daß
    jedoch all die Lustgefühle, die eine Frau zu empfinden und auszulösen vermag, wirklich äußerst vielfältig und
    beglückend sind. Als ich mich dann in der folgenden Nacht in Veleda verwandelte und einen gutaussehenden, jungen Handlungsreisenden, den ich auf dem Marktplatz getroffen hatte, nach Novae in mein Haus mitnahm, machte ich
    hocherfreut die Erfahrung, daß sich über die Vereinigung mit einem männlichen Liebhaber genau dasselbe sagen läßt.
    Fünf oder sechs Tage später saß ich unweit des Dorfes
    Romula in voller Rüstung und mit allen Waffen auf meinem gesattelten Velox. Prinz Frido saß unbewaffnet und ohne Rüstung auf seinem kastanienbraunen Wallach neben mir, und ein Stück hinter uns wartete ein stattlicher Teil von Theuderichs Truppen. Vor uns lag ein schmaler, flacher Fluß, auf dessen anderem Ufer in einiger Entfernung
    Strabos Truppen ebenfalls warteten. Sie schauten wie wir gespannt zu einer kleinen, kahlen Insel in der Mitte des Flusses hinüber, denn Strabo hatte gefordert, daß die von Theoderich vorgeschlagene Unterredung dort stattfinden solle. Von den acht Mann, die sich nun auf der Insel
    befanden, waren nur sieben zu sehen.
    Von unserer Seite waren König Theoderich und Saio Soas durch das flache Wasser hinübergeritten. Von der anderen Seite hatte sich nur König Fewa zu Pferd zur Insel begeben.
    Strabo war dagegen von vier Trägern in einer mit Vorhängen versehenen Sänfte zur Insel getragen worden. Es war klar, warum der Schweinemann darauf bestanden hatte, daß das Treffen auf dieser kleinen Insel stattfinden sollte. Er wollte sowohl von seinen wie auch von unseren Männern möglichst nicht gesehen werden, denn er konnte nicht mehr von sich zeigen als seinen durch die Vorhänge der Sänfte
    gestreckten Kopf, und vom Oberbefehlshaber einer Armee wurde im allgemeinen natürlich ein würdevolleres Auftreten erwartet.
    Ich lehnte mich zu Frido hinüber und fragte ihn: »Erkennst du deinen Vater dort drüben?«
    »Ja, ja!« rief er und hüpfte glücklich in seinem Sattel auf und ab.
    Ich ermahnte ihn hastig: »Nein, wink ihm jetzt noch nicht zu und ruf auch nichts hinüber. Du wirst bald bei ihm sein.
    Im Augenblick müssen wir uns jedoch ebenso still verhalten wie alle andern.«
    Der Junge sank gehorsam in seinen Sattel zurück, sah
    jedoch leicht verwirrt aus. Er wirkte seit unserer Ankunft in Novae schon die ganze Zeit etwas verstört, und das war ja auch nicht verwunderlich, denn weder ich noch meine
    Dienerschaft hatten Frido bisher mitgeteilt, daß ich der Marschall und er die Geisel Theoderich Amalings war. Ich war zusammen mit Frido weit hinter den in Kolonnen
    aufmarschierenden Hundertschaften Theoderichs nach
    Romula geritten; Frido wußte also nicht einmal, daß er mit der Armee hierhergekommen war, die seinem Vater feindlich gegenüberstand. Er hatte in diesem Augenblick nicht die geringste Ahnung, weshalb und worüber die Männer dort
    drüben auf der Insel verhandelten, und er wußte auch nicht, wer von ihnen auf welcher Seite war.
    Die in Schlachtordnung aufgestellten Krieger beider
    Armeen verhielten sich ganz still und achteten sorgsam darauf, daß ihre Pferde möglichst nicht wieherten, ihre Waffen nicht klirrten und ihre Rüstungen nicht knarrten. Wie wir lauschten auch sie angestrengt dem Wortwechsel
    zwischen Theoderich und Strabo. Besonders Strabos laute, grobe und heisere Stimme, an die ich mich noch gut
    erinnern konnte, war recht deutlich zu hören. Er wollte offensichtlich seine Truppen anfeuern und unsere
    entmutigen, indem er Theoderich Anschuldigungen und
    Schmähungen entgegengrölte, die für die Ohren aller
    Anwesenden bestimmt waren.
    »Abtrünniger Vetter! Verfluchter Amaling! Du hast aus den einst so stolzen Ostgoten Speichellecker gemacht! Unter deinem schlaffen Banner sind sie nur noch armselige
    Abbilder der Römer! Sie kriechen vor Kaiser Zeno und
    tauschen ihre Unabhängigkeit gegen ein paar Krümel vom kaiserlichen Tisch ein!«
    Frido lehnte sich zu mir herüber und flüsterte mir eine Frage zu: »Der Mann in der Kiste, der da so schreit, ist das Triarius, der Verbündete meines Vaters?« Ich nickte, und der Junge sank wieder in den Sattel zurück; er sah nun zwar etwas weniger verwirrt aus, schien jedoch über den neuen Bundesgenossen, den König Fewa sich da

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