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Der Greif

Der Greif

Titel: Der Greif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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greifen. Und empfehlt ihm, seinen Verbündeten König Fewa zu dieser Unterredung mitzubringen. Während Ihr all diese Vorkehrungen trefft, werde ich mich mit meinen Marschallen Soas und Thorn in der Nähe von Romula
    aufhalten. Begebt Euch nun zu Euren Truppen. Habai ita swe!«
    Sie grüßten zackig und gingen hinaus. Dann wandte
    Theoderich sich an mich: »Ich werde dich jetzt nicht länger aufhalten, Thorn. Du sehnst dich sicher schon nach einem Bad in einer heißen Therme und nach frischen Kleidern. Ich brenne jedoch darauf, zu hören, was deine historischen Nachforschungen ergeben haben. Komm heute abend zum
    Essen herüber, dann können wir uns ausführlich und in aller Ruhe unterhalten. Wenn du möchtest, kannst du auch Prinz Frido mitbringen.«
    »Ne, wir dürfen den Jungen nicht verwirren. Er glaubt
    doch, daß ich zu Theoderich Strabo gehe. Und du müßtest deine Augen schon gewaltig verdrehen, wenn er dich für den schielenden Theoderich halten soll. Frido fühlt sich auf meinem Landsitz sehr wohl. Er wird von meiner Dienerschaft bestens betreut und bewacht. Wenn du nichts dagegen hast, dann werde ich ihn dort wohnen lassen, bis wir nach Romula reiten.«
    Ich kehrte also zu meinem Landsitz zurück und verbrachte den Rest des Tages genüßlich in einem dampfendheißen
    Bad; danach zog ich Thorns beste Kleider an und machte mich auf den Weg zum Palast. Unterwegs hielt ich kurz vor meinem Haus in Novae an, um nachzusehen, ob dort noch
    alles in Ordnung war, und um Veledas Sachen, die ich nun schon über den ganzen Kontinent geschleppt hatte, dort zu verstauen.
    Im Speisesaal des Palastes schilderte ich Theoderich bei einem köstlichen Essen und vielen Bechern
    ausgezeichneten Weines, was ich alles erlebt hatte, seit ich von ihm auf Reisen geschickt worden war, um die
    Geschichte der Goten zu erforschen und niederzuschreiben.
    Ich erzählte ihm die volle Wahrheit, auch wenn meine
    Darstellung möglicherweise in vieler Hinsicht den alten Liedern oder anderen in Ehren gehaltenen Mythen,
    Legenden und Fabeln widersprach. Um zu vermeiden, daß
    er mich nach unangenehmen Einzelheiten fragte, vertuschte ich allerdings die wahren Gründe für das unerwartete
    Auftauchen eines gewissen Thor, der mir aus dem Land der Westgoten nachgeschickt worden war, um mich auf meiner Mission zu begleiten. Ich beschönigte auch die Umstände, unter denen dieser Thor und die einstige Zofe Swanilda in meinem Beisein »auf tragische Weise ums Leben kamen«.
    Ich erzählte Theoderich von all den Menschen, die mir
    unterwegs begegnet waren, nannte ihm die Namen fremder Völker und schilderte ihm viele merkwürdige Sitten und Gebräuche. Ich erzählte ihm nicht nur fast alles, was ich mit eigenen Augen gesehen hatte, sondern auch vieles, was ich nur gehört hatte.
    Es war schon sehr spät, als ich mich von Theoderich
    verabschiedete, um zu meinem Landsitz zurückzukehren.
    Wir hatten vereinbart, daß ich dort warten würde, bis er mich und Frido rufen ließ, um mit ihm zusammen zu Strabo zu reiten. Ich hätte auch im Palast bleiben können, zog es jedoch vor, unter meinem eigenen Dach zu übernachten,
    denn während ich mich bemüht hatte, möglichst viel über die Goten herauszufinden, waren ein paar ganz persönliche
    Fragen unbeantwortet geblieben. Seit jener Nacht, in der ich den Waliskarja davongeritten war und die Überreste meines Mannamawi-Liebhabers bei ihnen zurückgelassen hatte, war mir des öfteren die Frage durch den Kopf gegangen, ob ich in den Armen einer ganz gewöhnlichen Frau oder eines
    ganz gewöhnlichen Mannes wohl je die Erfüllung finden
    würde, die Thor-Genoveva mir gegeben hatte. In dieser
    ersten Nacht zu Hause wollte ich mit Hilfe einer meiner Sklavenfrauen zumindest versuchen, den ersten Teil dieser Frage zu beantworten.
    Als ich kurze Zeit später erfuhr, daß das blonde
    Schwedenmädchen Renata während meiner langen
    Abwesenheit einen meiner jungen Sklaven geheiratet hatte, sah ich wohlwollend davon ab, von meinen
    Eigentumsrechten an ihr Gebrauch zu machen, und
    bediente mich stattdessen der dunkelhaarigen Alanenfrau Naranj. Ihr Mann beaufsichtigte meine Mühle und war schon immer stolz darauf gewesen, daß sein Herr sich gelegentlich seine Frau auslieh. Naranj war mit ganzem Herzen bei der Sache und verhalf mir dadurch zu der freudigen Erkenntnis, daß es gar nicht unbedingt notwendig ist, zur gleichen Zeit und im gleichen Bett alle nur erdenklichen Varianten der Umarmung, Paarung und gegenseitigen

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