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Der Greif

Der Greif

Titel: Der Greif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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als wir in deren stinkende Außenbezirke
    einmarschierten. Weil die Bürger einer Stadt nicht so ohne weiteres in der Lage sind, ihre Besitztümer zu nehmen und zu fliehen, waren die Vorratslager der Stadt gut gefüllt. Es gab nicht nur Schweinefleisch, sondern auch Korn, Wein, Öl, Käse und vieles andere mehr - genug, um unser Heer
    bequem über den Winter zu bringen, und wir
    beschlagnahmten alles. Allerdings hielt uns Sirmiums
    einzige Verteidigungswaffe, der faule Gestank, von der Stadt fern, und wir besetzten und verwüsteten nichts, brachten keine Truppen in den Häusern unter und belästigten auch die Bevölkerung nicht, sondern schlugen unser Winterlager absichtlich in einiger Entfernung von der Stadt und gegen den Wind auf.
    Auch mußten wir uns ohne die trefflichen Zerstreuungen zufrieden geben, deren Komfort wir in Singidunum genossen hatten. Das heißt, daß Sirmium noch lange, nachdem wir jede Sau in den Viehhöfen der Stadt und jeden Rest
    konservierten Fleisches in den Speichern gegessen hatten, immer noch nach Schweineställen und Fleischabfällen
    stank. Selbst die Badestuben und Huren rochen so streng, daß man sich ihnen nicht nähern wollte. Keiner von uns -
    Prinz Frido und mich eingeschlossen verspürte den Wunsch, in die Stadt zu gehen. Und so kam es, daß unsere Männer den ganzen Winter über gewissenhaft auf ihren Posten
    blieben und in der frischen Luft des Lagers ihren
    militärischen Pflichten nachgingen.
    3
    Mit dem linden Wetter des Vorfrühlings nahmen wir
    unseren Marsch gen Westen wieder auf. Doch es ging nicht so einfach voran, wie wir es uns vorgestellt hatten. Ungefähr sechzig Meilen stromaufwärts von Sirmium, an einem Ort namens Vadum, wurden wir von einer feindlichen Schar aus dem Hinterhalt überfallen. Vadum ist keine Stadt oder
    Ansiedlung. Der Name bezeichnet nur eine Furt, da an
    dieser Stelle die Straße vom hügeligen Nordufer der Save zum flacheren kreuzt. Es lag auf der Hand, daß unser
    großes Heergefolge, die Pferde und Karren, die schwerfällig über die Furt rumpelten - noch dazu in so kaltem Wasser, daß Pferde wie Reiter gleichermaßen davor
    zurückschreckten - ein leichtes Angriffsziel bot.
    Ich nahm an jenem Tag nicht am Kampf teil, denn ich
    befand mich gerade mitten im Fluß, als die Schlacht
    entbrannte, doch Theoderich und Ibba waren schon am
    gegenüberliegenden Ufer angekommen, und sie sammelten
    schnell ihre Männer um sich. Wir Ostgoten waren wegen
    unserer nassen Rüstungen und den von der Kälte erstarrten Gliedern benachteiligt, aber trotzdem waren wir den
    angreifenden Gepiden unter König Thraustila zahlenmäßig so überlegen, daß wir sie leicht abwehrten und
    zurückdrängten. Die Schlacht war schnell vorüber, und auf jeder Seite waren ungefähr einhundert Männer verletzt oder tot und eine größere Anzahl Pferde verendet. Als die
    überlebenden Gepiden zusammengetrieben, entwaffnet und gefangengenommen waren, erfuhren wir, warum wir von
    unseren gotischen Kameraden angegriffen worden waren.
    Die Gefangenen berichteten, daß König Thraustila nach
    Höherem strebte. Er hätte sich zwar wie König Feletheus mit Theoderich verbünden können, doch hatte er angenommen, daß kein barbarisches Heer es schaffen würde, über die Ewige Stadt Rom und Odoakers Legionen die Oberhand zu
    gewinnen. So schlug er sich auf die Seite desjenigen, der seiner Meinung nach als Sieger hervorgehen würde. Ihm
    war zwar klar, daß er uns nicht schlagen konnte, aber
    vielleicht hoffte er, unser Heer zu dezimieren oder zumindest unseren Weitermarsch zu behindern, dadurch Odoakers
    Gunst zu gewinnen und einige der Früchte zu ernten, die Odoakers Sieg über unsere Armee mit sich bringen würde.
    Selbst wenn sich herausgestellt hätte, daß König Thraustila richtig kombinierte und entschied, hätte er nichts davon gehabt, denn er war einer von zwei Königen, die in der Schlacht zu Vadum den Tod fanden. Das andere Opfer war der zwar eingebildete, doch unbestreitbar tapfere rugische Feletheus.
    Theoderich hätte die überlebenden Gepiden auffordern
    können, sich seinem Heer anzuschließen. Das war üblich -
    und außerordentlich praktisch - nach Schlachten, die sich Barbaren lieferten. In diesem Fall jedoch bot Theoderich diese Möglichkeit nicht an, weil die Gepiden versucht hatten, ihn von einem Ziel abzuhalten, von dem ihr eigenes Volk ebenso reichlich profitiert hätte wie alle anderen Goten.
    Theoderich ließ die Gefangenen einfach frei und forderte sie auf,

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