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Der Greif

Der Greif

Titel: Der Greif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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ich Euch bei Licht erkennen?«
    Endlich nahm er die Lanze weg und stand aufrecht, doch in der Dunkelheit sah ich nur einen Schatten. Er seufzte und sagte: »Mein Name ist Tulum. Ihr hattet bislang noch keinen Grund, von mir Notiz zu nehmen. Ich war Signifer der dritten Schwadron der Hundertschaft der Reiter Brunjos.
    Theoderich kommandierte unsere Hundertschaft in
    Concordia ab und schickte uns als Kundschafter gen Süden.
    Als wir in Bononia ankamen, postierte Brunjo einige von uns, auch mich, als Späher in unterschiedlichen Entfernungen außerhalb der Stadt.«
    »Ach«, rief ich erleichtert. »Ihr seid dem Tod entronnen!«
    Fast bedauernd seufzte er wieder und fuhr fort: »Als auf meinem Posten nichts Interessantes geschah, ritt ich in die Stadt, um meinem Zenturio Bericht zu erstatten. Ich fand ihn nicht, und die Bürger der Stadt sprachen davon, daß Römer im Eilmarsch durchgezogen seien, mit einer Menge
    barbarischer Gefangener. Ihr wißt, was ich vorfand, als ich Brunjo folgte und schließlich an das Stoppelfeld östlich der Stadt kam...«
    »Und dort seid Ihr auch auf mich gestoßen.«
    »Ja. Auf den einzigen der Barbaren, der noch am Leben
    war. Der die römischen Totengräber beobachtete und sich offensichtlich ruhig mit ihnen unterhielt. Saio Thorn, ich werde mich nicht dafür entschuldigen, daß ich Verdacht schöpfte.«
    »Ihr braucht Euch nicht zu entschuldigen, Signifer Tulum.
    Es gab tatsächlich genug Verrat.«
    »Als Ihr Euch wie die römischen Kolonnen nach Süden
    begeben habt, sah ich meinen Argwohn bestätigt, daß Ihr schon lange und heimlich mit dem Feind kollaboriert. Ich folgte Euch die ganze Nacht in einiger Entfernung und rückte immer näher, bis wir das Sumpfland so weit überquert
    hatten, daß ich erwartete, jeden Augenblick von Wachen eingeschlossen zu werden. Ich nahm an, daß sie Euch
    willkommen heißen würden, nicht aber mich, und ich wollte es mir nicht entgehen lassen, einen Verräter umzubringen.«
    Er stieß ein verlegenes Lachen aus. »Jetzt kann ich es Euch ja sagen. Hättet Ihr, nachdem die Lichter ausgegangen
    waren, Euren Weg wieder aufgenommen und nur einen
    weiteren Schritt in Richtung Ravenna getan, ich hätte Euch aufgespießt. Doch Ihr habt gewendet und seid
    zurückgekommen. Das hat mich irritiert. Ich beschloß, Euch Gelegenheit zur Rechtfertigung zu geben. Jetzt bin ich froh, daß ich das tat.«
    »Ich allerdings auch. Thags izvis, Tulum. Kommt, der Tag bricht bald an. Wir sollten zur Hauptstraße zurückeilen. Es ist viel geschehen, seit Ihr in den Süden gekommen seid.
    Zunächst einmal wird es Euch freuen, daß zumindest ein weiterer Soldat Eurer Hundertschaft überlebte. Brunjo
    schickte einen Boten mit Namen Witigis aus, um Theoderich Bericht zu erstatten. Deshalb bin ich hier. Ich sollte hinzufügen, daß es Witigis nicht gefallen hat, verschont geblieben zu sein.«
    »Das glaube ich Euch. Ich kenne Witigis.«
    »Nun sagt: Wie viele Wachen waren außer Euch unweit
    von Bononia postiert? Wie viele hat Brunjo nicht mehr
    auflesen können, bevor er die römischen Kolonnen angriff?«
    »Ich weiß nur, daß vor mir drei weitere postiert wurden.«
    »Hoffentlich sind sie noch auf ihrem Posten oder irgendwie auffindbar. Ich habe Arbeit für sie. Ich plane, nach Bononia zu reiten und dort zu verschwinden. Ihr werdet die Stadt in weitem Abstand umkreisen. Versucht, alle überlebenden
    Kundschafter zu finden, und sagt ihnen, sie sollen mich aufsuchen. Dann reitet Ihr in gestrecktem Galopp nach
    Norden. In Verona berichtet Ihr Herduich - oder irgendeinem anderen Offizier, den Ihr vorher trefft -, was hier passiert ist und was ich vorhabe. Vergewissert Euch, daß Theoderich diese Nachricht erhält, damit er weiß, warum ich nicht zurückkomme. Es kann lange dauern, bis sich die
    Gelegenheit ergibt, Tufa niederzustrecken. Sobald Ihr
    Bericht erstattet habt, nun... Ihr habt viel von unserem Krieg verpaßt, Tulum. Geht und schließt Euch der Schlacht am Addua an, oder wo immer sie auch stattfindet.«
    »Gern, Saio Thorn. Doch wie sollen Euch die Männer in
    Bononia finden, wenn Ihr vorhabt zu verschwinden?«
    »Ich werde jemanden an meiner Stelle schicken. Wenn ich mich richtig erinnere, befindet sich auf dem Marktplatz der Stadt ein Brunnen. Im dortigen Gedränge werden Fremde
    nicht weiter auffallen. Die Soldaten sollen ihre Rüstungen und Waffen ablegen und verstecken. In Straßenkleidern
    sollen sie sich - wenn nötig tagelang - am Brunnen
    aufhalten, bis sie von

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