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Der Greif

Der Greif

Titel: Der Greif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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Ecken neue und imposante Bauwerke in die Höhe. Besonders ins Auge stachen Theoderichs Palast und die arianische Kirche, die Theoderich Bischof Neon versprochen hatte, obwohl dieser verdiente Mann schon vor längerer Zeit gestorben war.
    Das umfassendste, großartigste Projekt aber, das in
    Angriff genommen worden war, war jenes, das die Stadt
    wirklich bewohnbar machen würde: die Trockenlegung des stinkenden Krankheitsherdes der Sümpfe. Tausende von
    Männern und Hunderte von Ochsen häuften Raine auf und
    gruben Furchen in das flache Feuchtgebiet, in denen das Wasser aufgefangen und über tiefer liegende Gräben in
    dauerhafte Kanäle aus Stein und Eisenstein geleitet werden sollte, die sich schließlich ins Meer ergießen würden. Das war keine Arbeit, die in ein paar Jahren erledigt sein würde.
    Noch immer wird daran gearbeitet, und daran wird sich wohl auch noch einige Jahrzehnte nichts ändern. Aber kaum
    hatten sich die ersten Ausgräber an die Arbeit gemacht, floß in den zahllosen Kanälen von Ravenna Wasser, das fast so klar und geruchlos war wie jenes, das sich aus den Brunnen und Fontänen ergoß.
    Boethius, der junge Magister officiorum, führte mich durch die Stadt und zeigte mir alle Neuerungen. Eine seiner
    Pflichten bestand darin, spezialisierte Arbeiter wie
    Architekten, Feuerwerker oder Bildhauer oft von weit her anzuwerben.
    »Und das«, stolz deutete er auf ein großartiges Bauwerk, an dem noch gearbeitet wurde, »wird Theoderichs
    Mausoleum sein. Möge das Schicksal geben, daß es noch
    viele Jahre dauern wird, bevor es gebraucht wird.«
    Das massive, unerschütterlich wirkende Gebäude bestand aus Marmorblöcken. Das zweistöckige Äußere war
    zehneckig, aber der geräumige Innenraum war rund und
    sollte noch eine Kuppel aufgesetzt bekommen.
    »Keine normale Kuppel«, sagte Boethius. »Ein einziges, massives Stück Marmor, von Bildhauern abgerundet. Dort drüben liegt es. Dieser enorme Fels kam aus den
    Steinbrüchen von Istrien. Wenn man ihn wiegen könnte,
    würde man herausfinden, daß er mehr als sechshundert
    Libramenta wiegt. Welch ein phantastisches Unternehmen, diesen Stein hierher zu schaffen!«
    »Darunter wird Theoderich sicher ruhen«, sagte ich, »und genügend Platz finden, um sich im Schlaf zu recken und zu strecken.«
    »Er hat nicht vor, dort alleine zu ruhen«, entgegnete
    Boethius. »Seinem Willen nach soll das die letzte Ruhestätte aller seiner Nachfahren sein. Doch gerade eben erst hat Audefleda einem Kind das Leben geschenkt. Habt Ihr es
    schon gehört? Ja, eine Tochter. Wenn die Königin ihm nicht bald ein paar Söhne gebiert, werden nur Abkömmlinge der mütterlichen Linie oder von einer Seitenlinie neben ihm aufgebahrt liegen.«
    Doch das schien Theoderich wenig zu kümmern. Er war
    bestens gelaunt, als ich mit ihm speiste und von meinen letzten Reisen und Erlebnissen berichtete.
    »Und, Thorn, bist du wieder auf dem Weg zurück nach
    Rom? Du könntest ein Mandat von mir überbringen. Wußtest du schon, während deiner Abwesenheit war ich selbst
    einmal dort.«
    Boethius hatte mir bereits davon berichtet. Theoderich war ein triumphaler Empfang bereitet worden, ein rauschender Umzug. Er war mit ausgefallenen Spielen unterhalten
    worden - Wagenrennen im Circus, Kämpfe von Menschen
    gegen wilde Bestien im Kolosseum, Vorführungen im
    Marcellianischen Theater, Festlichkeiten und Convivas in den vornehmsten Häusern. Der Senat hatte ihn eingeladen, vor dem versammelten Haus zu sprechen. Am Ende seiner
    Rede waren alle Senatoren aufgesprungen und hatten ihn laut gepriesen.
    »Vor allem aber«, sagte er, »sah ich mit eigenen Augen die langsam voranschleichende Zerstörung der Stadt, die bereits dir so unangenehm aufgefallen war. Nun, ich habe angeordnet, daß jede nur mögliche Maßnahme ergriffen
    wird, um die Entweihung dieser künstlerischen und
    architektonischen Schätze zu verhindern. Dafür stelle ich Rom jährlich zweihundert Librae Gold zur Verfügung, die nur für die Erhaltung und Instandsetzung von Gebäuden,
    Monumenten, Mauern und dergleichen verwendet werden
    dürfen.«
    »Ich beglückwünsche dich zu deiner Entscheidung«, sagte ich, »aber kann die Schatzkammer eine solche Ausgabe
    verkraften?«
    »Nun, unser geiziger Comes Cassiodor zog ein Gesicht.
    Aber er hat eine Steuer auf importierten Wein erlassen. Das sollte genügen.«
    »Dann beglückwünsche ich ihn ebenfalls. Du hast ein
    Mandat erwähnt. Hat es mit dieser Sache zu tun?«
    »Ja, ich muß

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