Der Greifenmagier 2 - Land des Feuers
Fähigkeiten. Ich bin bereit, gegenüber einem solchen Menschen Großmut zu zeigen, falls er mir treue Dienste leistet.«
Gerent, der als Reaktion auf das Geschehene immer noch zitterte, musste ein erstaunliches und sehr unkluges Bedürfnis unterdrücken, zu lachen oder zu fluchen oder zu weinen – oder vielleicht alles zugleich zu tun. Er hatte nicht das Recht, von seinem Meister irgendeine Antwort oder Rechtfertigung zu verlangen oder auch nur zu erbitten. Also presste er die Zähne zusammen, schluckte alle Fragen herunter und senkte den Kopf.
»Das Fluchgelübde erzwingt Gehorsam«, murmelte der Magier des Arobarn. »Hingebungsvolle Befähigung ist hingegen schwerer zu erzwingen. Wie du besser weißt als die meisten Menschen, denke ich mir, Gerent Ensiken.« Er schwieg kurz, bevor er mit sanfter Stimme befahl: »Sieh mich an.«
Gerent blieb nichts anderes übrig, als ihm in die Augen zu blicken, wenn er es auch mit Bangigkeit tat. Diesmal zeitigte der Blick der eisblassen Augen des Magiers jedoch keine Wirkung. Die Miene des Magiers war, wie Gerent erneut feststellte, völlig undeutbar.
»Falls du mir solche Dienste leistest, bin ich bereit, Großmut zu zeigen«, erklärte Teshrichten erneut.
»Natürlich diene ich meinem Herrn nach bestem Vermögen«, erwiderte Gerent glattzüngig, aber dieser Tonfall gelang ihm nur aufgrund jahrelanger Übung in einem Ton, der nichts verriet.
»Falls du das tust, bin ich bereit, dir die Freiheit zu schenken.« Der Magier wedelte leicht mit der Hand und deutete damit auf die Ringe, die Gerents Knöchel durchbohrten. »Wie es scheint, konntest du dich nicht selbst von ihnen befreien. Mir wäre das leicht möglich. Rechtlich wirft das kein Problem auf. Der Arobarn würde mir deine Freiheit schenken, wenn ich ihn darum bäte ...« Er hielt inne, musterte Gerents Gesicht und zeigte angesichts dessen, was er dort sah, erneut dieses leise, undurchschaubare Lächeln.
Von allem, was der Magier hätte sagen können, war es das, was Gerent am wenigsten erwartet hätte. Für ihn fühlte es sich an, als wäre er mit einem Speer durchbohrt worden – außer, dass er keine Schmerzen hatte. Seltsamerweise erwartete er jedoch beinahe, dass eine ungespürte Wunde Schmerzen ausstrahlte.
»Nun?«, fragte Beguchren Teshrichten schließlich. »Ist das eine Belohnung, die dein Interesse findet?«
»Ihr wisst, dass sie das ist«, flüsterte Gerent. Er wusste nicht, ob er dem Magier glauben sollte. Er wusste jedoch, dass er ihm glauben wollte. »Für die Hoffnung auf diesen Lohn ... werde ich Euch dienen, mein Herr, so gut ich kann.«
Die kleinen, dünnen Lippen verzogen sich zu einer unerwarteten Miene des Humors. »Besser als du deinem vorherigen Meister gedient hast, hoffe ich. Sage mir ... wer hat das Brandmal aus deinem Gesicht entfernt? Oder ein Komplott geschmiedet, um es zu entfernen? Einer deiner Vettern? Ein Freund? Tehre Annachudran? Die Überlegung wurde vorgebracht, obwohl mir das Motiv, das man dafür anführte, dünn erscheint.«
Der überrumpelte Gerent zögerte. Dann antwortete er mit eingeübter Überzeugungskraft: »Ein Mann in Dachseit. Ein Wundarzt, der Fluchgelübde-Magie aus Überzeugung ablehnt und dem ich einen kleinen Dienst erwies. Ich könnte Euch den Namen nennen, den er mir mitteilte, aber ich bezweifle, dass es sein richtiger Name ist.«
Eine kurze Pause trat ein, bevor der Magier des Königs entgegnete: »Gerent, du lügst mich an. Was mich überrascht, ist deine Erwartung, du könntest damit Erfolg haben.«
Gerent hatte im Grunde nicht erwartet, den Magier täuschen zu können. Er hatte jedoch gehofft, dass ihm eine glatte, leidlich glaubhafte Geschichte vielleicht half – zumindest insoweit, dass der Magier der Frage nicht weiter nachging. Als Gerent sah, dass ihn diese Hoffnung getrogen hatte, senkte er den Kopf und schwieg.
»Gerent?«, hakte Beguchren nach, um Geduld bemüht. »Möchtest du nicht die Freiheit erringen? Mit Lügen erreichst du dieses Ziel nicht. Sage mir die Wahrheit.«
»Ich ... Es war ...« Gerent holte Luft. Er setzte erneut an. »Mein Herr, die Wahrheit lautet, dass ich diese Frage nicht beantworten kann. Ich bin bereit, Euch zu dienen, mein Herr – absolut bereit –, aber ich bitte Euch, mir diese Frage nicht zu stellen.«
Der Magier des Königs betrachtete ihn unverwandt. »Aber ich stelle dir diese Frage, Gerent.«
»Mein Herr ...« Gerent versuchte, Luft zu holen und auf unvermittelt tückischem Grund das Gleichgewicht zu
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