Der Greifenmagier 2 - Land des Feuers
des Königspalastes wirkte in diesem goldenen Licht wie aus Honig gegossen; die vergoldeten Dächer der Türme schienen aus Flammen zu bestehen. Es war ein schönes Bild, voller Wärme und Frieden – es mochte vielleicht erstaunlich sein, dass man es im Haus eines Kaltmagiers vorfand.
»Gerent«, sagte Beguchren leise. Seine Stimme war noch immer weich, vermittelte aber trotzdem all die unversöhnliche Kälte, die das Bild von sich wies.
Gerent blickte den Magier unverwandt an, wie er hoffte. Alles hing von den nächsten Augenblicken ab. Falls er den Forderungen des Magiers jetzt nachgab, dann wussten sie beide, dass er vor jeder Drohung kapitulieren würde. Blieb er jedoch standhaft, dann überzeugte er den Magier womöglich, dass man ihn nicht brechen konnte. Eine solche Überzeugung führte vielleicht dazu, dass die Bedingungen dieser neuen Sklaverei eine erträglichere Form annahmen. Falls das überhaupt möglich war. Gerent starrte also den Magier mit kategorischem Trotz an und sagte überhaupt nichts.
Die Haltung gelassener Selbstsicherheit, die der weißhaarige Mann ausstrahlte, war jedoch erschreckend. Beguchren legte sowohl das Eisen als auch die Peitsche auf einen Tisch und baute sich vor Gerent auf. »Ich werde erneut ein Brandmal in dein Gesicht setzen, dir die Peitsche verabreichen und dich nackt an den Fuß des Breiten Hügels schicken. Ich werde dir den Befehl geben, jedem Passanten zu erklären, dass du für Unverschämtheit und Widersetzlichkeit bestraft wirst und dein Meister jeden Passanten dazu einlädt, dich nach eigenem Belieben zu bestrafen.« Der Magier hielt inne. Er fasste mit einer Fingerspitze an das Brandeisen, und der kreisförmige Kopf überzog sich mit Reif und wurde so kalt, dass Rauch aufstieg; es war so erschreckend wie das rote Glühen heißer Kohlen.
»Oder du gehorchst mir einfach«, fuhr Beguchren fort, nachdem er Gerent Zeit gegeben hatte, über die angedrohte Bestrafung nachzudenken. »Leiste meinen Anweisungen Folge, und ich verzeihe dir deine Aufsässigkeit. Diene mir gut, und du erhältst von mir die Freiheit zurück.« Erneut eine Pause. »Nun?«, fragte er schließlich.
Der Breite Hügel umfasste die schlimmsten Bezirke von Breidechboda. Gerent konnte sich gut vorstellen, wie die rohen Bewohner dieser Gegend auf eine solche Aufforderung reagierten. Er wusste, dass er wahrscheinlich blass geworden war. Doch er gestattete sich nicht, seine Miene zu verziehen. In gewisser Hinsicht war er sogar froh über eine solch brutale Drohung, denn er war jetzt viel zu wütend, um sich einfach zu fügen. Mit rauer Stimme antwortete er: »Ihr solltet lieber Bedienstete mitschicken, um zu gewährleisten, dass ich Eure Strafe auch überlebe, Meister. Ich bin sicher, dass wir uns beide die Kreativität von Menschen vorstellen können, die Eure Aufforderung amüsant finden werden.«
Beguchren klang leicht gereizt, als er anhob: »Gerent ...«
Sein Sklave trat vor, packte das Brandeisen am Holzgriff und hielt es seinem Meister hin. »Ihr solltet den Befehl lieber sorgfältig formulieren, wenn Ihr mich zum Breiten Hügel hinabschickt. Oder ich schwöre, dass ich den ersten niedrig geborenen Feigling umbringe, der mich anfasst.«
Stille trat ein. Der Magier traf keinerlei Anstalten, das Brandeisen zu ergreifen.
»Ich habe acht Jahre lang Perech Fellesteden gehört«, fuhr Gerent mit beherrschter Wut fort. »Denkt Ihr, es gäbe irgendeine Entwürdigung, die ich nicht kenne? Macht, was Ihr wollt; ich wurde dazu abgerichtet, Leid zu ertragen, und ich werde nichts verraten.«
Beguchren Teshrichten nahm Gerent das Brandeisen ab und legte es auf den Tisch zurück, wo die bösartige Kälte des eisernen Endes das polierte Holz genau so versengte, wie es Feuer getan hätte. Der Magier entfernte den Schaden am Holz, indem er mit der Fingerspitze darüberstrich. Dann betrachtete er Gerent einen weiteren Augenblick forschend und befahl dann in völlig ausdruckslosem Ton: »Komm mit! Du brauchst dich nicht erst anzuziehen.«
Gerent hätte eigentlich einen Augenblick lang gebraucht, um sich vom Erstaunen darüber zu erholen, dass der Magier scheinbar seine Niederlage eingestand, und um seinem Herrn zu folgen; doch der Zwang des Fluchgelübdes ließ keinerlei Zögern zu.
Diesmal führte der Meister Gerent in einen ausgesprochen schlichten, fensterlosen Raum. Darin befand sich lediglich ein Tisch, der mit den obskuren Utensilien eines Magiers übersät war, und eine schmale Pritsche mit dünner
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