Der Greifenmagier 2 - Land des Feuers
Matratze. Beguchren nahm eine Eisenflasche zur Hand und betrachtete sie nachdenklich. Er schien sich nicht die geringsten Gedanken um Gerent zu machen. Gerent seinerseits stand in der Tür und bemühte sich, keine Spekulationen über die Dinge auf dem Tisch anzustellen oder sich zu fragen, warum eine Pritsche in diesem Zimmer stand.
Beguchren goss eine großzügig bemessene Menge einer blassgrünen Flüssigkeit aus der Flasche in eine Tasse aus Steingut, drehte sich um und reichte sie Gerent. »Trink das!«, befahl er. »Und setz dich dorthin.« Er deutete auf die Pritsche.
Gerent nahm die Tasse entgegen und stürzte die grüne Flüssigkeit herunter wie billiges Bier. Sie schmeckte nach Kräutern und winterlichem Eis, nach frisch gemähtem Heu und Raureif. Kein unangenehmer Geschmack, aber nichts daran war vertraut oder bestimmbar, und von der Flüssigkeit ging eine unangenehme Kühlung von Zunge und Kehle aus. Gerent gab dem Magier die Tasse zurück und setzte sich auf die Pritsche. Er wartete darauf, was nun passieren würde, aber er wollte dem neuen Meister nicht die Befriedigung gönnen zu sehen, dass er verängstigt war.
Ein Schwindelgefühl stieg wie Nebel in Gerent auf, breitete sich vom Bauch in alle Gliedmaßen aus und stieg ihm schließlich zu Kopfe. Er schien das Getränk erneut zu kosten und schluckte schwer gegen einen plötzlichen Schub von Übelkeit an, der aber wenigstens nicht schlimmer wurde. Das Schwindelgefühl hingegen wurde stärker. Er schloss die Augen. Ihm war klar, dass er sich lieber hätte hinlegen sollen, aber er wusste nicht mehr mit Bestimmtheit, wo die Pritsche stand. Er tastete unsicher herum, versuchte die Kanten der Liege zu finden. Die Finger fühlten sich jedoch fern und ... seltsam an, als gehörten sie einem anderen, der weit entfernt war ... Eine kleine, kräftige Hand schloss sich um seinen Arm, und er ließ zu, dass sie ihn nach unten drückte, obwohl er dabei das Gefühl hatte, aufzusteigen und nicht zu fallen. Kalter grüner Nebel durchströmte Gerent und trug seine Gedanken zu den Wolken hinauf ... Ihm war sehr kalt ... Und dann blieb nichts weiter als grüner Nebel.
Kapitel 5
Gerent erwachte in einem großen, wuchtigen Bett mit himmelblauen Vorhängen. Die Matratze war weich. Das fiel ihm als Erstes auf. Die Matratze war weich, und reichlich Daunenkissen waren vorhanden. Die Vorhänge rings um das Bett verliehen dem Licht eine weiche blaue Tönung. Die Zimmerdecke war weiß verputzt. Gerent starrte sie an und versuchte nachzudenken. Der Gesang von Vögeln war vernehmbar, gedämpft von den Vorhängen. Die zarten, fließenden Gesänge von Finken und Spatzen ... Also war es Morgen.
Er fühlte sich ... sehr seltsam. Leicht – auf eine Art, die nichts mit seinem tatsächlichen Gewicht zu tun hatte. Als hätte er in der Nacht eine große Bürde abgelegt. Er konnte sich jedoch an nichts aus dieser Nacht erinnern und wusste nicht, wie er in dieses Zimmer und dieses Bett gelangt war. Er versuchte, weiter zurückzudenken, wusste aber auch nichts mehr vom gestrigen Abend. Jedoch glaubte er nicht, krank gewesen zu sein, jedenfalls nicht so krank, dass er sich nicht mehr an den gestrigen Tag hätte erinnern können. Er betrachtete die Zimmerdecke stirnrunzelnd, stemmte sich in eine sitzende Position hoch und schob die Bettvorhänge auf.
Das Zimmer war ganz elfenbeinfarben und rosa und blau – weiche Farben im weichen Morgenlicht. Ein Gemälde hing an der Wand gegenüber: Der Künstler hatte den Sieben-Söhne-Hügel während der Morgendämmerung im Frühling festgehalten, und zwar von oben betrachtet, als hätte er den Blick eines Finken oder Spatzen eingefangen.
Erinnerungen stiegen wie Nebel in Gerent auf. Ihm stockte der Atem. Er schloss die Augen und drückte sich eine Hand aufs Gesicht, war entsetzt und sehr wütend zugleich. Das ganze Grauen der zurückliegenden Nacht durchströmte ihn völlig unerwartet. Er glaubte, schreien zu können; er glaubte, weinen zu können. Doch er rührte sich nicht, drückte sich nur die Hände auf die Augen und wartete zitternd darauf, dass sich der Sturm legte.
Das tat dieser schließlich. Im Zimmer war es still, vom Gesang der Vögel einmal abgesehen. Gerent hätte genauso gut der einzige Mensch sein können, der in diesem Haus wach war, im gesamten Hofstaat, abgesehen von den Vögeln.
Das Zittern ließ schließlich nach. Gerent packte den Bettpfosten und rappelte sich auf. Er war nackt. Falls des Königs Magier irgendetwas mit ihm
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