DER GREIFENMAGIER: Gesetz der Erde
dann nur darauf warteten, dass er sich in diese Richtung wandte und ihnen direkt in die Hände fiel.
Mit absolut erschreckendem Humor hatte sich Tan sehr geneigt gezeigt, ihnen den Gefallen zu tun. »An dem Tag, an dem ich nicht mehr einen oder zwei billige Spione, Linulariner oder sonstige, überlisten und ihnen entkommen kann, ziehe ich mich aus dem Spiel zurück und werden Rübenbauer«, erklärte er mit, wie Maianthe fand, zu viel Selbstgefälligkeit, als gut für ihn war.
Sie überlegte laut, wie viele dieser billigen Spione vielleicht in Wirklichkeit Linulariner Magier waren, und dämpfte damit Tans gute Laune. Dann fragte sie ihn, wie oft er ihr noch die Mühe bereiten wollte, ihn zu retten, und raubte ihm damit den Rest der guten Laune.
»Du solltest froh sein, mich nach Norden reiten zu sehen«, meinte er. »Ich kann alles überlisten, was mir Istierinan in den Weg stellt, Maia, und dann soll er mal sehen, wie die Kunst seiner Magier gegen die der Magier Tihannads abschneidet. Ich weiß, dass du dich danach sehnst, nach Tiefenau zurückzukehren. Du solltest mich ziehen lassen.«
Maianthe war nicht überzeugt davon, dass ein solcher Fluchtversuch erfolgreich verlaufen würde. Sie fürchtete jedoch auch um Tan, wenn er im Haus ihres Vaters in Kames blieb, umso mehr, als sie beide überzeugt waren, dass Istierinan seinen Aufenthaltsort kannte. Gleichzeitig wusste sie genau, welche unerwartete Richtung sie nehmen konnten, die sie direkt zu einer sicheren Zuflucht leiten würde.
»Der Arobarn steht mit meinem Vetter auf gutem Fuße«, gab sie zu bedenken. »Und wie keck sich Istierinan hier auch immer zeigt, er wird sich in Casmantium weniger gern die Finger verbrennen, denkst du nicht? Du kannst beim Arobarn Zuflucht suchen; ich bin sicher, dass er keine Einwände erheben wird.Und sobald du erst mal sicher vor dem Zugriff Linularinums bist, wird Istierinan sicher seine Leute zurückziehen. Kohorrian wird sich bestimmt sogar bei Iaor für jegliche Missverständnisse entschuldigen.«
Tan starrte sie an. »Manchmal, Maia«, sagte er schließlich, »erblüht in deinen Äußerungen eine höchst eigenartige Vielschichtigkeit, wie bei der Blume eines wundersamen Landes. Manche könnten einen Geheimagenten, der sich einem fremden König ausliefert, nicht nur für töricht halten, sondern eher für einen Verräter, weißt du?«
»Der Arobarn würde sich nie so verhalten!«, lautete Maianthes schockierter Einwand. »Und drehen sich deine Informationen nicht nahezu gänzlich um Linularinum? Was macht es schon, wenn Casmantium sie auch erhält?«
Tan musste einräumen, dass diese Überlegung etwas für sich hatte.
Maianthe argumentierte weiter: »Wir wissen nicht, ob ich dich weiterhin vor Linulariner Magiern schützen kann; wir wissen nur, dass es mir schon einmal gelungen . Ich fürchte mich davor, dich zu bitten, dass du hier bleibst, und ebenso davor, dich allein nach Norden ziehen zu sehen. Ich denke jedoch: Wenn wir über die Passstraße nach Casmantium reisen, sind wir beide in Sicherheit.«
»Wir?«, entfuhr es Tan, der sowohl erschrocken als auch dies eine Mal ganz ernst klang. »Kommt gar nicht in Frage, Maia …«
»Ich überlasse dich nicht Istierinan!«, beharrte Maianthe, jetzt durch und durch gereizt. »Und ich bleibe nicht hier, um selbst auf ihn zu warten. Du könntest sogar recht haben, was die Gefahr durch einen fremden König angeht! Ich bin jedoch Bertauds Cousine und die Freundin des nächsten Arobarn, und das ändert alles. Ich komme mit.«
»Nun«, sagte Tan einen Augenblick später, »ich weiß ja, wiedickköpfig du bist und …« Er hielt inne und fuhr dann fort, auf einmal beinahe ernst: »Ich gestehe, Maia, dass ich unter den gegebenen Umständen deine Gesellschaft als angenehm beruhigend empfände. Dein Vetter wird mich jedoch vermutlich umbringen, weil ich dich in solche Gefahr gebracht habe.«
Maianthe ging der Gedanke durch den Kopf, dass zwar viele Menschen ihre Gesellschaft als angenehm empfänden, niemand jedoch jemals gesagt hatte, nicht einmal ihr Vetter, er fände sie beruhigend . Sie wusste nicht, was sie darauf erwidern sollte. Letztlich jedoch machten sich sie und Tan, eine Handvoll Wachleute und die Dienstmagd aus Kames, deren Begleitung nach entschiedener Ansicht des Vogts dem Anstand geschuldet war, auf den Weg nach Osten und nicht nach Norden.
Maianthe hatte vorher noch nicht einmal gewusst, dass sie einen Vogt hatte, obwohl sie vermutete, dass sie es sich hätte
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