Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
DER GREIFENMAGIER: Gesetz der Erde

DER GREIFENMAGIER: Gesetz der Erde

Titel: DER GREIFENMAGIER: Gesetz der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Neumeier
Vom Netzwerk:
Wirtshaus blieben.«
    Noch immer von der Schönheit benommen, verstand Maianthe ihn im ersten Augenblick nicht. Dann tat sie es, doch der Vorschlag widerstrebte ihr ganz unvernünftigerweise. Schließlich erwiderte sie grimmig: »Natürlich«, und stieß ihr Pferd mit dem Fuß an, damit es kehrtmachte. Sie fragte sich, ob Tan dachte, dass sie den ganzen Weg bis nach Eira zurücklegen konnten, ohne anzuhalten. Sie wusste, dass sie selbst es nicht konnte.
    »Entlang der Straße muss es gute Plätze für ein kaltes Lager geben«, fuhr Tan fort, ohne sie richtig anzusehen. »Ich bin sicher, dass Reisende früher drei oder vier Mal übernachten mussten, ehe sie von einer Seite des Gebirges zur anderen gelangten, oder noch viele Nächte mehr, wenn es langsame Wagen waren wie die, an denen wir vorbeigekommen sind. Ich denke mir, dass die Straßenbauer ihr Werk an einigen dieser alten Lagerstätten vorbeigeführt haben.«
    »Ja«, sagte Maianthe.
    »Es tut mir leid …«
    »Was denn?«, blaffte Maianthe. »Natürlich können wir nicht hier absteigen. Du hast vollkommen recht.«
    »Es tut mir leid, dass ich recht habe«, erklärte Tan mit sanfter Stimme. »Das war in jüngster Zeit nicht oft der Falle, Maianthe; bitte gönne mir einen einzigen Augenblick vernünftiger Sachkompetenz in diesen Tagen fulminanter Dummheit. Ich denkewirklich, dass wir hier nicht bleiben sollten, aber ich hoffe, wir können hier wenigstens zu Abend speisen.«
    »Oh«, entfuhr es Maianthe mit viel dünnerer Stimme. Sie hatte das Gefühl, sie sollte sich entschuldigen, wusste aber nicht recht, wofür oder wie. Und so sagte sie nur: »In Ordnung.«
    Das Wirtshaus bot heißen Würzwein, gebratenes Zicklein, weiches Fladenbrot, einen Kompott aus Dörräpfeln und Rosinen und kleine Kuchen, die von Honig tropften. »Die macht meine Frau auf eine ganz besondere Art«, erklärte der Wirt, ein großer Mann aus Farabiand mit dickem Bauch und dröhnendem Lachen. »Mit Honig von den Bienen ihrer Schwester unten bei Taland. Die Bienen dort gewinnen einen ganz besonderen Honig von den Bäumen, die zu Mittsommer blühen: einen Honig, der dunkel wie Sirup ist. Schützt vor Krankheit, sagen die Leute, und ist besonders gut darin, ein dunkles Herz aufzuhellen – nicht, dass das für Euch von Belang wäre, hochverehrte Dame, wie?«
    Er zwinkerte Maianthe zu und ging wie die Maultierführer eindeutig davon aus, dass sie und Tan ein Paar waren. Wenigstens unterstützte Tan diesmal nicht die Auffassung, dass sie gemeinsam durchgebrannt waren. Jedenfalls nicht, wo Maianthe es mitgehört hätte. Sie versuchte, nicht daran zu denken, wie er dem Wirt womöglich erklärte, aus welchem Grund sie nicht in seinem Haus übernachten konnten.
    Wenigstens erzählte ihnen der Wirt von einem Lagerplatz, der kaum mehr als eine Stunde Ritt weiter oben auf der Osthälfte des Passes lag.
    Trotzdem war Maianthe für kurze Zeit überzeugt, die herabsinkende Abenddämmerung würde sie noch auf der Straße einholen. Sicherlich war die Einschätzung des Wirts etwas zu optimistisch, oder er hatte an Reiter mit frischen Pferden gedacht oder möglicherweise an solche, die gerade von der Höhe herabkamen, anstatt sich erst hinaufzuschleppen.
    Sie hatten Lampen dabei. Und es war immerhin eine gute Straße. Maianthe bemühte sich, nicht schon bei der bloßen Vorstellung Angst zu bekommen, dass es eine gewundene Bergstraße hinaufging, egal wie gut die Straße war oder wie hell die Lampen brannten.
    Schließlich erreichten sie eine Steigung, die nach ihrem abgenutzten und rauen Eindruck schon zur alten Straße gehört hatte und die man später einfach in die neue Straße aufgenommen hatte. Anschließend überquerten Maianthe und Tan eine dieser unwahrscheinlichen Eisenbrücken und erreichten einen Straßenabschnitt, dessen Steine so neu und frisch waren, dass sie beinahe wie geschliffen wirkten. Und dahinter ging die neue Straße wieder in einen Abschnitt der alten über.
    »Ja«, sagte Tan und deutete den zerklüfteten Hang neben der Straße hinab, »man kann noch sehen, wie die alte Straße tief in dieses Tal dort eintauchte und dann langsam wieder in die Höhe kroch.«
    Maianthe nickte folgsam, obwohl sie viel zu sehr fror und viel zu müde war, um wirklich würdigen zu können, wie viel Mühe ihnen die neue Straße die ganze Zeit über erspart hatte. Dann brachten sie eine lange Serpentine hinter sich und erreichten endlich im letzten Tageslicht eine breite flache Stelle, die eindeutig seit

Weitere Kostenlose Bücher