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DER GREIFENMAGIER: Gesetz der Erde

DER GREIFENMAGIER: Gesetz der Erde

Titel: DER GREIFENMAGIER: Gesetz der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Neumeier
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Kurieren und Agenten zu erhalten, hochverehrte Dame.«
    »Ja«, erklärte Maianthe, nicht annähernd jedoch mit der gleichen Festigkeit, wie der Mann zuvor gesprochen hatte. Sie sagte sich, dass es absolut stimmte, was er gesagt hatte. Der Wachmann verneigte sich, viel tiefer, als sie erwartet hätte, und ging hinaus. Keiner der Wachmänner blieb bei ihnen im Zimmer. Maianthe überraschte es kein bisschen zu sehen, wie zwei von ihnen vor der Tür stehen blieben – das Zimmer hatte nur eine Tür. Die beiden nahmen die geduldige Haltung von Menschen ein, die andeutete, dass man auf einige Zeit hinaus an Ort und Stelle blieb.
    »Dein Haar sieht absolut bezaubernd aus«, versicherte Tan ihr ohne die Andeutung eines Lächelns, nachdem die Tür ins Schloss gefallen war. »Du hast allerdings ein klein wenig Asche am Kinn, hier …« Er fuhr mit dem Daumen über das eigene Kinn.
    Maianthe rieb sich das Gesicht heftig mit dem Ärmel ab, seufzte und sah sich um. Zumindest gab es hier Stühle – hübsche Stühle mit dicken Polstern. Sie fand auch, dass heißer Tee fantastisch klang, besonders wenn er mit Kuchen oder Honigbrötchen serviert wurde, und sie dachte noch entschiedener, dass Tan sich setzen sollte. Sie selbst sank auf den nächsten Stuhl, um ein Beispiel zu geben, und sagte: »Ich vermute, der Arobarn ist tatsächlich hier.«
    »Ja«, pflichtete ihr Tan bei. »Eine kurze Zeit lang fürchtete ich, unsere Freunde hier könnten uns an einen anderen Ort bringen als hier zum König. Aber jetzt vermute ich, dass es königliche Gardesoldaten sind und nicht einfach nur Einheimische, die lieber den Soldaten geben, als auf den Feldern zu arbeiten.« Ersetzte sich ebenfalls auf einen Stuhl, ohne die Spur einer Grimasse zu zeigen, und streckte vorsichtig das verletzte Bein aus.
    Maianthe fragte ihn nicht nach dem Zustand seines Knies, da ihr die Art, wie er sich bewegte, schon alles darüber verriet. Ohnehin hegte sie jetzt die Hoffnung, dass er Gelegenheit erhalten würde, sein Bein auf angemessene Weise zu schonen. Sie fragte stattdessen: »Du hast doch vor, dem König zu verraten, wer du wirklich bist, nicht wahr? Wenn er uns empfängt, meine ich. Denn ich weiß nicht, wie man alles erklären sollte, ohne auch darauf zu sprechen zu kommen.« Sie überlegte kurz und fuhr dann fort: »Ich weiß nicht, wie man irgendetwas erklären sollte, ohne auch darüber zu reden.«
    »Sollte der Arobarn wirklich nach uns schicken, dann muss er, wie ich vermute, die ganze leidige Geschichte von Anfang bis Ende erfahren«, erwiderte Tan, obschon er diese Aussicht nicht erfreulich zu finden schien. Er lehnte den Kopf gegen den Stuhlrücken, schloss die Augen und atmete langsam die Luft aus.
    »Ich hatte gar nicht gewusst …«, hob Maianthe besorgt an und hielt dann inne.
    »Ich hatte keine Probleme, bis ich zu gehen versuchte«, offenbarte Tan, ohne die Augen zu öffnen. »Ich bin sicher, dass es alsbald besser wird. Du wirst mir bestimmt den Gefallen tun und dieses Problem niemandem gegenüber erwähnen.«
    »Ja, natürlich«, versprach ihm Maianthe, obwohl sie nicht sagen konnte, ob diese Bitte – oder dieser Befehl – auf irgendeiner praktischen Erwägung beruhte oder einfach nur auf Tans gewohnheitsmäßigem Widerwillen, irgendjemandem die Wahrheit über irgendetwas zu verraten.
    An der Tür war etwas zu hören, und sie drehte sich um und freute sich schon auf den versprochenen Tee. Das Geräusch kündigte jedoch keinen Dienstboten mit einem Tablett an, sondern einen eleganten Mann in lavendelfarbener und grauerKleidung, der kurz den Kopf vor Maianthe neigte und in glattem, perfektem Terheien sagte: »Unser Herr, der König Brekan Glansent Arobarn, gewährt Euch mit Freuden eine Audienz, hochverehrte Dame, und Euch, mein Herr, falls Ihr so freundlich wärt und mich begleitet.«
    Der König von Casmantium sah ganz so aus, wie Maianthe es erwartet hatte.
    Bertaud hatte nie mit ihr – noch nicht einmal mit ihr! – über den »Greifensommer« gesprochen oder über seine anschließenden Monate in Casmantium. Maianthe hatte wie anscheinend nur wenige andere Menschen verstanden, dass ihr Vetter in jenem Jahr irgendwie gelitten hatte und nicht gern an diese Zeit zurückdachte – egal, ob er nun eine Art Triumph errungen hatte oder nicht, ob er nun für seine Taten geehrt worden war oder nicht.
    Mit der natürlichen Romantik des Kindes hatte sie einmal geglaubt, er wäre damals wahrscheinlich in eine casmantische Frau verliebt

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