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DER GREIFENMAGIER: Gesetz der Erde

DER GREIFENMAGIER: Gesetz der Erde

Titel: DER GREIFENMAGIER: Gesetz der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Neumeier
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vor, als würde sie von der Feuerspirale mitgerissen, nur brach ihre den Tag und die Dunkelheit auf und drehte sich nach innen und abwärts, bis sie den Mittelpunkt der Erde zertrümmerte.
    »Schreib das Gesetz auf!«, rief Maianthe.
    Wie im Traum klappte Tan das Buch auf. Er bückte sich und hob die brennende weiße Feder auf.
    »Schreibe Feuer und Freude auf!«, befahl Kes. Sie schien den Schmerz vergessen zu haben. Sie hob Hände, die von loderndem Licht erfüllt waren, und schüttelte sich lachend Feuer aus den Haaren.
    »Schreibe Erde und Feuer auf«, sagte Jos. Er lehnte an einer Wand, die erstaunlicherweise immer noch stand. »Schreibe Kummer ebenso auf wie Freude.«
    »Du musst das Feuer der Erde untertan machen!«, krächzte Istierinan durch zerbrochene Zähne und mit verbrannten Lippen, während er sich blind aufzurappeln versuchte.
    Maianthe blickte Tan nur an – ernst und voller Vertrauen.
    Keinerlei Tinte war mehr in der Feder enthalten. Tan riss sich mit der scharfen Spitze das Handgelenk ein. Mit dem eigenen Blut schrieb er auf eine Seite, die keine andere Tinte mehr aufnehmen würde, ein einzelnes Wort. Das Wort, das er schrieb, lautete:
    FREUNDSCHAFT.
    Er schrieb es in einer schlichten Form auf, ohne Schnörkel oder Verzierung. Das Wort sank in die Seite hinein und sickerte durch das ganze Buch. Vom Mittelpunkt der Erde bis zum Gewölbe des Himmels, von einem Ende der Welt zum anderen, schuf diese Niederschrift die Ordnung der Welt neu.

Kapitel 16
    Es war nichts, woran ein Magier gedacht hätte. Alle waren sich später in diesem Punkt einig. Zumindest alle, die Magier waren oder einmal gewesen waren. Jedenfalls erklärte dies Beguchren Teshrichten, und somit war Maianthe überzeugt, dass es zutraf.
    »Es erforderte jemanden mit einer bemerkenswerten, ungewöhnlichen Gabe«, sagte er in süß-saurem Tonfall zu Maianthe. »Casmantium für das Schaffen, Farabiand für das Rufen und Linularinum für das Recht – aber ich habe noch nie von jemandem gehört, der zu einer Gabe wie der Euren erwacht wäre.«
    »Istierinan Hamoddian war ebenfalls ungewöhnlich«, gab Maianthe zu bedenken.
    »Aber keineswegs in derselben Art und Weise. Bedient Euch von diesen Beeren. Was für ein prachtvolles Klima Ihr hier im Delta habt, das ist mal sicher. Frische Beeren so früh im Jahr! Nein, wir verstehen Istierinans Gaben sehr gut, so ungewöhnlich er auch war, was sich nicht leugnen lässt. Man erwartet normalerweise nicht, dass ein Magier auch eine natürliche Gabe behalten kann; tatsächlich lehrt man uns, dass die Hervorbringung der Zauberkraft jede angeborene Gabe erstickt. Trotzdem gab und gibt es eindeutig Ausnahmen.« Beguchren legte nachdenklich den Kopf schief. »Vielleicht passt die Gabe der Rechtskundigen besser zur Zauberkraft, als dies für das Schaffen oder Rufen gilt. Dabei können wir nur hoffen, dass solche Personen selten anzutreffen und im Allgemeinen nicht so mächtig sind und inzwischen auch die Neigung haben, eine gewisse Bescheidenheit zu entwickeln.«
    Das konnte sehr gut sein, überlegte Maianthe, wenn man bedachte, was Istierinan widerfahren war. Sie hatte sich überlegt, König Iaor die Aburteilung zu überlassen oder Istierinan zum eigenen König zurückzuschicken. Aber Kes hatte nicht die nötige Geduld und Nachsicht mit dem Mann aufgebracht, der teilweise – so schien sie es zumindest zu empfinden – für den Tod ihres alten Lehrers verantwortlich war. Als sie ihn vernichtete, blieb nicht einmal Asche zurück. Und als dies geschah, hatte Maianthe nicht sehr angestrengt versucht, sie aufzuhalten. Sie gestand niemandem ihre tiefe Erleichterung über den Tod von Tans Feind ein. Doch sie empfand diese Erleichterung. Jetzt sagte sie nur: »Ich hoffe, dass sie sehr selten sind.«
    Sie hielten sich im Lager des Arobarn auf, das man östlich von Tiefenau ordentlich aufgeschlagen hatte; es war in sich geschlossen und unabhängig von seiner Umgebung. Der Arobarn hatte es für politisch angeraten gehalten, keinen seiner Leute in die Stadt zu schicken, damit niemand den Eindruck gewann, er hätte jemals vorgehabt, sie zu erobern oder zu halten. Iaor Safiad hatte sich entschlossen und demonstrativ im großen Haus niedergelassen, kaum dass er hier eingetroffen war – zwei Tage, nachdem Tan das neue Gesetz für Feuer und Erde niedergelegt hatte. Bertaud war noch nicht zurückgekehrt. Maianthe war recht überzeugt, dass es ihm gut ging, denn der König hatte es ihr versichert. Aber sie sehnte

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