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DER GREIFENMAGIER: Gesetz der Erde

DER GREIFENMAGIER: Gesetz der Erde

Titel: DER GREIFENMAGIER: Gesetz der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Neumeier
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sich danach, ihn zu sehen und sich davon selbst überzeugen zu können.
    Iaor Safiad hatte dem Arobarn bislang keine Audienz gewährt. Er hatte nur eine knappe Nachricht geschickt, mit der er dem casmantischen König die Erlaubnis verweigerte, sich nach Osten in Richtung des Passes zurückzuziehen. Allerdings schickte er nahezu jeden verfügbaren Farabiander Heiler in das casmantische Lager und demonstrierte so, dass er vielleicht wütend auf den casmantischen König war, er aber zumindest bereit war einzugestehen, dass die casmantischen Soldaten für Farabiand gelitten hatten. Alle vermuteten, dass Iaor viel zorniger auf den König von Linularinum war als auf den Arobarn – alle vermuteten, dass er Letzterem zu gebührender Zeit seine Anmaßung verzieh. Die casmantischen Soldaten nickten lebensklug und murmelten von königlichem Stolz; drei oder vier junge Männer hatten sich bei Maianthe inzwischen wehmütig nach der Stimmung des Safiad erkundigt. Sie hatte allerdings nicht gewusst, wie sie auf diese Fragen antworten sollte.
    Beguchren Teshrichten hatte Maianthe keinerlei Fragen nach einem der beiden Könige gestellt. Stattdessen mutmaßte er: »Man muss sich fragen, ob Eure Gabe je zum Leben erwacht wäre, hätte Tan nicht zufällig das Gesetz aufgehoben, das Linulariner Rechtskundige der Welt vor langer Zeit auferlegt hatten.« Dann hielt er inne und erkundigte sich anschließend mit sehr sanfter Stimme: »Wie geht es Tan heute? Darf ich hoffen, dass eine Besserung eingetreten ist?«
    Maianthe wollte schon antworten, aber dann schnürten ihr die Tränen die Kehle zu, und sie brachte kein Wort hervor. Sie blinzelte heftig und breitete die Hände zu einer Geste kläglicher Ungewissheit aus.
    »Ich glaube, dass er beizeiten wieder zu sich kommt, Kind. Man braucht Zeit, um sich von solchen Ereignissen zu erholen. Er hat seine Gabe überstrapaziert, vermute ich.« Der Magier hielt inne und fügte dann schlicht, wenn auch nicht in unfreundlichem Ton hinzu: »Er hat sie vielleicht verloren. Aufgebraucht. In extremen Situationen kann so etwas geschehen.«
    Fürst Beguchren wusste dies besser als jeder andere. Maianthe nickte. Sie schluckte, rieb sich mit einer Hand über den Mund und brachte die Frage hervor: »Möchtet Ihr irgendeinen Vorschlag machen?«
    Beguchren hob die Schultern, deutete ein Achselzuckenknapp an. »Ich bin sicher, dass Ihr bereits alles in die Wege geleitet habt, was ich vorschlagen könnte. Wärme, Ruhe … die Gesellschaft einer Freundin …«
    »König Iaor hat mich weggeschickt.« Maianthe errötete leicht, als sie an die unverhohlene Ungeduld des Königs zurückdachte. Ihr seid zu dünn, Maianthe. Wie sollte es ihm helfen, wenn Ihr bis auf die Knochen abmagert und Eure Nerven erschöpft? Geht spazieren, reitet aus, betrachtet den Himmel, esst etwas, macht ein Nickerchen. Und kehrt nicht vor dem Abend hierher zurück. Das ist ein echter königlicher Befehl, Maia. Geht jetzt. Sie vermutete jedoch, dass Iaor im Grunde nicht gemeint hatte, sie sollte ins casmantische Lager hinabreiten und Fürst Beguchren besuchen.
    »Zweifellos klug. Ihr hättet nichts davon, wenn Ihr selbst krank würdet. Ich frage mich, ob Ihr vielleicht Casmantium besuchen möchtet, wenn Ihr beide vollständig genesen seid.« Beguchren packte ein weiteres Traubenbündel mit Zeigefinger und Daumen und betrachtete es. »Wie sehr das einer Granatkette ähnelt! Vielleicht möchtet Ihr warten, bis Eure Beerensaison vorüber ist. Ich würde mich jedoch freuen, falls Ihr – und natürlich Tan – mich in Breidechboda besucht. Ich würde sehr gern die genaue Natur Eurer Gabe erforschen. Ich glaube, dass es sich um eine Gabe handelt und nicht um eine Form der Magie. Gewiss handelt es sich dabei um eine außerordentlich merkwürdige Gabe. Ich frage mich, wie viel mehr solcher Gaben auftreten, nachdem jetzt die Hemmnisse gefallen sind, die Linulariner Magier den Naturgesetzen auferlegt hatten.«
    Maianthe dachte, dass sie richtig froh wäre, falls sich ihre Gabe, worin auch immer diese bestand, nie wieder meldete. Diese letzte Doppelspirale zu zeichnen: Das hatte ihr ein anhaltendes und nicht gänzlich erfreuliches Empfinden von gesteigerter Tiefe der Welt vermittelt. Nun, das war eine seltsame und ganz und gar ungenaue Beschreibung! Es war eher so, als begleitete ein schwaches, nachhallendes Echo inzwischen alles auf der Welt … Nun, im Grunde kein Echo . Maianthe runzelte die Stirn und verspeiste eine Beere. Der scharfe

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