Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
DER GREIFENMAGIER: Gesetz der Erde

DER GREIFENMAGIER: Gesetz der Erde

Titel: DER GREIFENMAGIER: Gesetz der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Neumeier
Vom Netzwerk:
goldenen und weißen Haare, die ihr bis auf den Rücken fielen; und in den Augen schwamm goldenes Feuer.
    »Verschwindet!«, brüllte Istierinan, die Stimme schwer von Zorn. »Verschwindet!«
    »Auf keinen Fall«, entgegnete der dunkle Mann, Kairaithin, aber diese Worte waren für das Mädchen bestimmt. Er nahm von dem Linulariner Spionagemeister nicht mehr Notiz als ein Adler von einem wütenden Singvogel. Eher weniger. Er sagte, weiterhin an das Mädchen gerichtet: »Und es ist nicht wahr. Nichts von dem, was geschehen ist, war deine Schuld. Obwohl du sehr leicht den Preis für das alles bezahlen könntest. Wie wir alle.« Seine angespannte Haltung hatte sich nicht gelockert; er legte den Kopf schief, als lauschte er dem mächtigen Wind, der sie hergetragen hatte – als lauschte er dem Tosen von Feuer oder einer machtvollen Musik, die niemand sonst hier vernahm. Sein Tonfall war kraftvoll, rau, gefährlich.
    Wie das Mädchen war er eine Kreatur des Feuers, erkannte Tan. Doch das Feuer brannte in ihm dunkler und kräftiger und viel beherrschter als in ihr. Sein Schatten ragte brennend hinter ihm auf, riesig und wild. Es war nicht der Schatten eines Menschen, und endlich wurde Tan klar, wer das war – wer das sein musste, ungeachtet der Menschengestalt, die er trug. War das der Greif, der Maianthes Vetter aufgesucht hatte? War er es, der die Warnung überbracht und auf diese Weise Bertaud und den König dazu gebracht hatte, in den Norden zu ziehen und das Delta den Linulariner Machenschaften zu überlassen? Tan war erstaunt von der Fassung, die Maianthe gezeigt hatte, nachdem sie dieser Kreatur begegnet war.
    Der Greifenmagier drehte sich unvermittelt um und konzentrierte diese ganze dunkle, brennende Macht auf Maianthe. Diesmal brachte sie nicht wirklich Fassung auf, sondern prallte merklich vor der sengenden Hitze seines Blicks zurück.
    »Es war dein Wind«, sagte er rau. »Als ich nach einem neuen Wind Ausschau hielt, auf dem ich reiten könnte, war es deinWind, der über die Bahn meines Windes hinwegpeitschte. Und welche Richtung schwebt dir für diesen Sturm vor, den du heraufbeschwörst?«
    Maianthe zuckte vor dem mächtigen Kairaithin zurück, dennoch galt im Grunde fast ihre gesamte Aufmerksamkeit dem blass brennenden Mädchen. Sie näherte sich ihm entlang der schwarzen Spirale einen Schritt weit und streckte die Hand aus. »Du warst es, die ich schon die ganze Zeit brauchte!«, rief sie. »Feuer als Gegengewicht zur Erde! Kein Wunder, kein Wunder … Hat da ein Wind geweht? Nun, kein Wunder, dass er dich hierhergeführt hat!«
    »Nein!«, schrie Istierinan. »Närrin!« Er verließ jedoch nicht den Schutz der Spirale, sondern drehte sich um, folgte aufs Neue dem schmalen Durchgang zwischen den schwarzen Linien und näherte sich dabei Tan.
    Das blasse Mädchen wandte sich wütend an Kairaithin und schenkte weder Istierinan noch Maianthe Beachtung. »Es war nicht mein Wind! Ich weiß, welchen Wind ich herbeirufen würde!«
    »Kes«, sagte der große Mann, der wirklich ein Mensch war. Das Reden fiel ihm schwer, und die Stimme klang rau vor Schmerzen, aber sie ließ die junge Frau innehalten, wo die Worte der anderen nur dazu beigetragen hatten, ihren Zorn zu nähren. »Kes«, wiederholte er. »Du warst früher ein Geschöpf der Erde. Versuche dich zu erinnern. Ich weiß, dass du ein paar Erinnerungen behalten hast, denn sonst hättest du dein Feuer nicht mir zuliebe zurückgehalten; ja, du wärest nicht auf die Idee gekommen, mich zu heilen. Du hast jedoch daran gedacht. Du hast es. Du hattest eine Schwester, die du geliebt hast, weißt du noch? Ich weiß, dass sie dich nicht vergessen hat. Würdest du wirklich einen Wind für Tastairiane Apailika heraufbeschwören, ein Feuer, das sich über deine Schwester undihre Pferde hinwegfrisst? Über alles hinweg, was du je geliebt hast?«
    Kes stand reglos da, und der Blick ihrer goldenen Augen ruhte auf dem angespannten Gesicht des Mannes. Ihr Blick enthielt nichts Menschliches; ihre Miene war undeutbar. Doch sie stand reglos da und hörte zu.
    »Kereskiita«, erklärte der dunkle Mann, »der Sturm, auf dem Tastairiane Apailika fliegen möchte, wird das Volk von Feuer und Luft in die Vernichtung führen.« Er hob eine Hand und deutete auf Maianthes schwarze Spirale. »Hier ist ein anderer Sturm entstanden, als ich beinahe schon alle Hoffnung aufgegeben habe, dass sich ein Gegenwind erheben könnte. Er ist gefährlich und entsetzlich, aber er bewegt sich gewiss

Weitere Kostenlose Bücher