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DER GREIFENMAGIER: Gesetz der Erde

DER GREIFENMAGIER: Gesetz der Erde

Titel: DER GREIFENMAGIER: Gesetz der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Neumeier
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der Treppe zusammenbrechen, ehe ich es nach oben zum versprochenen Bad geschafft habe. Gut. Dann haltet die Lampe hoch und leuchtet mir den Weg gut aus!«
    Der junge Mann nickte unsicher und begriff offensichtlich nicht, was Tan mit der letzten Äußerung andeutete. Fürst Bertaud hingegen entging die Anspielung nicht. Er lächelte, wenngleich ein wenig grimmig.
    Tan grinste und erklärte: »Wünscht niemandem auf der Welt etwas Schlechtes, mein Fürst! Oder zumindest niemandem, der auf dieser Seite des Flusses zu Hause ist. Inzwischen werden Istierinans Agenten erkannt haben, dass es viel zu spät ist, um all das aufzuhalten …« – er deutete vage auf den wachsenden Papierstapel – »… und ab nach Hause geht es für sie, die Federn schön zerzaust und gerupft. Dann werden alle braven kleinen Jungs sicher in ihren Betten schlafen, was auch gut ist.« Er brach ab, da er auf einmal begriff, dass er viel zu frei redete. »Bett«, brummte er. »Ja, Tenned …«
    »Hochverehrter Herr«, sagte der junge Mann verdutzt, aber freundlich, und hielt für Tan die Tür offen.
    Später erinnerte sich Tan nur noch vage an das Bad und daran, wie er ein breites Bett fand und dort eingewickelt in Laken und Lammwolle schlief – in einem warmen Zimmer, das im rötlichen Schein eines Kaminfeuers lag und, seltsam genug, nach Geißblatt roch. Er musste sich sicher gefühlt haben oder so erschöpft gewesen sein, dass ihn nichts mehr scherte, denn er versank in der Dunkelheit hinter dem Feuerschein und ließ seinen Geist vom Geißblattduft davontragen.

Kapitel 2
    Maianthe fühlte sich seit Tagen merkwürdig: Sie war unruhig und hatte irgendwie den Eindruck, als müsste sie eigentlich etwas Dringliches tun. Sie hatte jedoch keine Vorstellung davon, was das sein sollte. Bevor König Iaor seinen Haushalt nach Tiefenau geführt hatte, war es ihre Absicht gewesen, nach Norden zu reisen, um ihn und seine Leute schon dort zu treffen. Sie sehnte sich sehr danach, das Delta zu verlassen, was keineswegs neu für sie war. Doch in diesem Frühling war dieses Gefühl irgendwie anders. Es kam ihr heuer sowohl stärker als auch drängender vor, und sie kannte den Grund dafür nicht. Sie hatte erwartet, das Gefühl würde sich legen, sobald der König eingetroffen war. Dennoch war die Ruhelosigkeit geblieben, selbst als das große Haus bis zu den Dachziegeln voll war mit Iaor, Naithe und den kleinen Prinzessinnen sowie all ihrem Personal – und Erich. Maianthe verstand es nicht. Gewöhnlich war es der beste Monat im Jahr, wenn der König mit seiner Familie und Erich das Delta besuchten.
    Erich war damals ein untersetzter, ziemlich kleiner Junge von zwölf Jahren gewesen, als König Iaor den Herrscher von Casmantium gezwungen hatte, ihn nach Farabiand zu schicken. Als Garantie des Friedens zwischen den beiden Ländern, hatte Iaor gesagt. Erich sollte für acht Jahre in Farabiand bleiben. Maianthe vermutete, dass König Iaor das für lange genug hielt, um seine Ziele durchzusetzen.
    Erich kam jedes Jahr mit Iaors Gefolge ins Delta, seit der König dazu übergangen war, regelmäßig eine Reise durch denSüden seines Landes zu unternehmen. Und so kannten sich Erich und Maianthe bereits seit ihrer Kindheit. Sie war damals noch neu im großen Haus gewesen, unsicher gegenüber ihrem Vetter und schüchtern gegenüber Fremden, sodass sie sich vor König Iaor und seinem ganzen Gefolge ängstigte. Und Erich war damals noch neu in Farabiand gewesen, unbeholfen in der Sprache und fürchterlich befangen durch die Vorstellung, dass er seinen Vater und sein Land ehrenvoll repräsentieren sollte. Daher war er froh darüber, wenigstens einen Menschen im großen Haus anzutreffen, in dessen Gesellschaft er nicht vorsichtig auftreten musste. Die beiden freundeten sich sofort an.
    Im Jahr darauf, während der schrecklichen Zeit von Tefs Krankheit, bat Bertaud den König, Erich ins Delta zu schicken, und Iaor willigte ein. Maianthe war so dankbar. Erich zeigte sich kein bisschen schockiert über Maianthes Trauer um einen Mann, der nicht einmal der Familie angehört hatte – um einen Mann, der nur ein Dienstbote gewesen war. Tatsächlich war es sogar Erich, der Bertaud überredete, Maianthe bei der Aushebung des Grabes für Tef mithelfen zu lassen, selbst als ihre Hände Blasen warfen und bluteten. Sie war so dankbar dafür.
    Inzwischen war ein Großteil der acht Jahre von Erichs Aufenthalt in Farabiand vorbei. Er war jetzt achtzehn, und seit dem Besuch im ersten

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