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DER GREIFENMAGIER: Gesetz der Erde

DER GREIFENMAGIER: Gesetz der Erde

Titel: DER GREIFENMAGIER: Gesetz der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Neumeier
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jedoch für eine beschwingte Liebesgeschichte. Er tauchte sie in die zu ihr passende Tinte – und fand sich urplötzlich allein und in einem höhlenartigen Gebäude wieder, das voll von matten Schatten und staubigen Spinnweben war. Halb erfroren stand er darin …
    Da war kein Gefühl irgendeines Übergangs gewesen. Dass Tan erschrocken Luft holte und heftig zurückzuckte, war nur natürlich, jedoch unbedacht: Er fand heraus, dass seine Fußknöchel mit einer Kette zusammengebunden und die Handgelenke ihrerseits mit dieser Fußfessel verbunden waren, als er durch diese unwillkürliche, jedoch von Ketten eingeschränkte Bewegung das Gleichgewicht verlor und stürzte. Und als Nächstes stellte er fest, dass eine weitere Kette seinen Hals umschloss, die nach oben zur Decke des Bauwerks führte. Mit den gefesselten Händen konnte sich Tan nicht abstützen. Die Kette um den Hals glitt durch einen Stahlring, und er wurde auf einmal gewürgt. Es dauerte einen entsetzlichen Augenblick atemlosen Ringensum das Gleichgewicht, bis er wieder auf den Füßen stand, und selbst dann musste er noch heftig den Kopf werfen, damit die ihn würgende Kette wieder Spiel in dem Gleitring erhielt und er aufs Neue Atem holen konnte.
    Der Hals fühlte sich wund an von der Kette, die ihn fas erdrosselt hätte. Einen Augenblick lang konnte er nicht umhin, sich auszumalen, was sich bei einem heftigeren Sturz ereignet hätte – die Luftröhre wäre ihm eingedrückt worden. Oder wozu es geführt hätte, wäre er nicht wieder auf die Beine gekommen und hätte dort gehangen, von der Kette gewürgt … Die Bilder waren mehr als lebhaft, erschütterten ihn regelrecht mit ihrer Grauenhaftigkeit, und er schloss eine Zeit lang die Augen und widmete sich allein dem Atmen. Langsamen, gleichmäßigen Atemzügen. Er war nicht bereit, in Panik zu geraten und sich so seinen Feinden zu überlassen … Istierinan, um es genau zu sagen. Was wollte Istierinan nur mit einem Schoßmagier, der die Drecksarbeit für ihn erledigte? Was für ein Magier war das überhaupt? Keiner der Hofmagier in Teramodian diente Istierinan oder arbeitete mit ihm zusammen oder konnte ihn überhaupt leiden, soweit Tan wusste. Doch offensichtlich war Tan hier etwas entgangen. Eindeutig etwas Wichtiges.
    Tan wusste nur wenig von der Zauberkunst, aber eines war offenkundig: Ohne Hilfe eines Linulariner Magiers hätte Istierinan ihn nicht innerhalb eines nicht spürbaren Augenblicks aus dem großen Haus des Deltas entführen und an diesen Ort bringen können. Aber Erde und Eisen, wieso nur hatte Linularinums Spionagemeister solche Mühen auf sich genommen? Istierinan riskierte tatsächlich, nicht nur Farabiand zu verärgern, sondern den Fürsten des Deltas, indem er Tan aus dessen Haus entführte? Und das, obwohl es eindeutig zu spät war, um zu verhindern, dass die geraubten Informationen durchsickerten? Das war unglaublich.
    Obgleich sich Tan andererseits eingestehen musste, dass Istierinan den Trick eindeutig gut umgesetzt hatte. Vielleicht so lautlos, dass Fürst Bertaud gar nicht offiziell Anstoß nehmen konnte? Oder zumindest lautlos genug, damit Istierinan sich selbst sagen konnte, der Fürst des Deltas wäre nicht in der Lage zu protestieren? Tan drehte und wendete diese Frage in Gedanken, während er den größten Teil seiner Aufmerksamkeit der Analyse seiner Lage und seines Gefängnisses zuwandte. Er war unverletzt. Hatte nicht einmal blaue Flecken, außer dort, wo ihm die Kette den Hals abgeschnürt hatte, als er gestürzt war. Also hatten Istierinan und seine Leute einige Mühe darauf verwandt, dass er nicht verletzt wurde. Jedenfalls bislang. Hemd und Stiefel waren jedoch verschwunden. Kein Wunder, dass er fror. Seine Haut kribbelte vor Kälte. Oder vielleicht vor Angst.
    Er versuchte, die Furcht durch vernünftiges Nachdenken und durch eine praktische Analyse von Fluchtmöglichkeiten zu bezwingen. Das Gebäude schien ein Lagerhaus zu sein. Oder eine Scheune … Eine Scheune, ja. Die Zwischendecke dort oben hatte vermutlich mal Platz für Heuballen oder Stroh geboten, und die halb verfaulten Holzbretter dort drüben waren wohl einst die Wände ordentlicher Ställe gewesen. Der Tisch in seiner Nähe war allerdings neu und offensichtlich erst kürzlich hier aufgestellt worden. Neu wie die Ketten und ihre Bolzen. Also war er hier in einer alten, nicht mehr benutzten Scheune, die man frisch für ihre neue und weit fragwürdigere Aufgabe ausgestattet hatte. Zu weit von der

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