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DER GREIFENMAGIER: Gesetz der Erde

DER GREIFENMAGIER: Gesetz der Erde

Titel: DER GREIFENMAGIER: Gesetz der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Neumeier
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Herr«, sagte Tenned und deutete auf ein bereitstehendes Pferd. »Im Osten müsste es sicher sein. Aber falls Ihr mir vergeben wollt, ich denke, wir sollten uns beeilen …«
    Der ferne Schlachtenlärm unterstrich seine Worte.
    »Ich vermute, Ihr habt recht«, pflichtete ihm Tan bei und humpelte rasch zu dem Pferd hinüber, das einer der Stallknechte festhielt. Er gestattete sogar Tenned, ihm in den Sattel zu helfen, obwohl er normalerweise niemandem gern eine Schwäche zeigte.
    Als sie jedoch vom Hof ritten, konnte er nicht umhin, einen Blick über die Schulter auf das große Haus zu werfen, das trotzig von Lampen neben jeder Tür und in jedem Fenster erhellt wurde. Er fragte sich, an welchem Fenster Maianthe wohl stand und allen nachblickte, während sie davonritten. Sie hatte sicher Wachleute überall um sich herum und vielleicht einen oder zwei Dienstboten, die zu treu oder zu alt waren, um aus dem Haus zu fliehen. Tan wusste das. Irgendwie stellte er sich Maianthe jedoch vor, wie sie allein dort stand und wie sich das Laternenlicht in ihren Augen spiegelte und in ihrem weizenblonden Haar schimmerte, während die dunkle Nacht der Gewalt an das Glas vor ihr drückte.

Kapitel 7
    Zwei Flüsse wurden vom Niambesee gespeist: der kleine Sef, der in den mächtigen Sierhanan mündete, dessen breite Fluten Farabiand von Linularinum trennten; und der größere, gen Süden strömende Nedscheid, der durch die Mitte Farabiands bis nach Terabiand an der Küste floss.
    Zwei Flüsse speisten auch den See. Einer davon, der obere Nedscheid, entsprang hinter Tiearanan in den hohen, abgelegenen Bergen des fernen Nordens. Der andere Fluss hingegen, der in die Ostspitze des Sees mündete, trug keinen Namen. Er entströmte den scharfen Zähnen jener Berge, in die sich nur selten Menschen vorwagten. Es gab keinen Grund, jener Gegend zu trotzen, denn wenn ein Mensch das unter größten Entbehrungen tat und den schwierigen Pass bezwang, durch den der Fluss strömte, bot sich ihm nur die Aussicht auf die grausame Wüste, wo Greifen auf einem feurigen Wind flogen und kein Mensch zu leben vermochte.
    Dort auf dem Dach der Welt stand eine Hütte zwischen den hohen zerklüfteten Gipfeln, wo der namenlose Fluss entsprang. Sie war unter dem Himmel und über der Welt auf einer kleinen flachen Stelle errichtet worden, die umgeben wurde von schrägen Ebenen aus Fels und Eis. Sie war aus groben Steinen solide gebaut, aus Brocken blassen Granits, gesprenkelt von dunkler Hornblende und noch dunklerem Eisenerz. Die Lücken und Spalten zwischen den Steinen waren mit festgedrücktem Moos und Eis abgedichtet. Im Innern war die Hütte schlicht, aber erstaunlich behaglich gestaltet, nicht zuletzt mithilfe eines Feuers,das fortwährend ohne Brennstoff oder Rauch in einem Steinring mitten auf dem Fußboden loderte. Es war ein Geschenk der Wüste: ein eingedämmtes Fragment von Feuer, das wahrscheinlich noch brennen würde, wenn die Zeit diese Hütte längst in einen Haufen verstreuter und zerbrochener Steine verwandelt hatte.
    Über der Hütte griffen die glänzenden, eisüberzogenen Berghänge zum Himmel hinauf, sodass das Licht an hellen Tagen über dem Strohdach hin und her geworfen wurde. Wenn an solchen Tagen das Sonnenlicht in allen möglichen Winkeln durch die klare Luft reflektiert wurde, stieg Nebel vom Eis auf und kräuselte sich um die Hütte.
    Die eigentliche Quelle des Flusses blieb zwischen den spitzen Gipfeln und treibenden Nebelschwaden und dem grellen Glitzern des kalten, strahlenden Lichtes ungesehen; allerdings floss ein silberner Faden Feuchtigkeit über das Felsgestein neben der Hütte. Dieses schmale Bächlein speiste eine winzige Hochgebirgswiese rings um die Behausung und eine ganze Reihe weiterer Weiden, während es seinem geschlängelten Pfad zu dem See folgte, der seine letztendliche Bestimmung war. Das Rinnsal funkelte in der Sonne mit mehr als dem üblichen Glanz; ja, es funkelte sogar mehr als irgendein Gewässer billigerweise hätte tun dürfen – selbst dann noch, wenn sich die Wolken dicht um die Berggipfel schmiegten. Aber der kleine, namenlose Bach, der in seinem weiteren Verlauf zu einem Fluss anschwoll, führte nun mal etwas von der wilden Magie der Berge aus den großen Höhen mit.
    So hoch in den Bergen lag nur wenig Schnee, denn die Luft war zu trocken. Trotzdem glitzerte Eis im Schatten der Hütte. Die Wiese glich einer Schale, in die sich Licht und Wärme des sonnigen Nachmittags ergossen, sodass es hier gar nicht

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