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Der Grenzgänger

Der Grenzgänger

Titel: Der Grenzgänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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das ein Zufall war. Gespannt schlug ich Seite drei auf und las aufmerksam den reichlich bebilderten Bericht. Von Brandstiftung im Papierlager war die Rede, von einem stundenlangen Einsatz der Feuerwehr und einem Schaden in Millionenhöhe. Nicht nur das Papierlager war restlos ausgebrannt, auch der Bereich, in dem fertige Drucksachen aufbewahrt wurden, war ein Raub der Flammen geworden. Vom Papierlager hatten die Flammen auf die Büroräume übergegriffen. Dort waren sämtliche Akten und Geschäftspapiere vernichtet worden und obendrein auch die Filme, auf denen die Druckseiten der verschiedenen Bücher abgelichtet waren. „Es gibt nichts mehr, das auf eine Buchdruckerei hinweist“, merkte der Berichterstatter nüchtern an.
    Aber nicht nur die Druckerei war restlos zerstört worden. Das neben dem Unternehmen liegende, von mehreren Buchverlagen betriebene Auslieferungslager für ihre Bücher war ebenfalls abgebrannt. Einige Verlage, darunter auch der Christian-Maria-Wagner-Verlag, ließen nicht nur in Eschweiler drucken, sie lagerten in dem benachbarten Betrieb auch ihre Werke, die von dort an den Buchhandel versandt wurden.
    Besonders schlimm habe es den Christian-Maria-Wagner-Verlag aus Baesweiler getroffen, schrieb daher der Berichterstatter. In der Druckerei sei die Auflage des neuen Werkes von Renatus Fleischmann verbrannt, sämtliche Filme aller Fleischmann-Romane, aber auch der anderen Autoren, seien verloren und zu allem Leidwesen sei das komplette Buchsortiment vernichtet. Die Konsequenz lag auf der Hand: „Der Verlag steht damit gewissermaßen vor dem Aus.“
    Die dramatische Geschichte am Rande war geradewegs zwangsläufig. „Starautor tot, Lektorin im Koma, Bombenanschlag auf Verleger und Brandstiftung im Warenlager – da kann niemand mehr von Zufall sprechen“, las ich in dem Artikel, „hier will jemand systematisch Existenzen vernichten.“ Insofern stimmte der Berichterstatter mit meinen Überlegungen überein.
    Die Polizei wollte diese nahe liegende Behauptung nicht bestätigen. Man stehe vor einem Berg von Problemen, räumte der Pressesprecher lediglich ein. Man könne aber nicht mit Gewissheit sagen, dass die genannten Fakten in einem erkennbaren Zusammenhang stünden. Es könne sich durchaus auch um eine Verkettung unglücklicher Zufälle handeln. „Glauben Sie etwa Ihrem Kollegen?“, fragte ich Böhnke mit zweifelndem Blick.
    Sein verlegenes Grinsen erklärte genug. „Was soll er anders sagen?“, antwortete der Kommissar. Bislang sei die Polizei davon ausgegangen, dass primär Fleischmann ausgeschaltet werden sollte, jetzt wachse der Verdacht, es könne hinter dem Mord und den Folgetaten noch mehr stecken. „Aber ich weiß nicht, wohin die Reise führt.“ Es könne auch sein, dass der Mord an Fleischmann losgelöst zu sehen sei von den drei anderen Aktionen, wobei immer noch nicht geklärt sei, ob die Lektorin bei einem Unfall oder bei einem Attentat zu Schaden gekommen war. „Was wollen Sie tun?“ Ich steckte die Pizzaverpackung zusammen und schob sie zur Tischmitte.
    Böhnke stand auf und trug den Müll zum Abfalleimer. „Ich werde diesbezüglich überhaupt nichts tun. Ich werde mich auf meinen eigentlichen Auftrag konzentrieren. Ich muss und will den Maulwurf in unseren Reihen finden. Danach sehe ich weiter“, sagte er wenig begeistert. Im Übrigen würde ich vielleicht mehr Durchblick haben, wenn ich die „Metzger-Geschichte“ gelesen hätte. „Sie fällt, wie ich schon sagte, aus dem Rahmen“, behauptete er, als er mir das Manuskript in die Hand drückte. „Muss das sein?“, stöhnte ich, als ich den dicken Ordner aufschlug.
    Aber Böhnke schien kein Erbarmen zu kennen. „Es muss sein. Wir sind nicht zum Vergnügen hier. Sie lesen!“ Der Kommissar zog sich mit den Romanen in seine Ecke zurück, ich hockte lustlos in meinem Sessel und blätterte ohne Begeisterung in dem umfangreichen Manuskript. „Das bringt doch nichts“, maulte ich nach wenigen Minuten. Ich brachte einfach nicht die Bereitschaft auf, mich in den Text zu vertiefen. Ich hatte für heute schon genug Fantasie konsumiert. Ich brauchte wirkliches Leben.
    Böhnke hatte glücklicherweise ein Einsehen mit mir oder selbst keine Lust mehr auf spätabendliche Ermittlungsarbeit. Er schlug jedenfalls das Taschenbuch zu und erhob sich ächzend. „Na gut. Gehen wir ein Bier trinken.“

Scrabble
     
     
     
    Schleunigst machten wir uns auf den Weg durch das dunkle und stille Huppenbroich, um noch vor dem

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