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Der Grenzgänger

Der Grenzgänger

Titel: Der Grenzgänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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Fahrzeughalters las. Gerstenkorn war angegeben, ausgerechnet der dubiose Bürgermeister Gerstenkorn, der sich aus dem Staub gemacht hatte, nachdem ihm Fleischmann zu nahe gekommen war.
    Mich verwunderte, dass nicht Gerstenkorn selbst den Wagen bei der Polizei in Düren als gestohlen gemeldet hatte, sondern ein Autohändler. „Wie kommt’s?“, fragte ich Böhnke. Ob es möglich wäre, den Händler zu fragen, regte ich an. „Ich habe keine Lust, mir alle möglichen Theorien durch den Kopf gehen zu lassen, wenn uns jemand auf eine einfache Frage eine plausible Erklärung geben kann“, meinte ich.
    Der Kommissar stimmte mir zu. Wenige Minuten später hatte er den Autoverkäufer am Apparat. Was der Mann zu sagen hatte, schien stimmig, denn Böhnke sah wenig Anlass zu Zwischenfragen. Schon nach kurzer Zeit beendete er das Telefonat. „Scheint alles im grünen Bereich zu sein“, bemerkte er. „Gerstenkorn wollte den Wagen wegen seiner Übersiedlung auf die Insel verkaufen. Er hatte ihn vor seinem Haus abgestellt, wo ihn der Händler am nächsten Tag abholen wollte. Als der Mann erschien, war der Wagen weg. Daraufhin gab es sofort die Diebstahlanzeige. Ein Taxifahrer, der Gerstenkorn zum Kölner Flughafen gefahren hat, hat bestätigt, dass der Wagen bei Gerstenkorns Abreise am Haus geparkt war.“
    „Glauben Sie die Geschichte?“ Ich sah Böhnke fragend an, als er mich zurück nach Aachen kutschierte. „Rein zufällig kollidiert Renate Leder mit Gerstenkorns Wagen, der rein zufällig im Zusammenhang mit einem anderen Fahrzeug steht, das rein zufällig auch am Lahey-Park gestanden hat, und der rein zufällig in der Nacht verschwindet, in der Gerstenkorn sich ins Ausland absetzt.“ So einfach würde mir der Bürgermeister nicht davonkommen. „An der Sache ist doch etwas oberfaul!“
    „Wissen Sie’s oder glauben Sie’s, junger Freund?“ Der Kommissar sah mich mitleidsvoll an. „Es stinkt etwas gewaltig, da stimme ich Ihnen zu. Aber ich weiß einfach nicht, woher der Gestank kommt.“ Er konzentrierte sich auf den dichten Verkehr vor dem Autobahnkreuz Aachen und ließ mich mit meinen umherschwirrenden Gedanken allein.
    Erst als ich am Templergraben ausstieg, redete Böhnke wieder mit mir. „Ich rufe gleich noch meinen Kollegen Küpper in Düren an. Ich bin gespannt, was er zu Gerstenkorns Geländewagen sagt.“ Der Kommissar grinste. „Mit dem Gespräch wollte ich Jansen in Erkelenz nicht auch noch belasten. Der hat jetzt schon seine Probleme bei der Telefonkostenabrechnung. Ein Gespräch mit einem Autohändler in Düren, das passt normalerweise überhaupt nicht in das Dienstgeschehen bei den Kartoffelsheriffs da oben im Norden.“
     
     
    Auf eine Besonderheit wollte ich Böhnke noch hinweisen, aber sie war mir wieder entfallen. Langsam wurde ich alt und vergesslich, schimpfte ich mit mir, als ich die Wagentür zuschlug. Vielleicht würde sie mir wieder einfallen, wenn ich meine Notizen machte und versuchte, sie zu sortieren.

Alibis
     
     
     
    Nach einer unerwarteten, aber wahrlich äußerst angenehmen, mehrstündigen Störung meiner Nachtruhe trottete ich am Morgen ziemlich matt, wenn auch frohgemut zur Kanzlei. Es schien mir an der Zeit, mich dort wieder einmal blicken zu lassen, bevor jemand auf die Idee kam, mir meine Funktion streitig zu machen.
    Ich hatte es mir gerade am Abend im Bett bequem gemacht und war eingeschlummert, als das Telefon auf sich aufmerksam machte. Meine Verärgerung schwand auf der Stelle, als sich meine Liebste aus Hamburg meldete.
    Sie sei gerade mit Do aus dem Musical „Cats“ gekommen und verspüre Sehnsucht nach mir, säuselte Sabine in den Hörer. Unverzüglich kam danach die Kontrollfrage, die eigentlich immer kam, wenn meine Sekretärin ausnahmsweise einmal nicht den Überblick über meinen Terminkalender besaß: „Und was machst du den ganzen Tag?“
    „Nichts Besonderes“, gab ich lässig zur Antwort. Ich setzte mich in meinen Schreibtischstuhl, legte die Füße auf die Tischplatte und berichtete von meinen Erlebnissen, die sich um den toten Fleischmann rankten.
    Ungestört ließ Sabine mich reden. Manchmal hatte ich den Eindruck, als sei sie gar nicht mehr in der Leitung oder eingeschlummert, doch beruhigte sie mich auf meine vorsichtigen Zwischenfragen hin. Mein Hals war ausgetrocknet und meine Stimme kratzig, als ich geendet hatte.
    „Bei so viel Arbeit kannst du ja gar nicht auf krumme Gedanken kommen“, folgerte meine Liebste schließlich. Sie wolle keine

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