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Der groesste Teil der Welt

Der groesste Teil der Welt

Titel: Der groesste Teil der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Egan
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Jules.
    Stephanie schaute wieder nach vorne, ihre Hände krampften sich um das Lenkrad. Sie wäre am liebsten umgedreht und hätte ihren Bruder wieder nach Hause gebracht, aber dann hätte sie ihren fiktiven Termin verpasst.
    »Da verschwinde ich für ein paar Jahre, und die ganze verdammte Welt steht auf dem Kopf«, sagte Jules wütend. »Gebäude sind verschwunden. Man wird jedes Mal durchsucht, wenn man ein Büro betreten will. Alle klingen bekifft, weil sie die ganze Zeit, während sie mit einem reden, Mails an andere Leute schreiben. Tom und Nicole sind mit neuen Leuten zusammen … und jetzt treiben meine Rock-and-Roll-Schwester und ihr Mann sich mit Republikanern rum. Was für eine Scheiße!«
    Stephanie atmete tief durch, um sich zu beruhigen. »Wie sehen deine Pläne aus, Jules?«
    »Das hab ich dir doch gesagt. Ich will mit dir kommen und diesen…«
    »Ich meine, was hast du mit deinem Leben vor.«
    Eine lange Pause trat ein. Schließlich sagte Jules: »Ich habe keine Ahnung.«
    Stephanie warf ihm einen Blick zu. Sie waren jetzt auf den Henry Hudson Parkway abgebogen, und Jules sah zum Fluss mit einem Gesicht, aus dem jegliche Energie oder Hoffnung gewichen waren. Sie spürte, wie ihr Herz sich vor Angst zusammenkrampfte. »Als du nach New York gekommen bist«, sagte sie, »vor all den Jahren, da hattest du so viele Ideen.«
    Jules schnaubte. »Wer hat die nicht, mit vierundzwanzig?«
    »Ich meine, du hattest ein Ziel.«
    Er hatte einige Jahre zuvor an der University of Michigan seinen Abschluss gemacht. Eine von Stephanies Mitbewohnerinnen an der nyu hatte die Uni abgebrochen, um ihre Magersucht behandeln zu lassen, und Jules hatte das Zimmer des Mädchens für drei Monate bewohnt, war mit einem Notizbuch durch die Stadt gewandert und uneingeladen bei Partys des Paris Review aufgetaucht. Als die Magersüchtige zurückkehrte, hatte er schon einen Job bei Harper’s, eine Wohnung in der Einundachtzigsten Straße, Ecke York, und drei Mitbewohner - von denen zwei inzwischen Zeitschriften herausgaben. Der dritte hatte einen Pulitzer gewonnen.
    »Ich kapier das nicht, Jules«, sagte Stephanie. »Ich kapier nicht, was mit dir passiert ist.«
    Jules schaute auf die glitzernde Skyline von Lower Manhattan, schien sie aber nicht wiederzuerkennen. »Ich bin wie Amerika«, sagte er.
    Stephanie fuhr herum, um ihn anzusehen, sie war außer sich. »Was redest du da eigentlich?«, fragte sie. »Hast du deine Medikamente abgesetzt?«
    »Uns klebt Dreck an den Händen«, sagte Jules.
     
    IV
     
    Stephanie fand eine Parklücke in der Sixth Avenue. Sie und Jules bahnten sich durch Trauben von Einkäufern mit mannsgroßen Tüten von Crate & Barrel einen Weg nach Soho. »Also. Wer zum Teufel ist dieser Bosco?«, fragte Jules.
    »Erinnerst du dich an die Conduits? Er war der Gitarrist.«
    Jules blieb stehen. »Den besuchen wir jetzt also? Bosco von den Conduits? Den mageren Rothaarigen?«
    »Ja, na ja. Er hat sich ein wenig verändert.«
    Auf der Wooster bogen sie nach Süden ab in Richtung Canal Street. Die über die Pflastersteine tanzenden Sonnenstrahlen ließen in Stephanie einen blassen Erinnerungsballon aufsteigen. Daran, wie sie auf dieser Straße das erste Albumcover der Conduits geschossen hatten, kichernd, nervös, wie Bosco sich die Sommersprossen überschminkte, während der Fotograf an seiner Kamera herumfriemelte. Die Erinnerung setzte ihr zu, während sie bei Bosco klingelte, wartete und insgeheim ein Stoßgebet ausstieß: Bitte sei nicht zu Hause bitte mach nicht auf bitte. Dann wäre wenigstens die Farce dieses Tages vorüber.
    Der Türöffner summte, ohne dass sich in der Gegensprechanlage jemand meldete. Stephanie drückte verwirrt die Tür auf, sie hatte plötzlich das Gefühl, dass sie mit Bosco doch für zehn verabredet war. Oder hatte sie die falsche Klingel erwischt?
    Sie gingen hinein und drückten auf den Fahrstuhlknopf. Er brauchte lange, bis er unten angekommen war, und schleifte dabei an den Wänden entlang. »Klingt gefährlich«, sagte Jules.
    »Du kannst gern hier unten warten.«
    »Versuch nicht ständig, mich loszuwerden.«
    Bosco war nicht mehr als der magere röhrende Vertreter des Sounds der späten Achtziger zu erkennen, irgendwo zwischen Punk und Ska, ein Wirbelwind aus rothaarigem Wahnsinn, gegen den selbst Iggy Pop auf der Bühne träge ausgesehen hatte. Mehr als einmal hatten Clubbesitzer während eines Auftritts der Conduits den Notarzt alarmiert, in der Überzeugung, Bosco erleide

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