Der große Bio-Schmaeh
Wasserverbrauch konventioneller Vergleichsprodukte sogar als geringer, weil in der herkömmlichen Landwirtschaft oft höhere Erträge pro Fläche erzielt werden und dadurch der relative Wassereinsatz sinkt«, bekam ich erklärt. Für die Managerinnen und Manager der Bio-Marke wäre es natürlich nicht reizvoll gewesen, auf die Packungen zu schreiben: »Für dieses Produkt wurde etwa gleich viel oder mehr Wasser verbraucht als für ein ähnliches konventionelles Produkt.« Das würde nicht zünden. Aber anstatt die Sache bleiben zu lassen und stattdessen auf andere Vorteile der Bio-Produkte zu verweisen, die es mit Sicherheit gibt, entschied man sich, das virtuelle Modell für den Wasserverbrauch entsprechend den eigenen Interessen anzupassen. »Da wir keine Unterschiede im tatsächlichen Wasserverbrauch fanden, fügten wir unserem Konzept den theoretischen Wert des sogenannten ›grauen Wassers‹ hinzu«, bekam ich erläutert. Bei virtuellen Berechnungen des Wasserverbrauchs berücksichtigt man in der Regel das »blaue Wasser«. Das ist der direkte Einsatz von Wasser in der Produktion, also beispielsweise die Bewässerung von Pflanzen oder die Tränke von Tieren. Hinzu kommt das »grüne Wasser«. Dabei handelt es sich um Wasser, das aus Boden- oder Wasserflächen verdunstet (Evaporation), ergänzt durch jene Wassermenge, die durch Transpiration aus Pflanzen oder Tieren entweicht. Diese »Gesamtverdunstung« für eine bestimmte Fläche wird in der Wissenschaft als »Evapotranspiration« bezeichnet. Blaues und grünes Wasser reichen den meisten Forscherinnen und Forschern aus, um Berechnungen des Wasserverbrauchs durchzuführen.
Für
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wird hingegen erst der Wert des grauen Wassers zum eigentlichen Joker. Graues Wasser macht das virtuelle Wassermodell so richtig »virtuell«. Es wird an keinem Punkt der Produktionskette jemals entnommen oder verbraucht. Es handelt sich um eine rein theoretische Kenngröße, die von Ökologinnen und Ökologen üblicherweise nicht zur Berechnung von tatsächlichem Wasserverbrauch eingesetzt wird.
Das graue Wasser ist jene Wassermenge, die man theoretisch benötigen würde, um die Belastungen aus der Bewirtschaftung, also etwa Rückstände von Dünge- oder Pflanzenschutzmitteln, unter die Nachweisgrenze zu verdünnen. Stark vereinfacht kann man sich das etwa so vorstellen, als würde man im eigenen Garten Düngemittel und Pflanzenschutzmittel anwenden und diese im Boden dann so lange verdünnen, bis sie von Chemikerinnen und Chemikern nicht mehr gemessen werden können. Das Wasser, das man dazu benötigen würde, ist das graue Wasser. »Beim theoretischen Wert des grauen Wassers lassen sich oft Unterschiede zwischen konventioneller Ware und den Produkten von
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feststellen, vor allem auf Futterflächen in der Milchwirtschaft«, fuhr mein agrarwissenschaftlicher Kollege fort. Er stelle jedes Mal eine detaillierte Expertise aus, sagte er, aus welcher auch hervorgehe, dass es sich um keinen Unterschied im tatsächlichen Wasserverbrauch handelt. Und er sei – als jemand, der der Wissenschaft verpflichtet ist – nicht ganz zufrieden damit, was die Marketingabteilungen letztendlich aus seinen Berechnungen machen: »Von Unterschieden im Wasserverbrauch zu sprechen, ist wissenschaftlich nicht korrekt«, sagte er. »Wenn wir Unterschiede finden, dann nur im Bereich des grauen Wassers.« Und dieser Wert dient in der Ökologie als Kenngröße für die
Wasserbeeinträchtigung
, nicht für den Wasserverbrauch. Das klingt den Werbefachleuten aber offenbar zu wenig grün. Es gibt gute ökologische Argumente für die Bio-Landwirtschaft. Auf Bio TM -Verpackungen werden wir sie aber nicht finden. Eine seriös betriebene Wissenschaft, die bei der Wahrheit bleibt und ihre Erkenntnisse nicht verfälscht oder mystifiziert darstellen lässt, kann in Zukunft noch viel zur Entwicklung des Ökolandbaus beitragen. Als Marketinginstrument sollte sie aber ebenso wenig eingesetzt werden wie zur kommerziellen Pflege eines Konzernimages.
Biodiversität als Marketing-Tool?
Außer über Treibhausgase und Wasser lassen sich den Verpackungen zahlreicher Produkte von
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Angaben über Biodiversität entnehmen. Auch diesen Punkt nahm ich unter die Lupe. Um allzu viel Verwirrung vorzubeugen, erläutere ich Ihnen aber zunächst, was Biodiversität eigentlich ist.
Der Begriff der Biodiversität hat sich nicht nur in der wissenschaftlichen Literatur, sondern in den
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