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Der große Bio-Schmaeh

Titel: Der große Bio-Schmaeh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens G Arvay
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Zutaten:
»AT-Landwirtschaft« oder »österreichische Landwirtschaft«: maximal zwei Prozent der Zutaten stammen aus dem Ausland
»EU-Landwirtschaft«: enthält Zutaten aus dem EU-Ausland
»Nicht-EU-Landwirtschaft«: enthält Zutaten von außerhalb der EU

Cyborgs in der Bio-Branche
Von Obst- und Gemüsegiganten
    »Die Monokultur in der Landwirtschaft
    ist die eigentliche Erbsünde der Menschheit.«
31
    (Univ.-Prof Dr. Karl Burian [†], Pflanzenphysiologe und Vegetationsökologe, Universität Wien)
»Heute fliegen die Erntehelfer aber tief!«
    Die Erntemaschine war noch nicht einmal losgefahren und schon machte sie so viel Lärm, dass ich kaum hören konnte, was mir erklärt wurde. Ich stellte mich so nahe wie möglich neben den Produktionsleiter, um zu verstehen, wovon er sprach. Er redete vom großen Ernten, und zwar vom richtig großen: »Unsere Erntehelfer werden am Acker neben der Maschine her gehen und die Salatköpfe während der Fahrt in Stahlkörbe legen«, erläuterte er. Diese Gitterkörbe liefen auf automatischen Förderbändern über Träger, die die Erntemaschine wie Flügel ausbreitete. Wie ein notgelandetes Flugzeug würde sich der schwerfällige Truck bald über die Ackerflächen schleppen. Die Erntehelferinnen und Erntehelfer bereiteten sich auf die bevorstehende Aufgabe vor, während der Fahrt ununterbrochen Salat zu ernten und in die vorbeifahrenden Körbe zu legen. »Das Fließband transportiert die Salatkörbe automatisch nach oben und durch eine Waschanlage«, wurde mir erklärt. Ein Teil der Erntehelfer kletterte auf ein Podest auf dem Truck. »Dort werden dann die gewaschenen Salatköpfe von Hand in Kisten geschlichtet. Alles während der Fahrt.« Einer der Helfer werde die Kisten auf Paletten schlichten, erfuhr ich. »Volle Paletten werden von der Maschine automatisch verladen und leere Paletten gleich nachgereiht.« Das Ungetüm, das da vor mir stand, war eine fahrende Fabrik. Jeder einzelne Arbeitsschritt geht direkt auf dem Acker und während der Fahrt vonstatten. Die Arbeiterinnen und Arbeiter sind als austauschbare Bauelemente der Maschine mit eingeplant. Sie fusionieren mit der fahrenden Fabrik. Sie sind Cyborgs 32 am Gemüseacker. Der Betrieb, in dem ich mich befand, heißt Csardahof, liegt im Burgenland an der Grenze zur Slowakei und stellt den Hauptlieferanten für Frucht- und Blattgemüse von
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dar. Auf zweihundertzwanzig Hektar Eigengrund (das sind mehr als zwei Quadratkilometer) wird in dem Industriebetrieb Bio-Gemüse für die Filialen von Hofer in ganz Österreich hergestellt. Aus dem äußersten östlichen Winkel des Landes wird die Massenware dann, plastikverpackt, über die Bundesländer verteilt. Der Geschäftsführer des Csardahofes ist niemand Geringerer als Werner Lampert, der Hofer’sche Bio TM -Pionier höchstpersönlich. Die Geschäftsführerschaft wurde ihm durch die Eigentümerfamilie Dichand (»Kronen Zeitung«) übertragen. Früher, als Werner Lampert noch der Kopf von
Ja!Natürlich
war, produzierte man am Csardahof exklusiv für
Ja!Natürlich
. Seit er für Hofer die Marke
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entwickelt hat, liefert man – ebenfalls exklusiv – an
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. So blieb alles in einer Hand.
    Der Csardahof, Eigentum von Christoph Dichand (»Kronen Zeitung«), ist exklusiver Hauptproduzenten für Frucht- und Blattgemüse von
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(Hofer). Der Geschäftsführer des Betriebes, Werner Lampert, ist Gründer von Z
urück zum Ursprung
und
Ja!Natürlich
.
»Das Schlimmste ist die Menge«
Interview mit einem Bio
TM
-Erntehelfer am Csardahof
    Es war nicht einfach, einen der Erntehelfer aus der Bio-Industrie unter vier Augen zu sprechen. Während der Arbeitszeiten stehen sie alle unter Druck, am Abend sind sie müde und wollen ihre Ruhe. Eines Nachmittags rollte ich mit meinem Geländewagen querfeldein und, ohne lange nachzudenken, auf die Gewächshausanlage des Csardahofes zu. In der Ferne hoben sich die Silhouetten einzelner Bäume wie Schatten vom stahlblauen Himmelszelt ab. Der Rest der Landschaft lag wie ein gleißendes, ausgedehntes Meer in der Sonne, erstreckte sich in agrarindustrieller Monotonie in alle Richtungen bis zum Horizont. Als ich anhielt und aus meinem Wagen stieg, war ich von fast hundert Gewächshäusern aus Plastik 33 umgeben. Wahllos trat ich in die feuchte Hitze einer der Bauten ein. Am anderen Ende, etwa fünfzig Meter von mir entfernt, stand László 34 mitten im Tomatendschungel und wischte sich

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