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Der große Bio-Schmaeh

Titel: Der große Bio-Schmaeh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens G Arvay
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für Supermärkte und Discounter gehen in den meisten Fällen zuerst durch die Hände dieses Handelskonzerns. Das Unternehmen ist auf große Mengen spezialisiert und treibt regen Ex- und Import. Aus dem Großhandel gelangt das Gemüse dann in zentrale Sortier- und Packstellen. Der überwiegende Teil des Feldgemüses heimischer Supermärkte wird in einer Fabrik im Marchfeld verkaufsfertig gemacht, nämlich in der Erzeugerorganisation Marchfeldgemüse (EOM), die manchmal auch als Marchfeldgemüse GmbH auftritt.
    Rhythmische Quietschgeräusche und schwerfälliges Maschinengeknatter erfüllten die Fabrikhalle, als ich den Betrieb besuchte. Wir hielten vor einem metallenen Tunnel an. »Hier werden die Karotten poliert«, erläuterte mir einer der Produktionsverantwortlichen. »Die Maschine schleift die Kutikula ab. Das ist eine hauchdünne, wachshaltige Außenschicht, durch die die Karotte geschützt und vor raschem Austrocknen bewahrt wird.« Das Abschleifen der Kutikula diene ausschließlich der Optik und sei Vorgabe der großen Handelsketten, wurde mir erklärt. »Uns sind die Hände gebunden. Im Handel meint man, ohne Wachsschicht seien die Karotten in den Regalen der Supermärkte schöner anzusehen.« Der kompetente und außerordentlich engagierte Fachmann hielt kurz inne und schob dann nach: »Aber aus Sicht des Pflanzenbaus ist dieses Polieren eigentlich nicht sinnvoll. Ich schleife mir ja meine Haut auch nicht ab, denn schließlich erfüllt sie wichtige Funktionen.« Mir kam der Inhaber eines Bio-Ladens in Klagenfurt in den Sinn, der den Kunden beim Verkauf seiner ungeschliffenen Karotten jedes Mal ausführlich erklärt, weshalb man die aromatischen Wurzeln zu Hause vor dem Einlagern besser nicht bürsten solle: Um die Kutikula zu erhalten, weil die Karotten sonst schneller austrocknen. Ich setzte meinen Rundgang durch die Gemüsefabrik fort und zwischendurch wurde das Geschehen durch den Mitarbeiter kommentiert: »Hier werden die Karotten nach den Vorgaben des Handels automatisch aussortiert. Die taugliche Ware wird dann nach Länge und Dicke gereiht und über dieses Förderband zu den Verpackungsmaschinen transportiert.«
    In der Packhalle herrschte reges Treiben. Es wurden gerade Kartoffeln und Karotten verpackt. Neben den Maschinen stapelte sich Verpackungsmaterial, das mit verschiedensten Markenlogos bedruckt war. »Ein Fünftel unserer Karotten ist Bio-Ware«, rechnete mein Begleiter nach. »Alles in allem überwiegt bei uns die konventionelle Schiene.«
    Später gingen wir in die Lagerhallen im Keller. Es wurden gerade Tonnen von Bio-Kartoffeln aus Ägypten ausgepackt, um in anderes Verpackungsmaterial wieder eingepackt zu werden. »Wir bekommen die Ware manchmal verpackt geliefert, können aber mit diesem Material nichts anfangen, weil unsere Kunden natürlich ihre eigenen Markenlogos drauf haben möchten.« Die schwerfälligen Fließbänder setzten sich in Bewegung. »Per Knopfdruck kann ich die gewünschten Bunker im Lager ansteuern, sodass die Ware über Steig- und Verteilerbänder automatisch bis an die Packmaschinen transportiert wird«, was ich sogleich demonstriert bekam. Am Rand der riesigen Halle stiegen Berge von Kartoffeln auf einem breiten Förderband in die oberen Stockwerke auf, in denen sich die Abpackmaschinen befanden. Aus einem Lager führte die Anlage dann das jeweilige Verpackungsmaterial zu, wie beispielsweise das von
Ja!Natürlich
,
Zurück zum Ursprung
,
Natur*pur
,
Echt Bio
,
Bio Bio
oder auch von konventionellen Handelsmarken wie etwa der Billigmarke
Clever
von Rewe.
    Auch der Bio TM -Obstbau ist industrialisiert und zentralisiert. Tafelobst wird nicht in den romantischen Bauerngärten der Werbung und auch nicht auf Streuobstwiesen mit hochstämmigen Bäumen produziert. Es wächst auf Niederstämmen, sogenannten Spindelbäumen, und kommt von ausgedehnten Plantagen, die ebenso als Monokulturen anzusehen sind wie die Getreide- und Gemüseäcker oder wie die Geflügelherden der Bio-Industrie. Eine durchschnittliche Bio TM -Obstplantage mit einer einzigen Obstsorte misst etwa sechs bis sieben Hektar. Wie alle anderen Produkte, wird die Ware vom Großhandel gebündelt und in zentralen Sortier- und Verpackungsfabriken verkaufsfertig gemacht, von wo sie an die Zentrallager der Supermarktkonzerne ausgeliefert wird. Ein wichtiger Umschlagplatz für das Obst verschiedener Supermärkte befindet sich in der Steiermark und hat eine Lagerkapazität von fast vierzigtausend Tonnen pro Jahr, von

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