Der große Bio-Schmaeh
regionales Lager- und Verteilersystem an die Frau und den Mann gebracht. Dadurch umgeht man den gesamten kommerziellen Zwischenhandel.
Noch weiter geht man im Modell der Solidarischen Landwirtschaft. Dieses System trägt seinen Namen zu Recht: Konsumenten, die sich mit dem Bio-Bauerntum im ursprünglichen Sinne solidarisch erklären, sind mit dieser Idee bestens beraten. »In der Solidarischen Landwirtschaft werden nicht die einzelnen Waren gekauft, sondern gemeinsam wird die Produktion durch die Bäuerin oder den Bauern zum Beispiel für ein Jahr solidarisch finanziert und dann in Form von Ernteanteilen direkt verteilt«, erklärte mir AgrarAttac-Experte Franziskus Forster. Die Produzenten werden durch dieses System aus der Wettbewerbssituation des Marktes herausgenommen. Dadurch lastet der Zwang des Wachsens oder Weichens nicht mehr auf ihnen. Anstatt immer weniger Produktarten in immer größeren Mengen produzieren zu müssen, können sie wieder zu echten Vielfaltbauern werden. Gemeinsam mit den Konsumenten wird dadurch eine Situation geschaffen, in der nach festgelegten Zielen Ökolandbau betrieben werden kann. Die Lebensmittel werden über selbst organisierte Verteilerstellen ausgeliefert.
»Das bahnbrechend Neue an diesem Modell ist«, so Franziskus Forster, »dass es zu einem Ausstieg aus dem Preisdenken kommt. Wir fragen nicht mehr, wie viel ein Kilo Tomaten, zehn Eier oder ein Brathuhn kosten, sondern wir schauen darauf, wie viel uns die Arbeit der Bauern wert ist. Wir bezahlen also das Engagement des Produzierenden.«
Der nicht auf Geld reduzierbare Wert der Landwirtschaft und der Lebensmittel wird so sichtbar und gestaltbar. Doch auch untereinander zeigen sich die Konsumierenden in diesem Geflecht solidarisch: Wer nicht genug Geld hat, um sich Bio-Lebensmittel leisten zu können, zahlt weniger. Die Lücke wird geschlossen, indem sich diejenigen, die über größere finanzielle Mittel verfügen, die Restkosten teilen. Jeder trägt nach Selbsteinschätzung zur Finanzierung bei, auch die Mitarbeit bei der Ernte, in der Verteilung oder Organisation sind möglich. Durch diese soziale Staffelung der Preise wird – ganz anders als im Supermarkt – niemand vom Bio-Konsum ausgeschlossen. Ihm falle kein anderes System ein, in dem das Mitbestimmungsrecht der Endverbraucher größer sei als in der solidarischen Landwirtschaft oder im Rahmen von Lebensmittelkooperativen, meinte Franziskus Forster. »So können wir von reinen Marktobjekten zu politischen Subjekten werden, die selbst entscheiden, wie ihre Nahrung produziert wird. Es braucht gegenwärtig einen grundlegenden Wandel und hier ist unser Handeln von zentraler Bedeutung«, schlussfolgerte der Aktivist. In Wien gibt es derzeit vier Lebensmittelkooperativen, in Graz eine. Das erste und bisher einzige österreichische Projekt der solidarischen Landwirtschaft befindet sich im Wiener Raum. 87 Doch Franziskus Forster ist zuversichtlich: »Diese Angebote werden in Zukunft mit Sicherheit ausgebaut und vervielfacht werden. Es setzt sich gerade sehr viel in Bewegung«, versicherte er mir. Das Motto lautet: »Raus aus der Passivität – gemeinsam solidarisch landwirtschaften!«
Interessiert? Bitte wenden Sie sich an:
ATTAC Österreich
Inhaltsgruppe AgrarAttac
Margaretenstraße 166/3/25
1050 Wien
Österreich
Internet: www.attac.at
Werden wir alle zu Adbustern!
Auf dem Weg zur Selbstbestimmtheit für Konsumenten ist ein Entwicklungsschritt essenziell: Werden wir alle zu Adbustern 88 – zu Werbungsjägern! Lassen wir uns nicht länger von Marketingabteilungen, Werbemanagern sowie von ihren kommerziellen Konzerninteressen vereinnahmen. Sorgen wir dafür, dass alle Bemühungen rund um Psychomarketing, die Aktivierung unseres »Autopiloten«, erfolglos bleiben. Die Gehirnscanner, die in der Werbeforschung zur Auslotung der wirksamsten Werbereize verwendet werden, sollen wieder ihrem ursprünglichen Sinn zugeführt werden, nämlich der medizinischen Diagnostik. Ernennen wir »Neuromarketing« zur sinnlosesten Wissenschaft des Jahrhunderts! Unsere Emotionen gehören uns, nicht der Industrie! Wir sind keine Konsumentengehirne, wir sind Menschen. Und unsere Erwartungen an die Lebensmittelproduktion sind kein Marketingtool, das man stimulieren, aktivieren und manipulieren darf. Wann immer im TV der Werbeblock beginnt: Drücken wir den roten Knopf! – Ein Werbeplakat am Straßenrand? Wegdrehen und schnell weitergehen! – PR-Artikel in den Printmedien? Gerade gut
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