Der große Blowjob (German Edition)
ein paarmal erst im letzten Moment mit quietschenden Reifen ab, wenn Fahrzeuge oder Fußgänger vor mir auftauchen. So scharf, dass Seth sich jedes Mal vorne am Armaturenbrett abstützen muss.
«Mal sachte, Dog», sagt er. «Immer sachte mit den Bremsen, die sind von Brembo und außerdem gedrillt.»
Ich fahre über die Delancey nach Osten und weiter über die Williamsburg Bridge, bis wir in meinem Kiez sind. Ich schlage Seth einen Cocktail im Hotel del Homo vor, an der Berry Street. Der Laden heißt in Wirklichkeit anders und ist auch keine Schwulenbar, aber ich nenne ihn so, weil die Cocktails dort wahnsinnig besonders zubereitet werden, quasi maßgeschneidert.
«Ich zahle», sage ich, als ich Seths in Falten gelegtes Gesicht sehe, der Laden ist nämlich nicht billig. Als wir die Bar betreten, herrscht nicht gerade Hochbetrieb. Jetzt, mitten am Nachmittag, sitzen dort nur ein paar einzelne Poser, die mit Füllfederhaltern auf Mittelenglisch in ihren Moleskin-Notizbüchern herumkritzeln. Zur Feier unserer großen Autotransaktion bestelle ich eine Flasche champagnerähnlichen Prickel, und nach ein paar Gläsern zücke ich mein Scheckbuch und stelle Seth einen Scheck über dreißig Riesen aus, den Betrag, auf den wir uns geeinigt haben, zuzüglich der hundert Dollar Anlieferungsgebühr, die Getränke nicht inklusive. Ich feilsche nicht lange mit ihm, genau diesen Preis hatte ich selbst vorgeschlagen, und sollte ich es mir anders überlegen, kann ich den Scheck immer noch sperren lassen, da sich sein Wagen zu diesem Zeitpunkt sicher in meiner Tiefgarage niedergelassen hat, und er hätte dann nur ein wertloses Stück Papier in seinen hennabemalten Händen. Vermutlich war es nicht besonders klug von Seth, mir ein praktisch neuwertiges Auto zu einem solchen Spottpreis zu verkaufen, aber er wollte ja so gern mein Freund sein. Ich weiß noch nicht, ob ich den Wagen wirklich haben will, also erst mal abwarten. Momentan ist es noch so, als hätte ich das Auto bei Die Sims gekauft. Es ist eigentlich egal, wo ich es herhabe, es ist noch wie ein Quantenkatzenteilchen, bereit und schillernd in diesem Zustand zwischen real und nicht existent, nicht mal als Scherz. Während wir unsere zweite Flasche Cava trinken, komme ich von mir aus auf die Möglichkeit zu sprechen, dass er in die Werbung einsteigen könnte, weil ich weiß, dass er genau darauf gelauert hat. Ich kann sehen, wie ihm förmlich der Geifer zu laufen beginnt. Er ist wie ein Welpe, dem ich einen falschen Knochen vor die Nase halte, & er gibt sich betont unbeteiligt, weil ich ihm schon öfter den Knochen hingehalten & dann wieder weggezogen habe.
«Stress dich nicht, aber das wäre echt genial», sagt er. «Brauche ich dafür nicht ein Portfolio oder so was?»
«Nein, Alter, chill mal, ich dreh das schon für dich», sage ich, als würde ich endlich seine Sprache sprechen. «Die Sache ist nur die, Dog, du müsstest mir erst einen Gefallen tun.»
«Lass hören», sagt er und beugt sich zu mir vor.
«Ich habe gerade eine Art Problem und bräuchte Hilfe, um es loszuwerden.»
«Schieß los, Sohn, was auch immer, ich bin immer für dich da, das weißt du», sagt Seth. Und dann erzähle ich ihm die Geschichte von der Praktikantin, alles, wie sie mich gestalkt hat, sich in meine Mails gehackt hat, mich aufgerissen hat, als ich betrunken war und mich nicht dagegen wehren konnte, wie sie sich selbst ein blaues Auge verpasst und dann allen erzählt hat, ich wäre das gewesen. Und wie sie verdeckt damit gedroht hat, dass der Anwalt ihres Vaters doch locker mal den Justiziar der Agentur anrufen könnte, der wiederum Barry heißt und der wandelnde Grund dafür ist, warum der Feminismus überhaupt erfunden wurde.
«Und was soll ich für dich tun?» Er sieht mich mit weit aufgerissenen Augen an.
«Ich möchte, dass du und deine beiden Freunde, Titmouse und Pain, oder wie die heißen, ihr einen Besuch abstattet. Nichts zu Krasses. Verklickert ihr einfach, dass sie diesen Scheiß mit dem blauen Auge gefälligst widerrufen soll, weil es sonst in ihrem Umfeld richtig Ärger gibt.»
Seth sitzt da und sieht mich eine ganze Zeit lang an, und dann sagt er: «Alter, also ich weiß ja nicht.» Er hat noch nicht geblickt, dass ich ihn bloß verarsche, deshalb sage ich: «Was weißt du nicht?»
«Na ja, ob das wirklich so cool ist.»
«Was, aber dass die Alte mich stalkt und mich mit diesem Personalrechts-Albtraum fertigmacht, das findest du cool? Ja? Du findest es cool, wenn ich
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