Der große Blowjob (German Edition)
wegen der aus der Agentur rausfliege, wo ich dir gerade einen Job besorgen will?» Meine Stimme ist schneidend genug, dass er jetzt zurückweicht, seine flötenartige Sektflöte auf dem Tisch abstellt, wie um zu sagen, von deinem Gesöff trinke ich nichts mehr, yo.
«Verarschst du mich bloß, Eric?»
Kurz überlege ich, ob ich jetzt lachen & ihm auf den Rücken schlagen soll, ihm Britzel nachschenken und die nächste Flasche bestellen soll. Denn dann kann die richtige Freundschaft beginnen, zwischen ihm und mir, weil wir so dicke sind, dass wir uns ganz ernsthaft über so gar nicht ernsthaften Scheiß auf den Arm nehmen können. Aber ich will das Spiel noch etwas weiterlaufen lassen.
«Ich habe dir gerade deine Dreckskarre abgekauft, weit über Listenpreis, Arschloch, und ich habe dir einen beschissenen Job angeboten, obwohl du keinen einzigen Satz fertigbringst, der nicht von Peter Handke geklaut wäre», sage ich jetzt und lege eine Kunstpause ein, damit er meine hochliterarische Anspielung gebührend würdigen kann. «Warum also sollte ich dich verarschen? Warum? Du bist doch mein bester Freund.»
Das erweicht ihn ein bisschen, aber er hat immer noch Skrupel, das sehe ich. «Ich weiß nicht, Mann», sagt er noch einmal.
«Du sollst ja nichts Illegales tun», sage ich, «du sollst ihr bloß gewisse Dinge klarmachen.»
«Ich?»
«Ja, du, warum nicht. Diese Hip-Hop-Poser bringen es nicht, die Schlappschwänze.»
«Was soll ich denn tun, was stellst du dir konkret vor?»
«Keine Ahnung, du könntest mit einer eidesstattlichen Versicherung bei ihr anrücken, in der steht, dass sie sich das blaue Auge selbst zugefügt hat und ich sie, außer beim Geschlechtsverkehr, nie angerührt habe. So was in der Art, und sie auffordern, das gefälligst zu unterschreiben. Und Titmouse und P-Dog kommen eben als deine Freunde mit, um eine gewisse Präsenz zu vermitteln.»
«Und wenn sie nicht unterschreiben will?»
«Die versteht schon, was du ihr beibiegen willst. Und falls es doch hart auf hart kommt, vergiss nicht, alles per Handy zu filmen, um Beweismaterial zu sichern.»
Er sagt nichts.
«Wo wohnt sie?»
Keine Ahnung, sage ich, aber das kann ich in der Agentur rausfinden. «Cool», sagt er. Dann sagt er: «Du weißt nicht mal, wie sie heißt?»
«Nicht wirklich», sage ich. «Wir hängen bloß hin und wieder mal zusammen ab.»
«Süß», sagt er.
Inzwischen sind wir bei unserer dritten Flasche, einem sardinischen Prosecco diesmal, und gleich darauf migriere ich uns zu Tequilas, & da es mittlerweile früher Abend ist, füllt sich der Laden allmählich. Woanders würde ich sagen, mit einer After-Work-Crowd, aber nicht hier im Viertel, weil es wohl kaum als Arbeit durchgeht, den Tag über ein paar Zeilen Lyrik und eine komplett rudimentäre Idee für ein Kickstarter-Projekt zu Papier zu bringen. Zwei junge Mädchen, hübsch, sehr sogar, haben sich auf die Bank neben uns gesetzt und sehen sich Fotos auf ihren Smartphones an. Die eine, mit dem glatten Haar, könnte in dieser Band «Au Revoir Simone» mitgespielt haben, die ich mal im Secret Monster Island Robot Basement gesehen habe, damals, als der Laden noch cool war. Heute ist dort ein Whole-Foods-Biosupermarkt drin. Seth gefallen die beiden, denn er wirft ihnen ständig sehnsüchtige Blicke zu. Da er sie beeindrucken möchte, rede ich ein bisschen zu laut über Seths Großtaten als Avantgarde-Theatermacher, über das Stück, das er in der BH -Fabrik in Long Island City inszeniert hat, in dem es um die Geschichte der Oben-ohne-Bars am Times Square ging und darum, wie großartig Brüste sind. Aber die beiden scheint das einen Scheiß zu interessieren.
«Darf ich euch mal was fragen?», sage ich schließlich.
«Äh, okay, ja bitte?», sagt die Lockenköpfige. Sie trägt eine Jacke, die nach Alexander McQueen aussieht. Sie ist wohlerzogen und ihrem ganzen Aussehen nach irgendwie unjugendlich für jemanden, der noch so jung ist, und ihrem teuren Geschmack nach würde ich darauf tippen, dass sie an der Upper East Side aufgewachsen ist, eine exklusive Prep-School besucht hat, Dalton oder Brearly womöglich, gefolgt von einem Studium am Sarah Lawrence oder Smith College. Dem militarymäßigen Triple-Canopy-Stoffbeutel nach zu urteilen, arbeitet sie bei irgendeiner Stiftung, die irgendwie mit Kunst zu tun hat, der Dia Art Foundation etwa, oder Soros, wo sie Geldleckerli an Leute verteilt, die Dokumentarfilme über die schrecklichen Zustände in fernen Ländern drehen,
Weitere Kostenlose Bücher